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block 0236 - mittwinter-tag grüngelblila

21.12.2018 07:52


verwundert blickte amankaya zu dem kolibri,
der ganz dicht neben ihr flog:

„ich weiß, erscheinen leichtfertig und oberflächlich,
fast so wie die bunten schmetterlinge,
die von einer blume zur nächsten fliegen.
aber welches dasein lassen sie hinter sich,
bevor sie sich verwandeln!
mühsam kriechen sie als raupen herum,
bis eines tages das wunder geschieht.
und niemals blickt der schmetterling
auf sein vergangenes leben zurück,
sondern freut sich über den augenblick.
viele kolibris legen jedes jahr tausende von kilometern zurück,
weil sie in der kälte des nordens nicht überleben könnten.
voller entbehrungen ist ihre reise,
doch haben sie es einmal geschafft,
denken sie nicht mehr daran,
sondern genießen jeden neuen tag als ein geschenk.
das leben ist zu kurz,
um es ständig mit grübeleien und zweifeln zu verbringen.
folge einfach deinem weg und deinem herzen.
staune über die kleinen und großen wunder dieser welt!“

dankbar hatte amankaya den worten des kolibris gelauscht:
„wie recht du hast, mein kleiner freund! wie heisst du eigentlich?“

„grüngelblila.“

amankaya lächelte:
„natürlich, eure namen sind die farben eures gefieders!
danke grüngelblila, ich werde deine worte in meinem herzen behalten!“

[daniela böhm]

aus dem buch: die magischen sechs steine

daniela böhm wurde 1961 als drittes kind von karlheinz böhm
und gudula blau in der schweiz geboren. sie lebt heute in bayern.
seit vielen jahren setzt sie sich aktiv für eine veränderung
des verhältnisses mensch/tier und natur ein.
das werben um einen neuen und von respekt getragenen
umgang der menschen mit der natur und ihren bewohnern
ist ihr ein herzensanliegen, ebenso wie das schreiben.

 

 

 

blog 0235 - wie grausam sind katzen?

13.01.2018 11:51

spiel ist älter als kultur.

die tiere haben nicht auf den menschen gewartet,
dass er sie das spielen lehre. ja, man kann ruhig sagen,
dass menschliche gesittung dem begriff des spiels
kein wesentliches kennzeichen hinzugefügt hat.
alle grundelemente sind schon da bei den tieren.
sie laden einander ein, durch eine art zeremonieller haltungen und gebärden.
sie stellen sich dabei fürchterlich böse, beachten indessen gewisse regeln,
und an all dem haben sie offensichtlich ungeheuer viel spass.

gesteigerte spielarten beherrscht sicherlich
keines unserer tiere vollkommener als die katze.
man darf sie ein genie des spiels nennen. alles an ihr ist spiel.
sie lebt, sie lernt und lehrt ihre kleinen spielend.
selbst wenn's um die nahrung geht, spielt sie.
so erklärt sich letztlich die vielberufene mäusequälerei,
über die wir uns oft entrüsten.

aber grausam kann nur der sein, wer es bewusst ist,
wer eine hemmung davor überwinden muss.

die katze kann nicht grausam sein.
mit naiver kameradschaft betreibt sie alles:
jagd und training und pädagogik, am toten wie am lebenden objekt.

wir aber wissen, was wir tun. uns sind keine krallen gewachsen.
doch mit ruhigem gewissen haben wir daumenschrauben
und eiserne jungfrauen erfunden und jene strickpeitschen,
welche der witz jovialer alter kapitäne neunschwänzige katzen taufte.
nur um sich zu zerstreuen, spannte der infant don philipp lebendige katzen
an allen vieren auf, hübsch nach der stimmhöhe geordnet,
die schwänze in drahthaken gepresst; erging der müde prinz sich
auf dieser erstaunlichen tastatur, dann erfreuten ihn die kreischenden akkorde.

es sind dieselben schlimmen lüste,
die durch unsere erziehung teils eingedämmt und teils geschärft werden.
die angeborene grausamkeit des kindes ist inzwischen bekanntgeworden
und wird ziemlich allgemein eingestanden.

nur wissen wir erwachsenen nicht recht, ob wir uns dieser anlage
schämen oder stolz darauf sein sollen.


[axel eggebrecht, 1899-1991]

aus dem buch: katzen
stuffer, berlin 1927
vom autor rev. neuausgabe, arche, zürich 1967


siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0175-baby/

www.dieratten.net/news/blog-0169-suche-nach-extremen/

www.dieratten-net.webnode.at/news/blog-0182-das-einzige-raubtier/

 

 

blog 0234 - tiertransporte abschaffen?

17.12.2017 08:54

abschaffung von tiertransporten -
eine „schmerztablette“ statt ursachenbekämpfung?

schwierig - und zugegeben, es fällt mir als überzeugter gegner der abschaffung von tiertransporten wirklich schwer, eine für mich vertretbare einstellung zu finden zur angekündigten demo in brüssel für die abschaffung der eu-tiertransporte. wie so oft, wenn es um ursachenbekämpfung statt symptombehandlung geht, schlagen mehrere herzen in meiner brust.

zunächst einmal: den brüssel-termin habe ich aufgenommen in www.dieratten.net, gestehe mir nicht das recht zu,
das posten dieser demo zu „boykottieren“.

dennoch habe ich grundsätzlich bauchweh bei dem thema tiertransporte;
mein hauptargument: mit der abschaffung der in der öffentlichekeit sichtbaren qualtransporte verschwinden die „nutztiere“ endgültig aus den augen derjenigen, die ihre kadaver tag für tag am liebsten so gedankenarm wie möglich runterschlingen möchten. kühe auf der weide - ihr fleisch hinter der schlachtertheke - die gedankliche  querverbindung stirbt ab durch anonymität hinter weissen mauern ...

daher müssen wir den verursachern des leids, nämlich den sogenannten verbrauchern, das ausblenden bedrückender gedanken so schwer wie möglich machen - möglichst keinem von ihnen sollten wir den gefallen tun, aus ihrem blickfeld den einzigen, den letzten tag im „leben“ der geschundenen tiere verschwinden zu lassen.

auf der anderen seite - und deshalb schrieb ich oben „grundsätzlich“ -
die „verhältnismässigkeit“ (ich weiss, ein zu kaltes und unpassendes wort) muss ich natürlich berücksichtigen. und hierzu heisst aktuell das stichwort nunmal nicht „tiertransporte“ - sondern „eu-tiertransporte“.

es stellt sich für mich die gewissensfrage, ob es „zumutbar“ ist, die abschaffung von tiertransporten _generell_ abzulehnen. oder sollte ich extremfälle -  also bespielsweise eu-transporte - gesondert bewerten?

tiertransporte müssen in aller öffentlichkeit wahrgenommen werden, ja,
doch müssen tiere dafür wirklich jedes extrem (dauer und bedingungen) durchstehen?

ein tiertransport innerhalb der jeweiligen landesgrenzen wird ebenso gesehen, wie ein tranport durch halb europa. doch kaum jemand auf der strasse dürfte dabei erkennen, wann es sich um die besonders extremen
eu-transporte handelt.

von daher neige ich dazu, meinen grundsatz aufzuweichen, und mich bei der demo gegen eu-transporte „neutral“ zu verhalten - bin mir jedoch über die konsequenzen daraus noch lange nicht im klaren.

es ist ein gewürgter „kompromiss“ - springe dabei quer über meine schatten, mir geht es dabei scheisse.

[werner von den ratten]

siehe auch: blog 0230

 

 

 

blog 0233 - und auch kein fisch?

30.06.2017 10:23

reisedokus im tv sind sehr beliebt.
sie zeigen schöne orte, angenehme unterkünfte
und lassen auch beim thema nahrung&genuss das gefühl aufkommen,
man wolle uns den anblick von grausamkeiten
während der „zubereitung“ ersparen.

ein abschlachten geschätzter landtiere wird nur selten gezeigt
und lediglich „pflanzen“ müssen vor laufender kamera dran glauben
(gemüse, obst, meeresfrüchte, kartoffeln).

im moment bewegt mich die frage, was wohl wäre,
wenn der mensch auch unter wasser ganz normal atmen könnte ...
ob sich dann sowas wie empathie
gegenüber den „früchten“ des nassen elements entwickeln würde?

logisch erscheint das.

dennoch dürfte beim menschen der hang zur perfektion weiterhin überwiegen,
also auch sein drang, für den gaumengenuss
selbst unerträgliche perversitäten einfach ausblenden zu wollen.
perversitäten, wie wir sie in reisedokus
im umgang mit unterwassertieren ständig ertragen müssen.

das tut sehr weh, nicht nur den fischen ...

[werner von den ratten]

 

 

 

 

blog 0232 - in der erinnerung bleibt sie lebendig

22.06.2017 00:00

like a snowflake in my hand

ich entdecke sie immer aufs neue in jeder schwarzen katze, die ich sehe.
sie ist da in meinen freuden und tiefsten sorgen,
und sie spiegelt sich in den augen desjenigen, der seine katze liebt.

und manchmal, wenn ein grauer schatten auf einen herbsttag fällt
oder wenn die luft regen verspricht, manchmal fühle ich dann ihre nähe.

in diesem augenblick sind erinnerungen und sinne in einklang,
die erinnerungen verschmelzen, und die zeit hat keine bedeutung.

der wind umspielt mich, lädt mich ein, ein geheimnis zu teilen,
irgendwo ausserhalb der zeit.

diese junge, frühreife brise, die nur ein flüstern war,
als wir uns vorher begegneten,
hat sich zu einem kräftigen winterwind entwickelt.
sie ist bei mir, so wirklich wie der schnee,
der sich mit den tränen auf meinem gesicht vermischt.

und nur wenn ich versuche, sie zu berühren,
sie noch ein wenig verweilen zu lassen,
stirbt sie wieder aufs neue.

eine schneeflocke in meiner hand ist sie

und wie der bruchteil einer melodie,
die ich vor mich hin summe,
ohne es zu merken. flüchtig und fliehend,
ein lied ohne worte, ein lied ohne ende.

während anderswo, als ich nun erneut auf wiedersehen sage,
als schatten meines schattens vor mir entlangziehen,
eine katze aufs fensterbrett springt,
um die morgensonne zu begrüssen.

die schwarze katze streckt sich und schnurrt,
in einklang mit der welt.

[samatha mooney]

 

 

blog 0231 - tierwohl und tiertransporte

22.05.2017 08:24

was eigentlich nimmt der „verbraucher“ von tierleid und ausbeutung wahr?

1. glückliche tiere auf der weide.
3. sauberes fleisch hinter der ladentheke.

und was liegt „verbindend“ und damit mahnend dazwischen?
nichts ... ausser 2. - die für alle sichtbaren tiertransporte.

der „verbraucher“ will das so, dieses erstens und drittens.

darüber müssen wir uns im klaren sein -
der „verbraucher“ möchte unbedingt jegliches leid ausblenden,
das seinen gaumenfreuden voraus gegangen ist.
auch der „verbraucher“ mag keine tiertransporte ... sehen!

und was tut die politik? sie bedient genau diese interessenlage
und erfindet populistische türeintreter wie „tierwohl“,
das zwar dem gewissen der breiten menschheit der brd dienlich ist -
jedoch nur eine weitere verhöhnung der „schlachttiere“ mit sich bringt.

diese industriewelt betreibt absurd grossen aufwand,
um den „verbraucher“ gefügig zu machen
und den eindruck zu erwecken,
alles sei alles reine, saubere ware.
kaltherzig auf kosten der „schlachttiere“.

mal unterstellt, „schlachttiere“ würden die denkweise
der menschen übernehmen können:
die einzig verbliebenen „mahnwachen“,
die diese (noch) lebenden tiere halten könnten,
wären ihre eigenen transporte.

der transport als einzig verbliebener zeitraum,
auf ihre existenz aufmerksam zu machen.
alles andere wird längst perfekt zugedeckt
durch fensterlose mauern, gereinigte kacheln und grüne wiesen.

und darum hat die fleischindustrie selber ein allerhöchstes interesse daran,
auch noch den letzten sichtbaren hinweis auf grenzenlose qualen
und ausbeutung auszublenden, nämlich die besagten tiertransporte.
der tierschutz hat somit paradoxerweise „gleichgesinnte“ an der seite.

Und genau dazu sollten wir NEIN sagen,
stattdessen sollten wir den tiertransport
als marsch der tiere betrachten,
den trauermarsch für ihren eigenen tod.

[werner von den ratten]

 

 

 

blog 230 - nachwort - biographie konstantin wecker

21.05.2017 08:58

„man muss zunächst mal zugeben, dass das altern scheisse ist.“

eigentlich wollte ich roland bitten, diesen satz zu streichen.
er war mir spontan peinlich. aber ich habe ihn nun mal gesagt.
was hat sich seitdem geändert?

ich bin älter geworden. noch älter.
und ich find es gar nicht mehr so schlimm, das altsein.
und ich bin froh, dass ich das nicht aus irgendwelchen ratgebern
nachplappern muss, sondern es erfahren durfte.

wenn schopenhauer schreibt, „der charakter der ersten lebenshälfte
ist die unbefriedigte sehnsucht nach glück;
der der zweiten die besorgnis vor unglück“,
dann lese ich das nicht so pessimistisch,
wie es der grosse pessimist vielleicht gemeint hat.

man hat die sehnsucht nach glück als unbefriedigt erkannt
und mehr oder weniger ad acta gelegt.
die besorgnis vor unglück hingegen lässt sich aushalten,
und wenn man sie als solche akzeptiert hat,
vielleicht sogar umwandeln in achtsamkeit.

das alter birgt in seiner zerbrechlichkeit
seine eigene schönheit des soseins,
des seins ohne anspruch und ehrgeiz,
mag sein nicht ganz ohne eitelkeit,
aber doch ohne albernes rumgegockel.
ohne aufplustern und alles-besser-wissen-wollen.

als ich 50 wurde, dachte ich. die welt geht unter,
weil meine jugend nun endgültig vorbei ist.
als ich 60 wurde, bereitete mir die sechs vor der null
noch schlaflose nächte.
auf meinen 70. freue ich mich nun richtig.

ich bin dankbar, wenn ich ihn erleben darf,
und das alter macht mir keine angst mehr.
es ist da, und ich habe es dankend angenommen.

alles passiert nun mal immer nur in der gegenwart.
wenn sie jetzt dieses buch lesen,
werden sie es in der gegenwart lesen,
und ich schreibe es im jetzt,
egal wie jung ich anscheinend mal war.

bin ich nun altersmilde geworden? beileibe nein!

speziell die generation der 68er hat geradezu die verpflichtung,
weiter aufzubegehren gegen die „identitäre aggression, die europa droht“.
„ich möchte es nicht faschismus nennen“, schreibt franco bifo berardi,
der italienische philosoph, der mir sehr ans herz gewachsen ist,
„aber ich denke, es ist etwas sehr ähnliches.“

[konstantin wecker]

 

 

blog 0229 - von wesen, die lieben ...

04.11.2016 09:13

ich hebe gerne blumen auf vom boden,
die andre achtlos fortgeworfen haben,
und gebe ihnen, was man blumen gibt.

so sterben sie, statt kalt im kot begraben,
doch noch den süssesten von allen toden:
den tod bei einem wesen, das sie liebt.

(christian morgenstern, 1871-1914)

 

 

blog 0228 - tolle toleranz

14.07.2016 08:04

nur meine meinung...
viele omnivore sagen, sie wären veganern gegenüber tolerant.
jeder ernährt sich halt, wie er mag, wird gesagt.
veganer sollen aber dann auch bitte schön tolerant
gegenüber allen omnivoren sein.
sorry, aber das funktioniert so nicht!

ich erwarte keine toleranz.
nur weil viele omnivore gnädigerweise toleranz meiner
gewaltfreien lebensweise entgegenbringen,
kann ich es beim besten willen andersherum nicht.

warum ich das nicht kann?
weil auch ich vorher nicht besser war, aber zugehört habe,
mich informiert habe, verstanden habe und meine einstellung
und mein verhalten komplett umgekrempelt habe.
und das masse ich mir an, zum wohle der tiere und der umwelt,
auch von allen anderen zu verlangen.

man hört immer wieder gerne von der omnivoren seite:
„leben und leben lassen“ dann, liebe leute, fangt endlich damit an.
lasst die tiere leben!

beim veganismus geht es nicht nur um das mitleid mit dem tier.
obwohl das allein schon grund genug sein sollte.
empathie und respekt vor allen lebewesen ist
keine negative eigenschaft und schadet niemandem.
es geht aber noch um mehr als das.
viele von euch übersehen nämlich ständig,
dass es nicht nur darum geht, dass durch euren kurzen genuss
von fleisch ein niedliches tier getötet wird.
auch ist eure gesundheit nicht allein ausschlaggebend.
das wäre mir persönlich sogar egal.

mir ist aber nicht egal, dass durch den so vehement verteidigten
fleischgenuss und die damit verbundene massentierhaltung
nicht eben nur das tier elendige qualen erleiden muss,
sondern die auswirkungen dessen auch die umwelt
und alle menschen schädigt.

und damit ist fleischkonsum nicht mehr nur privatsache.

60 milliarden tiere werden jährlich weltweit geschlachtet!
und nun rechnet nachfolgenden verbrauch für 1 kg fleisch
auf 60 milliarden tiere hoch! durch das produzieren von lediglich
1 kg rindfleisch werden rund 20.000 liter wasser verschwendet
(damit könnte man unzählige menschen, ob jung oder alt,
vor dem verdursten retten). es werden 16 kg getreide/soja verbraucht
(womit man den welthunger beenden könnte).
um die futterpflanzen anzubauen, werden 50 qm regenwald gerodet
(die futterpflanzen werden nicht komplett in unserem land angebaut)
und es wird wieder wichtiger lebensraum von und für lebewesen zerstört.
der co2-ausstoss beträgt 30 kg (das macht eine strecke von 150 km aus)!

dann sind da noch die medikamenten-cocktails,
die die tiere zwangsläufig verabreicht bekommen.
zum einen, weil sie schnell wachsen müssen, zum anderen aber auch,
weil sie krank und verletzt in ihren engen boxen stehen.
sie sollen ja möglichst „gesund“ verarbeitet werden.
diese medikamente hinterlassen rückstände im fleisch.

das futtergetreide wird mit pestiziden und herbiziden gespritzt
und die gifte gelangen ebenfalls z. t. ins fleisch. nicht zu vergessen,
dass die pflanzen überwiegend genmanipuliert sind,
um durch die chemischen keulen nicht auch ruiniert zu werden.
das wiederum hat zur ursache, dass insekten, insbesondere die bienen,
die immer noch zur bestäubung von pflanzen wichtig sind, aussterben.

die gülle aus der massentierhaltung muss irgendwohin,
also werden die felder damit gedüngt, was zu überdüngungen führt.
das wiederum führt dazu, dass nichts mehr auf den feldern wachsen kann.
es müssen neue felder für futterpflanzen angelegt werden,
die wiederum auch sehr schnell überdüngt und damit unbrauchbar werden.
durch das überdüngen wird aber auch das grundwasser verseucht
und gelangt z. t. in den normalen wasserkreislauf.

natürlich sagen die meisten von euch jetzt, dass ihr euer fleisch
nur beim bio-metzger oder dem metzger eures vertrauens kauft.
der ein oder andere mag ja vielleicht wirklich das
zu tode gestreichelte tier beim bio-metzger kaufen.
aber leider kommt der spruch von fast jedem omnivoren,
der meint einem veganer sein essverhalten erzählen zu müssen.
und so viele auf der grünen wiese lebende tiere gibt es nun wirklich nicht!
fragt euch mal, wann ihr auf unseren wiesen das letzte mal
kühe oder schweine gesehen habt.

wenn ihr schon darauf beharrt, dass das essen von fleisch eure sache ist,
dann seid auch so ehrlich und steht dazu, wenn ihr das billigfleisch kauft.
das schaffen viele von euch aber dann doch nicht,
weil ihr ein schlechtes gewissen habt.

wenn ihr euer fleisch nicht vom bio-bauern um die ecke kauft,
kauft ihr doch euer fleisch bestenfalls an der frischfleischtheke im supermarkt
und lasst euch bescheissen oder aber im schlimmsten fall beim discounter.
bei wurst und gehacktem kann gar nicht mehr nachvollzogen werden,
wo die tiere, die dafür verarbeitet wurden, herkommen. das gleiche gilt
für fertige fleischprodukte, die nur noch erwärmt werden müssen.

ihr meint, die tiere kämen aus der region? dann stellt euch einfach bei tönnies
(grossschlachterei in rheda-wiedenbrück) hin und schaut die nummernschilder
der tiertransporter an. ihr werdet staunen.

wo wir gerade bei tönnies sind... ich lasse jetzt mal kurz die tiere ausser acht.
dort werden arbeiter aus dem ausland in bussen zur schicht gefahren
und nach der schicht wieder abgeholt. sie werden, genauso wie die tiere,
dort hin gekarrt, um für einen hungerlohn ein steak aus dem tier zu schneiden.
billiglöhner deswegen, weil ihr ja nicht bereit seid,
euer steak angemessen zu bezahlen. ich nenne das ausbeutung!
den lohn, den ihr für diesen drecksjob verlangen würdet,
würde die schlachterei nicht bezahlen. der fleischpreis würde explodieren
und ihr würdet meckern, wie unverschämt teuer das fleisch geworden ist.

jetzt könnte ich mich auch noch lang über milchprodukte und eier auslassen,
könnte erzählen wie grausam es für eine kuh ist, wenn sie ein kalb
nach dem anderen gebären muss, es ihr jedesmal weggenommen wird,
nur damit sie ständig milch für müsli oder joghurt oder dem käse geben muss.
könnte beschreiben, wie sie zeit ihres lebens mit schmerzen
durch entzündungen milch geben muss.
könnte erzählen, dass männliche küken täglich zu abertausenden lebend
geschreddert werden, weil nur die weiblichen küken später eier legen können.
könnte erzählen, wie erbärmlich das leben von allen nutztieren aussieht.
wie sie im laufe ihres kurzen lebens gequält werden und leiden müssen,
nur damit ihr nicht auf euren „genuss“ verzichten müsst.
könnte erzählen, wie es in sogenannten pelzfarmen abläuft,
könnte erzählen über pelzbesatz mit hunde- und katzenhaaren.
könnte erzählen, dass den tieren z. t. bei vollem bewusstsein
das fell abgezogen wird, nur damit ihr einen ach so tollen pelzkragen
oder eine pelzjacke tragen könnt.

aber darüber werde ich mich bewusst nicht näher auslassen, weil ich weiss,
dass viele von euch das gar nicht wissen wollen oder es sogar wissen,
es aber bewusst ignorieren und in kauf nehmen.

ich weiss ja, dass ihr nicht blöd seid, nur eben gern
die augen vor den tatsachen verschliesst.

viele omnivore ziehen auch so wunderbare, haltlose beispiele aus dem hut.
„soll der löwe jetzt auch nur noch pflanzen essen?“
nein, soll er nicht. er hat reisszähne und ernährt sich von fleisch.
er jagt sein futter, tötet es mit seinen zähnen und verspeist es.
er hat keine andere wahl! wer behauptet, der mensch hätte reisszähne
und wäre ein fleischesser, den möchte ich dann bitte auch sehen,
wie er ein schwein oder eine kuh jagt, dem tier die kehle durchbeisst
und das fleisch roh verzehrt. der mensch hat in der steinzeit zum jagen
und zerkleinern des fleisches waffen benutzt und gelernt
es geniessbar zu machen, indem er es über feuer gegart hat.
er hatte keine wahl und wusste es nicht besser.
heute aber haben wir eine wahl und sollten es besser wissen!
ganz davon abgesehen, dass der mensch erst von sich behauptet,
kein tier zu sein, sich aber dann mit einem löwen vergleicht.

ihr seht, fleischkonsum ist nicht mehr nur privatsache,
sondern ein globales problem. schaut über eure tellerränder hinaus
und fangt an zu überlegen. und wenn schon nicht für euch,
dann bitte wenigstens für eure kinder.
sie und wir haben nur diesen einen planeten
mit all seiner vielfalt an tieren und pflanzen.
unterstützt die zerstörung nicht weiter, nur weil ihr meint
nicht auf euer stück fleisch (wenn es denn wenigstens eures wäre)
verzichten zu können. jeder kann dazu beitragen,
dass die welt wieder ein kleines stückchen heiler wird,
indem er seine kleine heile welt verlässt
und sich die grosse kranke welt bewusst anschaut.

(ines müntjes)

 

 

blog 0227 - haben religionen eine zukunft

02.01.2016 07:48

auszug aus einem interview mit michael-schmidt salomon

religionen gehören zur entwicklung des menschlichen geistes,
der menschlichen kultur und ethik.
haben religionen in diesem sinne eine zukunft?


religionen sind kulturelle schatzkammern der menschheit,
die sowohl vernünftiges wie unvernünftiges, menschenfreundliches
wie menschenverachtendes enthalten.

es muss unsere aufgabe heute sein, das eine vom anderen zu trennen.
das gelingt allerdings mit einer religiösen herangehensweise
weit schlechter als mit einer philosophischen,
denn für rationale philosophen gibt es - im unterschied zum gläubigen -
keine heiligen, unantastbaren sätze.

jede aussage - gleich, von wem sie stammt -
muss kritisch hinterfragt werden können.

der vorteil dieser philosophischen herangehensweise besteht darin,
dass sie uns in die lage versetzt, falsche ideen sterben zu lassen,
bevor menschen für falsche ideen sterben müssen.
religionen sind zu einer solchen preisgabe ihrer fehler kaum in der lage.


  

[weiterlesen]

[www.ursachewirkung.at]

 

 

blog 0226 - sie sterben leise

09.08.2015 17:05

sie sterben leise...

ein haken bohrt sich durch das fleisch deiner lippen.

was du auch tust,
wie du dich auch windest und wehrst
du wirst ihn nicht los.
mit einer dir unvorstellbaren kraft
zieht einer an diesem haken.

du weisst nicht, was los ist.
es dauert nicht lange,
und du japst nach luft.

wollen sie dich ersticken?!
du würdest schreien,
wenn du könntest.

was hast du ihnen nur getan?

aber in deiner welt wird auf eine andere,
stille art kommuniziert.

alles in dir bäumt sich auf,
du kämpfst mit deinem leben
um dein leben.

doch diesem terror ist nicht zu entkommen,
er nimmt kein ende -
bis du schliesslich qualvoll stirbst.

deine mörder und mörderinnen
nennen ihr verbrechen sport, vergnügen,
sie nennen den mord „angeln“.

für die verfolgung reicht ihnen der eine grund:
du bist ein fisch.

(günther)

blog 0225 - der aufschrei

18.07.2015 08:35

bianca witt fragt:

die reportagen über die machenschaften
der tierindustrie im fernsehen häufen sich.
jede woche wird über das leiden der tiere
in ihren dunklen verliessen berichtet.

der aufschrei ist gross,
zumindest für den moment,
danach wird weiter gelebt und konsumiert,
als wäre nichts geschehen.
was muss noch passieren,
damit die menschheit aufwacht?

 

luwig hoven kommentiert:

nichts einfacher, als den aufschrei der bevölkerung
gar nicht erst zum aufjaulen zu bringen:

mann sollte doch endlich mal die qualvollen tiertransporte abschaffen,
die tiere nach der tötung gründlich auf hirntod untersuchen,
bevor sie geschreddert werden, und sowas alles.

als belohnung dafür wird tendenziell die bereitschaft steigen,
ein umfragekreuzchen zu setzen in das kästchen:
„bin u.u. bereit mehr geld für mein fleisch auszugeben.“

die bevölkerung wird sich sodann entspannt zurücklehnen
und endlich ihren ersehnten frieden haben.

und wenn sie nicht gestorben sind,
werden sie auch nicht aussterben,
die egoismen.

[facebook...]

(werner von den ratten)

 

 

blog 0224 - untertan

22.06.2015 06:56

gegenüber dem tier ist der mensch gewohnheitsverbrecher.

moralische bedenken gegen kalbsbraten?
vonseiten der erzieher nicht.
vonseiten der jurisprudenz nicht.
vonseiten der moraltheologie nicht.
von tausend anderen moralischen seiten nicht.

von der des kalbes vielleicht?

die jeder beschreibung spottende moderne vermarktung des tieres
ist nichts als die technisch forcierte und perfektionierte fortsetzung
eines nie abreissenden massenmordes durch alle christlichen zeiten,
das resultat letztlich des anfangsschreis: „machet sie euch untertan“ -
das umfassendste unterjochungs- und todesverdikt der geschichte,
infernalischer auftakt der deformierung eines sterns zum schlachthaus.

seit zwei jahrtausenden brüstet sich die christenheit,
das tieropfer von anfang an abgeschafft zu haben; stimmt.
und doch hat sie mehr tiere geopfert als jede andere religion -
nur nicht mehr gott, sondern dem eigenen bauch.

wer die kirche verlässt: ein lichtblick für mich;
wer kein tier mehr isst: mein bruder

(karlheinz deschner, 1924-2014) 

de.wikipedia.org/wiki/Karlheinz_Deschner

deschner war überzeugter vegetarier und hat mehrmals gesagt,
wenn er noch einmal leben könnte, dann würde er seine kraft
einer noch hoffnungsloseren thematik widmen
als der bekämpfung des christentums – dem tier.

deschner heiratete 1951 seine lebensgefährtin, die geschiedene elfi tuch.
aus dieser ehe gingen drei kinder hervor.
die katholische kirche stellte öffentlich die exkommunikation des ehepaars
wegen ihrer ungültigen verbindung fest, durch bischof julius döpfner.

deschner hatte bis dahin nichts kirchen- oder religionskritisches publiziert.

viele werke des autors hatten in der fachwelt ein lebhaftes echo.
das rührte zum einen daher, dass seine ideen oft
der herrschenden lehre bzw. meinung widersprachen.

das buch abermals krähte der hahn, das 1962 erschien,
wird seitdem von interessierten und kirchenkritikern
als fundiertes standardwerk betrachtet.

dank privater förderung konnte deschner sich
ohne grössere materielle sorgen seinem hauptwerk
„kriminalgeschichte des christentums widmen.

deschner beschrieb einmal seine motivation zum schreiben so:
„ich schreibe aus feindschaft. denn die geschichte derer,
die ich beschreibe, hat mich zu ihrem feind gemacht“

michael schmidt-salomon lobte deschner in einem nachruf als
„juwel der aufklärung“

 

 

blog 0223 - warum der mensch kein esel ist

14.06.2015 06:20

seit alters her pflegt man zu sagen,
dass der mensch das edelste ist,
die krone der schöpfung.
wer sagt das?
der mensch.

der mensch wird als vernunftbegabtes tier definiert,
als denkendes wesen.
wer glaubt das?
der mensch.

es ist eine tatsache oder vielleicht ein dogma,
dass der mensch nach dem bilde gottes erschaffen wurde.
wer hat so etwas dummes und ketzerisches gesagt?
noch einmal:
der mensch.

der esel wird als dumm verhöhnt,
als ungeschickt, faul, langsam, störrisch.
wer sagt das?
der mensch.

(padre antonio vieira, 1608-1697)

de.wikipedia.org/wiki/Ant%C3%B3nio_Vieira

antonio vieira war ein portugiesischer katholischer theologe,
jesuit und missionar in südamerika.
er gilt als der apostel der indianer brasiliens
und tat sich als volkstümlicher prediger
und kritiker kolonialer missstände hervor.

er war aktivist für tierschutzgesetze
und die führende kapazität der welt zum thema esel.

vieira kam im alter von 6 jahren nach brasilien.
1635 wurde er priester und begann seine missionsarbeit
im nordosten brasiliens bei den stämmen amazoniens.

er prangerte er den stil der predigt seiner zeit an,
der zu abgehoben sei, der stattdessen den hörer
„nicht zufrieden mit dem prediger,
vielmehr unzufrieden mit sich selbst“ entlassen solle.

seine reformideen machten ihm jedoch auch feinde.

1661 entlud sich der zorn der europäischen kolonisten,
die um ihren wohlstand fürchteten,
wenn die indios immer mehr rechte erhielten.

sein förderer johann war mittlerweile gestorben
und einige figuren am hofe fürchteten um ihren einfluss,
so dass vieira ins exil geschickt wurde,
wo er seine unbequemen predigten aber nicht einstellte
und schliesslich vor der inquisition der häresie angeklagt wurde.

nachdem könig peter sein amt angetreten hatte,
erhielt vieira die chance, sich bei papst clemens zu rehabilitieren,
wo er sich wieder grossen respekt verschaffen konnte.

er schrieb auch einen bericht über die inquisition in portugal
mit dem ergebnis, dass diese von clemens
zwischen 1676 und 1681 ausgesetzt wurde.

besonders bekannt ist er für seine schriften,
in denen vieira unter anderem die sklaverei verurteilt.

die sermões umfassen insgesamt 15 bände,
die zwischen 1679 und 1748 erschienen.
es erschien aber niemals eine vollständige ausgabe,
so dass teile seiner schriften noch heute unveröffentlicht sind.
sie gelten zum teil als meisterwerke der prosa des barock
und einer der höhepunkte portugiesischer literatur.

während der zeit, in der er bei indianern lebte,
lernte er mehrere ihrer sprachen und prägte viele fremdwörter
des portugiesischen und anderer europäischer sprachen,
die er von den indios übernahm.

seine politischen ideale mit dem einsatz für die rechte
von juden wie indios und der ablehnung ihrer wirtschaftlichen ausbeutung
und überhaupt der ablehnung von materialismus wirken für seine zeit sehr modern.

 

 

blog 0222 - blutige schleusslichkeit

10.06.2015 08:00

es ist gewiss, dass dieses scheussliche blutbad,
welches unaufhörlich in unseren schlachthäusern und küchen stattfindet,
uns nicht mehr als ein übel erscheint.

im gegenteil betrachten wir diese scheusslichkeit,
welche oft pestilenzialisch wirkt,
als einen segen des herrn und danken ihm
in unseren gebeten für diese mördereien.

kann es denn aber etwas abscheulicheres geben,
als sich beständig von leichenfleisch zu ernähren?

und dennoch finde ich unter uns keinen sittenlehrer,
keinen unter unseren geschwätzigen predigern,
selbst keinen unter unseren scheinheiligen muckern,
der den geringsten einwand erhöbe gegen diese schändliche,
uns zur natur gewordene gewohnheit.

man muss bis auf den frommen porphyrius
und auf die mitfühlenden pythagoräer zurückgehen,
um jemanden zu finden,
der uns wegen unserer blutigen gefrässigkeit beschämt;
o
der wir müssen zu den indern reisen

(francis de voltaire, 1694-1778) 

de.wikipedia.org/wiki/Voltaire

voltaire war ein französischer philosoph und schriftsteller.
er ist einer der meistgelesenen und einflussreichsten autoren
der französischen und europäischen aufklärung.

mit seiner kritik an den missständen des absolutismus
und der feudalherrschaft sowie am weltanschaulichen monopol
der katholischen kirche war voltaire ein vordenker der aufklärung
und ein wichtiger wegbereiter der französischen revolution.

in der darstellung und verteidigung dessen, was er für richtig hielt,
zeigte er ein umfangreiches wissen und einfühlungsvermögen
in die vorstellungen seiner zeitgenössischen leser.

sein präziser und allgemein verständlicher stil,
sein oft sarkastischer witz und seine kunst der ironie
gelten oft als unübertroffen.

 

 

blog 0221 - verstecken

03.06.2015 07:59

wenn das grundgesetz die werte hütet,
die uns die wichtigsten sind,
dann gehört der tierschutz ins grundgesetz.

wir müssen uns nicht
hinter dem schönen wort schöpfung verstecken,
wenn wir darauf bestehen,
tiere vor sinnloser quälerei in schutz zu nehmen.

da, wo unser mitleid aufhört,
hört unsere menschlichkeit auf.

(martin walser, 1927)

schriftsteller, büchner-preis 1981

dass der schriftsteller martin walser seinen 85. geburtstag feiern kann,
verdankt er seinem appenzeller sennenhund bruno.
„ohne hund wäre ich schon lange nicht mehr am leben,
er zwingt mich zum täglichen spaziergang“,
sagte der autor dem literaturmagazin „dogs“.

literaturkritiker werfen dem hund nun vor,
für eine ganze reihe überflüssiger werke verantwortlich zu sein.

das tier habe seine kompetenzen überschritten.

tierschützer bemängeln dagegen das verhalten des schriftstellers.

er hätte den hund niemals dazu zwingen dürfen,
mit ihm zusammenzuarbeiten.
die romanproduktion sei hunden wesensfremd und gegen ihre natur.

radikale hundefreunde wollen sogar anzeige gegen walser erstatten,
weil der anfangsverdacht besteht,
dass der hund die letzten werke walsers mitverfasst,
ja wahrscheinlich sogar alleine geschrieben habe.

daraufhin meldeten sich die literaturkritiker wieder zu wort und erklärten,
für einen hund sei das doch alles ganz hervorragend, geradezu sensationell.

günter grass liess sogar anfragen, ob er sich das tier mal ausleihen dürfe.

[weiterlesen...]

 

 

 

blog 0220 - empört euch!

01.06.2015 09:06

neues schaffen heisst
widerstand leisten

widerstand leisten heisst
neues schaffen.

 

wir müssen den weg der gewaltlosigkeit gehen lernen,
die zukunft gehört der gewaltlosigkeit
und der versöhnung der kulturen.

das muss, das wird die nächste etappe der menschheit sein.

man kann die bombenwerfer nicht entschuldigen, aber verstehen.

sartre schrieb 1947: „ich gebe zu, dass gewalt,
in welcher form sie sich auch immer äussert,
ein scheitern ist.
aber es ist ein unvermeidbares scheitern,
weil wir in einer welt der gewalt leben;
und wenn es wahr ist,
dass der rückgriff auf gewalt gegen gewalt
sie zu verewigen droht,
so ist auch wahr,
dass sie das einzige mittel ist,
sie enden zu lassen.“

ein noch besseres mittel gegen gewalt ist gewaltlosigkeit.

es geht nicht an, nach sartres beispiel im namen
des von ihm postulierten prinzips terroristen zu unterstützen,
sei es während des algerienkriegs oder
1972 beim attentat  in münchen gegen israelische athleten

damit kommt man nicht weiter,
und sartre selbst hat sich am ende seines lebens gefragt,
welchen sinn terrorismus habe, und seine berechtigung bezweifelt.

„gewalt wirkt nicht“, ist eine wichtigere erkenntnis, als zu wissen,
ob ihre vollstrecker zu verurteilen sind oder nicht.

terrorismus wirkt nicht.

wirksamkeit setzt gewaltlose hoffnung voraus.

gewalttätige hoffnung kommt allenfalls
in der dichtung guillaume apollinaires vor -
„wie brutal doch die hoffnung ist“ -,
aber nicht in der politik.

im märz 1980, drei wochen vor seinem tod, erklärte sartre:
„man muss zu erklären versuchen,
warum die gegenwärtige welt, die schrecklich ist,
nur ein augenblick im langen geschichtlichen ablauf ist,
dass die hoffnung immer schon eine der grossen triebfedern
der revolutionen und aufstände war,
und wie sehr spüre ich noch,
dass die hoffnung meine vorstellung von der zukunft ist.“

wir müssen begreifen, dass gewalt von hoffnung nichts wissen will.

die hoffnung ist ihr vorzuziehen - die hoffnung auf gewaltlosigkeit.
das ist der weg, den wir einschlagen müssen.

wenn es gelingt, dass unterdrücker und unterdrückte
über das ende der unterdrückung verhandeln,
wird keine terroristische gewalt mehr erforderlich sein.

deshalb darf man nicht zulassen,
dass sich zu viel hass aufstaut.

die botschaft eines mandela, eines martin luther king ist ein credo
jenseits einer welt ideologischer konfrontation
und eroberungswütiger totalitaristen.

es ist eine botschaft der hoffnung,
dass die gesellschaften unserer zeit
konflikte durch gegenseitiges verständnis
in wachsamer geduld werden lösen können -
auf der grundlage unabdingbarer rechte,
deren verletzung,
von welcher seite auch immer,
unsere empörung auslösen muss!

(stéphane frédéric hessel, 1917-2013)

 de.wikipedia.org/wiki/St%C3%A9phane_Hessel

stepane hessel war ein französischer résistance-kämpfer,
überlebender des konzentrationslagers buchenwald,
diplomat, lyriker, essayist und politischer aktivist.

hessel wurde nach seiner kz-haft 1946 büroleiter
des un-vize-generalsekretärs henri laugier.
in dieser funktion war er bei sitzungen der neu geschaffenen
un-menschenrechtskommission präsent.

laut verschiedener medienberichte war er in diesem zusammenhang
an der erstellung der allgemeinen erklärung
der menschenrechte der un redaktionell beteiligt,
wobei er sich selbst jedoch eher als passiven zeugen
dieser ereignisse beschrieb.

hessel blieb bis 1951 bei der uno,
danach war er im französischen aussenministerium in paris tätig.

dann wurde er mitarbeiter von pierre mendès-france
und lebte nach dessen fall für einige jahre in vietnam.

1962 gründete er in frankreich die vereinigung
für die ausbildung von afrikanischen und madagassischen arbeitnehmern.

grosse aufmerksamkeit erregte 2010 hessels essay empört euch!,
in dem er harsche kritik an verschiedenen aktuellen politischen entwicklungen übt
und zum widerstand aufruft.

die protestbewegung in spanien gegen die folgen der finanzkrise,
die entsprechenden griechischen, französischen und portugiesischen
sozialen protestbewegungen sowie die occupy-bewegung
berufen sich teilweise auf ihn.

 

 

blog 0219 - lebendige erinnerungen

26.05.2015 06:57

die bestie ist immer am oberen ende der leine!

aus einem brief von gert haucke:

angefangen hatte es vor einigen jahren:
ein unfall mit einem bissigen hund wurde
von der boulevardpresse in die schlagzeilen gehievt.
es war parlamentarische sommerpause,
sensationelles sonst hatte sich nicht ereignet.

die aufregung der vermeintlich betroffenen war von kurzer dauer.
es war zu hoffen, dass einsicht auf seiten der behörden,
wie auch vernunft auf seiten der hundebesitzer
die wogen der erregung glätten würden.

im gegenteil: die presse krallte sich am thema kampfhunde fest.

jeder hundebiss garantierte ja auflagensteigerung.
eine endlose kette unsinniger bestimmungen und verordnungen -
vom desinteressierten staat jeder,
auch der kleinsten kommune, überlassen -
verunsicherte die bevölkerung kontinuierlich.

sie veranlasste immer mehr menschen mit mangelndem selbstwertgefühl
oder im drogen- und prostitutionsmilieu sich so einen fast,
aber doch nicht ganz verbotenen hund anzuschaffen.
immer mehr kriminelle vermehrer von staffordshire terriern
und deren blendlingen züchteten die hunde auf besinnungslose aggression,
mit einer verheerend niedrigen reizschwelle,
so dass alles und jedes die tiere zum ausrasten bringen kann.

hilflose behörden sahen tatenlos zu,
wie das geschäft der skrupellosen vermehrer florierte.

stattdessen: bar jeder sachkenntnis lange listen
von zu verbietenden hunderassen.
die regierung sah sich schliesslich missmutig gedrängt,
ein zeichen zu setzen.

die innenminister aller länder konferierten feierlich.
resümee: jegliche obrigkeit innerhalb der brd
durfte weiterwurschteln wie bisher.

diese sträfliche indolenz angesichts zahlloser tierasyle,
die mit hunderten von „staffs“überbelegt,
aus allen nähten platzten und einer rapide wachsenden zahl
von überaggressiven hunden in der hand von zuhältern
und drogendealern erzeugte hochspannung.

aus ratlosigkeit und durch die von den medien
lustvoll und hochgepeitschte panikmache
entstand eine atmosphäre allgemeiner hysterie.

der ganze mühsam zurückgehaltene hundehass
entlud sich explosionsartig,
als jetzt ein kind von einem durchgeknallten hund getötet wurde.

jetzt ist die zeitbombe hochgegangen.
jetzt rächt sich die jahrelange borniertheit von inkompetenten bürokraten,
die vom grünen tisch aus unsinniges verordnen.
nichts davon war geeignet, die wachsende panikmache zu beenden.
keine einzige der wichtigtuerischen bestimmungen
und verordnungen konnte die situation entschärfen.

voll beschäftigt mit dem endlosen kritzeln sogenannter kampfhundlisten
ignorierten die behörden die realität.

diese tatsache und nichts anderes kostete
dem sechsjährigen jungen das leben
.

(gert haucke, 1929-2008)

der schauspieler gert haucke gab sein bühnendebüt 1947.
daneben arbeitete haucke als nachrichtensprecher beim rias berlin
und lieh seine stimme zahlreichen hörspielproduktionen.
besonders populär wurde er dabei als vater in der hörfunkreihe
„papa, charly hat gesagt… aus der feder seiner schwester ursula haucke.

darüber hinaus engagierte sich der tierschützer haucke umfangreich
für rechte von hundehaltern und verfasste sehr viele artikel,
kurzgeschichten, jugendromane und erzählungen um und über haustiere.
er ist mitverfasser des 1993 erschienenen sachbuchs
die sache mit dem hund. 100 rassen kritisch unters fell geschaut
und viele tipps, wie man sich den hund zum freund macht.

 

 

blog 0218 - was tun - tu was

20.05.2015 08:28

kennst du das gefühl?

dieses gefühl, dieses bittere gefühl,
ein dir im grund fremdes leben zu leben,
und das wahre leben nicht leben zu können,
nicht leben zu dürfen,
und dein wahres leben nur dadurch schützen zu können,
indem du es tarnst und verleugnest.

und so lebst du als ob,
als ob es dich nicht geben würde,
deine wünsche nicht,
nicht deine sehnsucht,
endlich zu leben ...

kennst du das gefühl?

(werner sprenger)

 

 

blog 0217 - dagegen die menschheit

18.05.2015 06:30

das mit der kreatur, damit hat's doch seine eigene bewandtnis,
und was da das richtige ist, darüber sind die akten noch nicht geschlossen.
glaube mir, effi, das ist auch ein weites feld.

wenn ich mir so denke, da verunglückt einer auf dem wasser
oder gar auf dem schülbrigen eis, und solch ein hund,
sagen wir so einer wie dein rollo, ist dabei, ja, der ruht nicht eher,
als bis er den verunglückten wieder an land hat.

und wenn der verunglückte schon tot ist,
dann legt er sich neben den toten hin und blafft
und winselt so lange, bis wer kommt,
und wenn keiner kommt,
dann bleibt er bei dem toten liegen,
bis er selber tot ist.
und das tut solch ein tier immer.

und nun nimm dagegen die menschheit!

(theodor fontane, 1819-1898)


[youtube: der herr von ribbeck]

fontane gilt als der herausragende vertreter
des poetischen realismus in deutschland.
vor allem in seinen späteren romanen,
charakterisiert er die figuren,
indem er ihre erscheinung, ihre umgebung
und vor allem ihre redeweise
aus einer kritisch-liebevollen distanz genau beschreibt.

typisch ist die darstellung einer gepflegten konversation
in einem abgeschlossenen zirkel, etwa bei einem festessen.
die personen folgen gesellschaftlichen konventionen
und enthüllen doch ihre wahren interessen,
häufig gegen ihren willen.

dabei kommt fontane von einer kritik an einzelpersonen
oft zu einer impliziten gesellschaftskritik.

auffällig an fontanes schreibstil ist zudem sein ironischer humor:
herr von ribbeck auf ribbeck im havelland

 

 

blog 216 - pelz seltsam

15.05.2015 07:53

1989 (stern):
pelztragen ist tierquälerei.
ich habe meine 70.000 mark teure pelzkollketion öffentlich versteigern lassen
und den erlös dem städtischen tierschutzverein übersandt.

(zsa zsa gabor, *1917)

de.wikipedia.org/wiki/Zsa_Zsa_Gabor

2011 (shortnews):
frederic von anhalt verkauft zsa zsa gabors pelze
um rechnungen zu bezahlen.
der zustand von zsa zsa gabor ist nach wie vor unverändert schlecht.
das veranlasst nun ihren mann, prinz frederic von anhalt,
nach und nach ihre teuren pelzmäntel zu verkaufen.
er brauche das geld um die immens hohen
arztrechnungen zu bezahlen, so der prinz.
des weiteren hält er es für unnötig jedes jahr weiterhin
viel geld für die aufbewahrung zu bezahlen,
wenn die mäntel eh nicht mehr getragen werden.
die mäntel haben einen ungefähren wert von rund 600.000 dollar.
die ärzte haben frederic von anhalt eröffnet,
dass seine gattin das krankenbett wohl nicht mehr verlassen wird.

[quelle: shortnews]

 

 

blog 0215 - blutige nahrung

13.05.2015 08:13

wer über das gewöhnliche leben hinaus will,
der scheut blutige nahrung
und wählt nicht den tod
zu seinem speisemeister.

(joseph von görres, 1776-1848)


de.wikipedia.org/wiki/Joseph_G%C3%B6rres

 

joseph von görres kath. romantiker und schriftsteller

görres war ein grosser anhänger der französischen revolution
und begeistert von der demokratischen bewegung,
die im letzten jahrzehnt des 18. jahrhunderts immer stärker wurde.

schon im alter von 22 jahren war er herausgeber
der zeitschrift das rote blatt, das die revolution feierte.

die machtergreifung napoleons war für görres
der höhepunkt einer fehlentwicklung,
durch die sich frankreich von den idealen der revolution
zunehmend entfernt habe.

besonders die kriegspolitik des kaisers,
die hohen verluste an menschenleben,
die besetzung und ausbeutung deutscher territorien
stiessen auf görres' widerstand.

nach seinem frankreich-aufenthalt zog er sich zunächst
aus der politischen aktivität zurück, begann dann jedoch,
gegen die fehlentwicklungen der revolution anzuschreiben.

 

 

blog 0214 - zärtlichkeit und sanftmut

12.05.2015 07:16

so wie die tierquäler an den tieren
ihre geschichte ausprobieren
alles für den menschen,
alles für die kosmetik,
alles für die wissenschaft -
so probieren die politiker
die geschichte an den menschen aus.

alle, die nicht für die solidarität der kreaturen sind,
gehören in die steinzeit.

und in die jetztzeit,
heute und morgen,
gehören alle die,
die mit zärtlichkeit und sanftmut ausgezeichnet sind.

(hanns dieter hüsch, 1925-2005)

de.wikipedia.org/wiki/Hanns_Dieter_H%C3%BCsch

hanns dieter hüsch war nicht der typ kabarettist,
der sich mit tagespolitischen fragen auseinandersetzte,
sondern der sich eher als „literarischer entertainer“
und als „philosophischer clown“ begriff.

dies stellte ihn u. a. in eine tradition mit heinrich heine.

in seinen texten behandelte er
mit besonderer vorliebe alltägliche kuriositäten,
in denen hüsch zudem moralisch-politische dimensionen aufdeckte.

als zeitzeuge des zweiten weltkriegs und des nationalsozialismus
trat er mit nachdruck für die anliegen
der friedensbewegung und gegen neonazismus auf.

er sensibilisierte für non-konformistische denkungsarten:
„ich sing’ für die ver-rückten, die seitlich umgeknickten…“.

 

 

blog 0213 - zum ewigen frieden

04.05.2015 08:07

der mensch sollte den tieren gegenüber güte zeigen,
denn wer grausam zu ihnen ist,
wird den menschen gegenüber ebenso unempfindlich sein.

die martervollen physischen versuche
zum blossen behuf der spekulation,
wenn auch ohne sie der zweck erreicht werden könnte,
sind zu verabscheuen.

die gewaltsame und zugleich grausame behandlung der tiere
ist der pflicht des menschen gegen sich selbst entgegengesetzt,
weil dadurch das mitleid am menschen abgestumpft
und eine der moralität sehr dienliche anlage geschwächt
und nach und nach ausgetilgt wird.

aus kants schrift: „zum ewigen frieden“:
unter allen lebensweisen ist das jagdleben ohne zweifel
der gesitteten verfassung am meisten zuwider;
das noachische blutverbot scheint uranfanglich
nichts anderes als das verbot des jägerlebens gewesen zu sein:

„jedermann aus dem haus israel
oder jeder fremde in eurer mitte,
der irgendwie blut geniesst,
gegen einen solchen werde ich mein angesicht wenden
und ihn aus der mitte seines volkes ausmerzen…“
(3. buch mose, kapitel 17, vers 10)

(immanuel kant, 1724-1804)

de.wikipedia.org/wiki/Immanuel_Kant

immanuel kant war ein deutscher philosoph der aufklärung.
kant zählt zu den bedeutendsten vertretern der abendländischen philosophie.
sein werk kritik der reinen vernunft kennzeichnet einen wendepunkt
in der philosophiegeschichte und den beginn der modernen philosophie.

immanuel kant formulierte in seiner schrift
„zum ewigen Frieden" aus dem jahre 1795
grundlegende gedanken zu internationalen beziehungen:

  • vorbehaltlose friedensverträge
    als ende jeglicher feindseligkeiten.
  • staaten sind gesellschaftsverträge,
    daher können staaten nicht erworben werden.
  • heere sind aufzulösen,
    da sie eine ursache zum krieg sind.
  • keine ausländische schulden,
    da sie kriege provozieren
    oder staaten abhängig machen können.
  • generell keine politische einmischung in fremde staaten.
  • im kriegsfall ist alles zu unterlassen,
    was schon im frieden zu misstrauen führen würde.

 

 

blog 0212 - charakter

01.05.2015 07:41

die tierquälerei ist ein verbrechen
und schädigt als solches nicht das opfer allein,
sondern auch den täter,
weil es dessen charakter entadelt.

(bertha von suttner, 1843-1914)


www.dfg-vk.de/verband/geschichte/

die österreichische friedensaktivistin und schriftstellerin
bertha von suttner war als schriftstellerin und journalistin höchst aktiv
und setzte sich leidenschaftlich für die friedensbewegung ein.

besondere berühmtheit erlangte ihr pazifistischer roman „die waffen nieder!“,
in dem sie die belastungen und strapazen des krieges
aus sicht einer ehefrau schilderte und somit friedenspolitische fragestellungen
mit feministischen überlegungen verwob.

darüber hinaus war ihr der kampf gegen tierversuche ein anliegen;
stets sprach sie sich für deren endgültige abschaffung aus.

bertha von suttner wurde 1905 für ihren unermüdlichen einsatz
für frieden und menschlichkeit als erste frau der geschichte
mit dem friedensnobelpreis geehrt.

 

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0078-die-waffen-nieder-/

 

 

blog 0211 - nicht müde des kampfes

29.04.2015 08:30

ich bin der niederlagen müde
und müder noch
der freunde die kommen nach jeder niederlage
und beweisen: „eigentlich war sie ein sieg“

dabei reden sie so
um nicht selber der niederlagen
so müde zu werden dass sie ihnen erliegen
doch solche reden
führen zu solchen siegen

ich weiss: noch immer hing der sieg des neuen
am ende einer kette von niederlagen
(von denen dies eine ist) als letztes glied
das könnte ein trost sein
aber die glieder bluten

wenn ich tot bin können sie sagen:
„er hat sich selbst getötet“
fast wie man sagen könnte
wenn ich das wirklich täte:
„die ihn getötet haben das waren sie“

aber wenn ich auch müde bin des erlebenmüssens
ihrer verbrechen und des zeitungsgeschwätzes
diese niederlage beweise die vergeblichkeit unserer sache
und müde meines zualtseins um selbst noch die kräfte
zu sammeln zum neuen kampf

ich bin nicht müde des kampfes
gegen die die eines tages sterben
an meinem tod

(erich fried, 1921-1988)

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0203-die-sittenhuter/

www.dieratten.net/news/blog-0202-zusatzliche-bedingung/

www.dieratten.net/news/blog-0032-zu-guter-letzt/

www.dieratten.net/news/blog-0015-antwort/

www.dieratten.net/news/blog-0014-vorubungen-auf-ein-wunder/

www.dieratten.net/news/blog-0011-fall-ins-wort/

 

 

blog 0210 - fragen

27.04.2015 10:13

und führt man mir im laden
die auserlesnen düfte vor,
dann fällt mir ein,
was ich gehört hab
von tierversuchen im labor.

mich kann das grosse halleluja
aus dem messias nicht berührn,
solang man freunde meiner freunde
noch foltert hinter polstertürn;
ich sehne mich nach tiefer freude,
und doch, sie zieht nicht ein bei mir,
solange meine brüder leiden,
ob mensch, ob pflanze oder tier.

(gerhard schöne, 1952)

 www.gerhardschoene.de/person.html

 

 

blog 0209 - kuhäugige göttin

20.04.2015 07:18

warum ich meine brüder nicht esse?
einfach aus familiensinn, das ist alles.
irgendwo muss scham beginnen.

es stört uns gar nicht, wenn wir uns kultivieren
und die nächsten verwandten von uns,
die doch die säugetiere sind, auffressen.

ja, mehr noch, wir locken sie in gehege, in gulags,
und schneiden ihnen zu hohen christlichen feiertagen
die kehlen durch und singen dazu „o du selige“.

tiere fühlen mehr als wir.

sie wissen nicht mehr, aber sie fühlen mehr.

und wenn sie also ein geschöpf lieben,
dann erzählt es ihnen,
ohne dass es den mund aufmacht und ein wort spricht,
alles über sich.
sie müssen nur seine sprache lernen.

wie gehen sie mit tieren um?

ich suche ihre freundschaft und versuche,
von ihnen zu lernen,
weil sie höhere geschöpfe sind.

ich glaube, sie sind,
statt rache zu nehmen an uns,
heilig geworden.

sonst könnte es gar nicht sein,
dass sie uns diesen gulag-tod,
den wir ihnen bereiten,
jeden tag zu millionen,
nicht übel nehmen,
sondern uns anschauen mit augen,
die der homer nennt: „die kuhäugige göttin“.

wenn sie einer kuh in die augen schauen,
schauen sie in den tiefsten see,
den man sich vorstellen kann.

sie sind ein aufschrei für uns,
dass wir menschen werden.

(o. w. fischer, 1915-2004)

otto wilhelm fischer, österreichischer schauspieler, professor für philosophie

2004 verstarb der vermehrt an depressionen leidende o. w. fischer
88jährig an einem herzversagen in einer klinik in lugano,
in die er sich tage zuvor selbst eingeliefert hatte.
der hauptanteil seines auf 12 millionen euro geschätzten nachlasses
soll laut testament dem tierschutz zugute kommen.

„in der schauspielerei habe ich noch nie den sinn meines lebens empfunden.
es war schon immer der bereich der philosophie,
der mich hauptsächlich interessierte.

die schauspielkunst ist entweder die erste aller künste oder die letzte.

entdeckt habe ich in ihr die verwandlung,
die in wirklichkeit ihre wahre bedeutung ist.
ich bin im film nie derselbe geblieben.
ich schäme mich, immer wieder o. w. fischer zu sein.
das schien mir anmassend, dem beruf nicht gerecht werdend,
dieser beruf ist wie das leben stets verwandlung.“

 

der spiegel, 1957 über o. w. fischer (41):

dr. harald braun versucht fischers publikumserfolg so zu erklären:
„wir haben in deutschland diesen typ nie gehabt.
bei uns gab es immer nur die netten, braven, wie den fritsch.
mit der zunahme der saturiertheit hat das publikum mehr gefühl
für den homme fatal bekommen,
und fischer ist ein mann mit ungewöhnlicher intellektueller nervosität.“

einer der produzenten sagte: „der otto lebt in einem elfenbeinturm,
und es besteht die gefahr, dass er trotz seiner schauspielerischen qualitäten
auf einmal ganz uninteressant wird. er ist eigentlich ein einsamer.
seine problematik, seine grösse und seine tragik liegen darin,
dass er im grunde nur einen einzigen menschen liebt:
das ist er selbst, ein geborener narziss.“

pressechef kaesbach von der bavaria:
„nie hat er irgendwie seine publicity gefördert.
der fischer war immer nur ungeheuer von sich selbst überzeugt,
und so hat er schliesslich die leute überzeugt.
man hat mich vor ihm gewarnt;
aber die zusammenarbeit war ein vergnügen:
niemals ein lautes wort, niemals gekränkte eitelkeit.
er ist ausgesprochen kollegial, er hilft, wo er nur helfen kann“.

wie vielen millionären aus eigener disziplin fällt es auch fischer schwer,
zu begreifen, warum es in der welt nicht so edel zugeht
wie bei ihm zu haus im „katzenschlössl“.

fischers tierliebe ist weit davon entfernt,
eine propaganda-marotte zu sein.
„mit seiner tierliebe kompensiert er vieles“, meint ein produzent,
und in seinen tonband-reden schildert fischer eine katzenliebe;
die ihm aus einer krise half: „sie hat mir glück gebracht,
oder war es die selbstlosigkeit, das einem-anderen-helfen,
das sich-selbst-zurückstellen, das die wandlung gebracht hat?
jedenfalls werden wir jetzt zusammenbleiben, bis der tod uns trennt,
meine kleine schwarzweisse katze und ich. - heute ist sie erwachsen.
der vater ihrer kinder war ein grosser, hübscher tigerkater -
aber eifersucht gibt's bei uns keine! nur liebe!“

fischers liebe zu tieren ist nicht nur gefühlig, sondern auch tätig:
er und seine frau geben jährlich tausende für den tierschutz aus.

 

 

blog 0208 - etwas zum nachdenken

19.04.2015 07:02

krötenwanderung
ist keine
tierrechtsarbeit

krötenwanderung
bedeutet
„tierschützer“

(ratte werner)

 

 

blog 0207 - tier schutz recht

16.04.2015 07:48

in vielen bereichen braucht der tierschutz seine eigenen methoden.

es ist ein irrtum, dass beispielsweise ein naturnahes landleben
die menschen freundlich gegen tiere machen müsste;
landleute sehen sie oft nur als wirtschaftskapital an;
solche, die wirtschaftlich nichts wert sind,
werden gering geachtet und schonungslos behandelt.

wenn jemand hier helfen will,
bedarf er ganz anderer kenntnisse als in der stadt;
er muss von den interessen und schwierigkeiten
der bauern oder siedler etwas verstehen,
um auch diesen gerecht zu werden
und sie da anzusprechen, wo sie zugänglich sind.

solange der andere sich falsch beurteilt
und nicht verstanden glaubt,
findet kein wort den zugang zu ihm.

es muss der richtige anruf sein,
den der andere nicht überhören kann.

er ist sehr oft wirkungslos geblieben,
weil der anwalt der tiere nicht klug,
taktvoll und sachlich genug war.

man muss nicht nur etwas wagen,
sondern auch etwas wissen,
auch von menschen wissen,
und darf nicht das mögliche unterlassen,
weil man das unmögliche will.

guter wille kann niemals alles andere ersetzen.

viel kraft und zeit geht in den streitigkeiten verloren,
in die sich die aktiven untereinander verbohren.

zu den leiden der tiere in unserem machtbereich gehört auch,
dass so oft menschen für sie eintreten,
die durch ihr falsches verhalten der sache schaden,
indem sie einem der edelsten menschlichen anliegen,
den stempel ihrer eigenen minderwertigkeit aufdrücken.

auch denen, die sich ihre freunde nennen,
sind die tiere wehrlos preisgegeben.

denn menschen kommen aus mancherlei gründen zum tierschutz,
oft aus solchen, die ihnen selbst nicht bewusst sind:
aus dem verlangen vielleicht, irgendwo eine kleine rolle zu spielen,
oder aus anderen motiven,
die sie selbst betreffen und keinesfalls die tiere.

allen graden des eifers, manchmal einer art fanatismus,
erstaunlicher undiszipliniertheit, dummheit
und wunderlichen schrullen kann man immer noch
in den reihen der tierschützer begegnen,
neben den überragenden gestalten,
die verehrung verdienen.

ein mensch braucht tiere nicht einmal zu lieben,
um sich für sie einzusetzen;
er braucht nur den sinn für fair play, den wunsch,
dem schwachen gegen eine übermacht beizustehen,
und das wissen, dass der schwache
wirklich in grosser bedrängnis ist und hilfe nötig hat.

das schicksal der kreatur muss unabhängig gemacht werden
von unzuverlässigen menschlichen sympathien
und durch eine ethische uberzeugung gesichert sein.

es ist eine grosse hemmung für den tierschutz,
dass er immer gesondert betrachtet und betrieben wurde.

in wirklichkeit gehört er zu allen anderen grossen anliegen
der gerechtigkeit und menschlichkeit gegenüber wehrlosen.

eine falsche strategie würde nicht nur
die aufmerksamkeit der menschen verscherzen,
die das tier in ihrer gewalt haben,
sie würde auch denen,
die es richtig anfangen könnten,
den weg verbauen.

(julie schlosser, 1883-1965)

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0180-mahnung/

www.dieratten.net/news/blog-177-barmherzigkeit/

www.dieratten.net/news/blog-66-gesetz/

 

 

blog 0206 - heilige und tiere

14.04.2015 06:54

heilige und tiere ist nicht nur der titel
eines wichtigen buches von joseph bernhart,
sondern auch ein thema, unter dem ein teilaspekt
der mensch-tier-beziehung und der tierliebe begriffen wird.

heilige gibt es in allen religionen,
und erstaunlicherweise ist die liebe zum tier
eine ihrer hervorstechenden gemeinsamen eigenschaften.

gertrude und thomas sartory haben das überzeugend belegt:
ein heiliger ohne güte, ohne mitgefühl für alle lebewesen,
mensch wie tier, wäre ein sonderbarer heiliger - ein monstrum,
wie es der himmel sich nicht bieten lassen kann.

die heiligen fragten weniger danach,
wie die dinge nun einmal tatsächlich sind, als danach,
wie sie hätten sein sollen und wie sie wieder sein werden ...
und das gilt eben nicht nur vom menschen,
es gilt von aller kreatur.

paulus sagt darum im römerbrief,
dass die gesamte schöpfung seufze
und in wehen liege und auf etwas warte,
das sie aus den fesseln ihrer nichtigkeit befreien werde.

der gesamten kreatur stehe eine niveauveränderung bevor -
dann, wenn der mensch auch seiner sichtbaren erscheinung nach
wieder ganz der sein werde, der er sein soll
.

das leben der heiligen ist wie ein stück vorweggenommener verheissung.
hier wird ahnbar und in bestimmten augenblicken sogar sichtbar,
wie der mensch eigentlich gemeint ist -
und von welcher art seine beziehung zum tier
nach dem willen des schöpfers hätte sein sollen.

dieser hauch von paradies gibt den geschichten
von heiligen und tieren ihren eigentümlichen zauber -
so als schaute man durch ein guckloch in den garten eden hinein.

für den abendländischen menschen steht franz von assisi
als symbol für die gestalt des heiligen in seiner beziehung zum tier.

selbstverständlich darf die heiligenliteratur
nicht unkritisch herangezogen werden,
wie lieselotte junge nachweist,
weil wunder zum zeitbedingt notwendigen bestand
der heiligen-legenden gehörten:
je wilder ein tier und je unglaublicher
seine vertrauens- oder gehorsamsbeweise,
desto höher das ansehen der sie bewirkenden heiligen.

dennoch ist die blosse unglaublichkeit eines berichtes
noch kein kriterium der unglaubwürdigkeit des erzählers,
denn auch plötzliche begegnungen mit mächtigen tieren
können einen erstaunlichen verlauf nehmen,
wenn der mensch nicht als feind,
sondern in friedlicher gelassenheit auftritt.

(gotthard m. teutsch, 1918-2009)

siehe auch

www.dieratten.net/news/blog-0181-das-tier-im-kind/

www.dieratten.net/news/blog-0113-koharenz/

www.dieratten.net/news/blog-0084-tierbefreiung/

www.dieratten.net/news/blog-0079-na-toll/

 

 

 

blog 0205 - begleitung

12.04.2015 09:07

die bleibende liebe für die vier speziellen tiere,
die mit era zistel auf dem land lebten und sie inspirierte,
einen liebevollen bericht zu schreiben über das leben
mit der katze squeak, pest dem streifenhörnchen
und den ziegen-geschwister samson und pixie.

ziegen haben ein langes gedächtnis.
ich glaube, sie vergessen tatsächlich niemals etwas.

als es einmal zu viele ziegen gab,
um sie angemessen zu versorgen,
gab ich eine weg.

zwei jahre später verstarb ihr neuer besitzer,
und ich nahm sie zurück.
als der lieferwagen, der sie zurückbrachte,
noch auf der strasse war,
fing sie vor aufregung an zu bähen,
und sobald sie herausgelassen wurde,
rannte sie schnurstracks zur scheune,
leise freudenlaute ausstossend.

nach einem langen, langen exil
war sie wieder zu hause.

(era zistel, 1903-1997)

das buch der amerikanischen schriftstellerin era zistel ist magisches ...
die beziehung zwischen der autorin und ihre „guten begleiter“ ist etwas,
das die meisten von uns nie erreichen im leben,
sei es mit menschen oder tieren.
era zistel gelang eine einfache und ergreifende geschichte.

ich las es bei der arbeit und weinte.
dann gab ich es an einer freundin bei der arbeit,
mit der warnung „nicht lesen, bis du nach hause kommst“,
und dann ein wenig später sah ihr eigenes gesicht,
rot vom weinen ...

wenn man die natur liebt und vor allem tiere,
ist es ein muss, dieses buch zu lesen.
die autorin ist tapfer und edel,
aber ihre gute begleiter sind so viel mehr.

sie hinterfragt, warum wir wirklich hier sind,
und was im leben wirklich wichtig ist.


era zistel über den tod ihrer ziegen:
es war einmal ein sultan namens murad, der sagte:
„wer die philosophie richtig studiert, studiert das sterben.“

ich bin diesem grundsatz gefolgt,
und in diesen beiden sommern,
letzten sommer und der gerade zu ende gehende,
habe ich gründlich studiert, glaube ich.

ich habe gelernt, dass in einem so grossen,
sich weit über unsere vorstellung hinaus
erstreckenden universum
literarischer erfolg bedeutungslos ist,
ehrgeiz töricht,
besitztümer nutzlos.

nimmt man all dies weg,
was bleibt in dem verbleibenden kleinen lebenskern?

für mich nichts ausser dem wunsch,
einem unmöglichen wunsch,
dass wir zusammenbleiben können.

natürlich ein unmöglicher wunsch.

 

 

blog 0204 - übertreffer

11.04.2015 08:11

der mensch
übertrifft die tiere

aber nur
in der bösartigkeit

(panagiotis soutsos, 1806-1868)

„das glück – ein imaginäres wort,
ein wesen nicht von dieser welt.“

„die blume welkt,
das blatt vertrocknet,
menschen vergehen.
nur der tod ist unsterblich.
er altert nie.“


panagiotis soutsos war redakteur einer griechischen zeitung,
journalist, autor und dichter der romantischen schule.

er war ein bewunderer der antiken griechischen tradition,
obwohl er sich in seinen werken einer eher archaischen sprache bediente.

panagiotis soutsos wird heute als visionär
der wiederbelebung der olympischen spiele gesehen.

in seinem 1833 veröffentlichten gedicht „dialog der toten“
verwendete soutsos die olympischen spiele
als symbol der antiken griechischen tradition.
bald darauf schlug er konkret die wiederbelebung der spiele
durch den neu entstandenen griechischen staat vor.

monatelang blieb eine offizielle antwort der griechischen regierung aus.
schliesslich gab könig otto seine zustimmung
zur austragung von sportveranstaltungen im vierjahresrhythmus.

 

 

blog 0203 - die sittenhüter

10.04.2015 06:39

wer die alten bräuche
nicht ehrt
der ist ein verräter
der will uns
die schönheit rauben
den schmelz des lebens

der will uns knechten
zum dienst
an fremden gedanken
dem zeigen wir
wer wir sind
nach altem brauch

(erich fried, 1921-1988)

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0202-zusatzliche-bedingung/

www.dieratten.net/news/blog-0032-zu-guter-letzt/

www.dieratten.net/news/blog-0015-antwort/

www.dieratten.net/news/blog-0014-vorubungen-auf-ein-wunder/

www.dieratten.net/news/blog-0011-fall-ins-wort/

 

blog 0202 - zusätzliche bedingung

09.04.2015 09:37

wichtig
ist nicht nur
dass ein mensch
das richtige
denkt

sondern auch
dass der
der das richtige
denkt
ein mensch ist

(erich fried, 1921-1988)


de.wikipedia.org/wiki/Erich_Fried

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0032-zu-guter-letzt/

www.dieratten.net/news/blog-0015-antwort/

www.dieratten.net/news/blog-0014-vorubungen-auf-ein-wunder/

www.dieratten.net/news/blog-0011-fall-ins-wort/

 

 

blog 201 - freud

08.04.2015 06:41

der mensch warf sich im laufe seiner kulturentwicklung
zum herren über seine tierischen mitgeschöpfe auf.

aber mit dieser vorherrschaft nicht zufrieden,
begann er eine kluft zwischen ihr und sein wesen zu legen.

er sprach ihnen die vernunft ab
und legte sich eine unsterbliche seele bei,
berief sich auf eine hohe göttliche abkunft,
die das band der gemeinschaft mit der tierwelt
zu zerreissen gestattete.

der priester wird die wesensgleichheit
von mensch und tier nie zugeben,
da er auf die unsterbliche seele nicht verzichten kann,
die er braucht, um die moralforderung zu begründen.

ich ziehe die gesellschaft der tiere der menschlichen vor.
gewiss, ein wildes tier ist grausam.
aber die gemeinheit ist das vorrecht des zivilisierten menschen.

(sigmund freud, 1856-1939)

de.wikipedia.org/wiki/Sigmund_Freud

sigmund freud, österr. psychoanalytiker

österreich 1937:
der 17-jährige franz huchel verlässt sein heimatdorf,
um in wien als lehrling in einer trafik
einem tabak- und zeitungsgeschäft
sein glück zu suchen.
dort begegnet er dem stammkunden sigmund freud
und ist sofort fasziniert von ihm.
im laufe der zeit entwickelt sich eine ungewöhnliche freundschaft
zwischen den beiden unterschiedlichen männern.
als sich franz kurz darauf hals über kopf
in die varietétänzerin anezka verliebt
und in eine tiefe verunsicherung stürzt,
sucht er bei dem alten professor rat.
dabei stellt sich jedoch schnell heraus,
dass dem weltbekannten psychoanalytiker
das weibliche geschlecht ein mindestens
ebenso grosses rätsel ist wie franz.

 

aus werners e-book-markierungen
robert seethalers roman 'der trafikant':

anfang oktober wehte der erste herbstwind
die hitze aus den strassen und die hüte
von den köpfen der passanten.
hin und wieder sah franz eine kopfbedeckung
an der trafik vorüberkollern,
gleich gefolgt von ihrem hinterherstolpernden besitzer.

schulkinder purzelten herein und fragten
nach buntstiften oder sammelbildchen,
alte damen wollten plaudern,
alte herren wollten ihre ruhe
und schweigend titelbilder betrachten.
manchmal bat einer der männlichen stammkunden
mit verräusperter stimme,
einen blick in die „lade“ werfen zu dürfen.
es war dies eine unauffällige schublade unter der verkaufstheke,
die vom trafikanten immer sorgfältig verschlossen gehalten
und eben nur auf besonderen kundenwunsch geöffnet wurde.
darin befanden sich die seit jahren streng verbotenen,
sogenannten „zärtlichen magazine“
(beziehungsweise die „wichsheftln“ oder „hobelbroschüren“,
wie der trafikant sie zu nennen pflegte).
die männer blätterten ein bisschen darin herum,
versuchten währenddessen
eine möglichst uninteressierte miene aufzusetzen
und nahmen dann vielleicht ein, zwei
von franz blickgeschützt
in braunes packpapier eingewickelte heftchen mit.

„einen schilling, wennst dir das programm anschauen willst.
wenn nicht: der ausgang ist da, wo grad noch der eingang war!“

„junger mann“, sagte freud und hielt inne,
„man muss das wasser nicht verstehen,
um kopfvoran hineinzuspringen!

ich glaube, ich kenne deine 'gewissen gründe' ganz gut.
aber lass dir eines sagen:
die gründe von heute
sind morgen schon die gründe von gestern
und spätestens übermorgen sind sie vergessen.“

franz: „könnte es vielleicht sein,
dass ihre couchmethode nichts anderes macht,
als die leute von ihren ausgelatschten,
aber gemütlichen wegen abzudrängeln,
um sie auf einen völlig unbekannten steinacker zu schicken,
wo sie sich mühselig ihren weg suchen müssen,
von dem sie nicht die geringste ahnung haben,
wie er aussieht, wie weit er geht
und ob er überhaupt zu irgendeinem ziel führt?“

gerade in letzter zeit fühlte sich freud oft überfordert
von den erschöpfenden stunden mit seinen patienten
und betrachtete ratlos deren leid,
das bei jedem einzelnen die ganze welt zu umfassen schien.

doch, so franz, der professor war dermassen klug,
dass er sich die bücher, die er lesen wollte,
gleich auch selber schreiben konnte.

 

 

blog 0200 - schamloser humanismus

06.04.2015 07:43

das problem des kampfes gegen rassenvorurteile
auf menschlicher ebene spielgelt
ein viel umfassenderes problem wider,
das noch dringender einer lösung bedarf.

ich spreche von dem verhältnis zwischen
dem menschen und anderen lebenden arten.

es ist zwecklos, das eine problem
ohne das andere lösen zu wollen.

denn die achtung gegenüber den eigenen artgenossen,
die wir vom menschen erwarten,
ist lediglich ein einzelaspekt
der allgemeinen achtung
vor allen formen des lebens.

indem der westliche humanismus den menschen
von der übrigen schöpfung isoliert
und die grenzen,
die ihn von anderen lebewesen trennen,
zu eng zieht,
hat er ihn eines schutzschildes beraubt.

man hat mir oft vorgeworfen,
ich sei anti-humanist.
ich bin es nicht.

aber ich rebelliere gegen jenen schamlosen humanismus,
einerseits jüdisch-christlicher herkunft,
andererseits produkt der renaissance und des cartesianismus:
der mensch als absoluter herr der ganzen schöpfung.

das ist ein unmenschlicher humanismus.

alle tragödien unserer geschichte -
kolonialismus. faschismus. vernichtungslager –
sind kein widerspruch zu jenem humanismus,
den wir da seit jahrhunderten praktizieren,
sondern eine logische verlängerung.

das ist doch ein und dasselbe:
der mensch markiert eine unmenschliche grenze
zwischen sich und den übrigen lebewesen -
und landet bei unmenschlichen grenzen
innerhalb des menschengeschlechts.

er separiert bestimmte,
allein menschliche menschenarten von anderen,
untermenschlichen menschenarten.

diese unterwirft er dann derselben herabwürdigung,
die er längst zwischen menschlichen
und nichtmenschlichen lebensformen praktiziert.

das ist die wirkliche erbsünde.
sie treibt die menschheit zur selbstzerstörung.

 

ich hätte mich gern einmal richtig mit einem tier verständigt.
das ist ein unerreichtes ziel.
es ist schmerzhaft für mich zu wissen,
dass ich nie wirklich herausfinden kann,
wie die materie beschaffen ist
oder die struktur des universums.

das hätte es für mich bedeutet,
mit einem vogel sprechen zu können.

aber da ist die grenze,
die nicht überschritten werden kann.

(claude levi-strauss, 1908-2009)
 

de.wikipedia.org/wiki/Claude_L%C3%A9vi-Strauss

claude levi-strauss, frz. philosoph und ethnologe,
beschäftigte sich mit der sozialstruktur und kultur der gesellschaften.

keinesfalls sei unsere kultur geistig-kognitiv überlegen,
sondern beides seien varianten jener gleichartigen verfahrensweisen,
für welche er den begriff „wildes denken“ als kennzeichnung einführte.

der „primitive“ sei nicht etwa trieb- statt vernunftgesteuert,
sondern bearbeite nicht weniger „vernünftig“ -
sondern einfach nur anders -
dabei aber mit anderen zielen und stärker im modus von „bastelei.

als „kalte kulturen“ bezeichnete er solche gesellschaften,
bei denen das gesamte denken und handeln
bewusst und unbewusst darauf abzielt,
jegliche veränderungen der traditionell fixierten strukturen zu verhindern
(sofern es keine zwingende notwendigkeit oder fremde einflüsse gibt).

das vertrauen gilt der natur;
menschliches wirken gilt grundsätzlich als unvollkommen.
die sogenannten isolierten völker,
die zumeist absichtlich den kontakt zur westlichen welt meiden,
sind die heutigen repräsentanten der kalten gesellschaften.

„heisse kulturen“ sind das genaue gegenteil:
sie vertrauen der menschlichen innovationsfähigkeit und sind optimistisch,
die natur an ihre bedürfnisse anpassen zu können.
daher ist ihr gesamtes streben auf fortschritt und veränderung gerichtet.

selbst, wenn sich dadurch zuerst vorrangig
die lebensbedingungen der privilegierten verbessern,
sind die unteren schichten häufig die triebfeder der entwicklung.

die moderne, westlich orientierte konsumgesellschaft
ist der prototyp der heissen kultur.

 

 

 

blog 0199 - angst

04.04.2015 09:00

alle menschlichen verbrechen haben
im verbrechen am tier ihre vorform:
hier lernen die menschen und üben sie sich im
verfolgen, jagen, fangen, töten, aufspiessen,
abstechen, köpfen, abknallen,
hier lernen sie die freude am treffen,
am rekord im töten,
bis sie dann abgerichtet sind,
um das alles eines tages auch
gegen menschen anwenden zu können.

hier liegt die unsterbliche wahrheit des tolstoiwortes:
„solange es schlachthäuser gibt, wird es auch schlachtfelder geben.“

hier ahnt man die erziehungsbedeutung der ehrfurcht
vor dem leben der tiere für die menschwerdung des menschen.

auch dass man menschen „wie vieh“ behandelt
oder als versuchskaninchen,
hat man doch an den tieren gelernt,
ebenso die euthanasie und die künstliche besamung,
über die man erst dann entsetzt ist,
wenn hemmungslose wissenschaftler solche dinge
nun auch bei den menschen einführen wollen.

wie sie wissen, unterscheidet man hochstehende
von niedrigstehenden tieren.

ich glaube, dass der schluss von der grösse
oder kleinheit des körpers auf die seele
ein materialistischer fehlschluss ist.

kleinste tierchen wie raupen, blattläuse,
von der fliege ganz zu schweigen,
erkennen rechtzeitig die bösen absichten
des menschen gegen sie und retten ihr leben.

das ist viel mehr als blosse schmerzempfindlichkeit,
die hier noch gar nicht stattgefunden hat.

„instinkt?“ nun gut, wenn sie wissen, was und wer der ist.

hier reagiert leben, gefühl und intelligenz.

wenn sie meinen, dass sie die tiere nicht quälen,
weil sie angeblich keine seele haben, nun,
dann quälen sie eben die götter dieser tiere.

mäuse, meerschweinchen, kaninchen sind relativ
schon recht grosse und empfindliche, übrigens niedliche tiere.

möchten sie vielleicht tauschen mit dem schicksal,
ein tier zu sein? ein vivisektionstier?

warum denn nicht, wenn es doch nicht so schlimm ist?

erst wenn man den menschen ein kind wegnehmen würde,
um es zu vivisezieren oder
um mit ihm experimente auf lebensgefahr zu machen,
dann würden sie endlich erwachen zur richtigen einsicht
und zur hellen aufregung und empörung.

auf jeden fall sind katzen, hunde, affen
sehr sensible und sehr bange tiere.

berechtigtes misstrauen gegen die bestie mensch,
ist das nicht ein zeichen hoher intelligenz bei einem tier?

friedrich nietzsche hat das wirklich gute bon mot gesagt:
„wir halten die tiere nicht für moralische wesen.
aber meint ihr denn, dass sie uns für moralisch halten? -
ich fürchte, die tiere betrachten
den menschen als ein wesen ihresgleichen,
das in höchst gefährlicher weise
den gesunden tierverstand verloren hat.“

der philosoph gasset stellte mit sehr tiefgründigem blick fest:
„das tierische leben gipfelt in der angst.“

von angst sind besonders gefesselte tiere erregt,
die ahnen, dass man nichts gutes mit ihnen im sinn hat.

diese angst ist also das psychische material,
an dem die vivisektion herzlos arbeitet.

 

(dr. phil. carl anders skriver, 1903-1983)

quelle: der verrat der kirchen an den tieren



siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0162-gefahrlichstes-tier/

www.dieratten.net/news/blog-0150-/

www.dieratten.net/news/blog-0070-hagen-rether-zynisch/

www.dieratten.net/news/blog-0089-tierschutz-in-deutscher-dichtung/

www.dieratten.net/news/blog-0094-uber-gut-und-bose/

 

 

blog 0198 - seelen los

03.04.2015 09:20

tiere sind schon darum merkwürdiger als wir,
weil sie ebenso viel erleben,
es aber nicht sagen können.

ein sprechendes tier wäre nicht mehr als ein mensch.

haben die tiere weniger angst,
weil sie ohne worte leben?

unsäglicher hochmut des menschen:
an den tieren bestrafe sich die niedertracht seiner seele.

wie wagt er es, tiere mit seiner seele zu bestrafen?

haben sie sie denn etwa eingeladen?

kann es ihnen erwünscht sein,
durch den menschen herabgesetzt zu werden?

sie wollen die seele des menschen nicht,
sie verabscheuen sie,
sie ist ihnen zu gedunsen und zu hässlich.

sie ziehen ihre anmutige armut vor,
und weit lieber als von menschen
lassen sie sich von tieren fressen.

(elias canetti, 1905-1994)

schriftsteller und aphoristiker deutscher sprache
literaturnobelpreisträger 1981

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0028-schmerz/

 

 

blog 0197 - unter einer katze leben

01.04.2015 06:47

wenn sich mehrere dinge gleichzeitig in unserem haus abspielten,
wusste sie nicht mehr, wo ihr der kopf stand.

sie wollte überall sein, in der küche, an der haustür,
um den besuch in empfang zu nehmen,
auf den schreibtischen der kinder,
zwecks hausaufgabenüberwachung …

die meisten haustiere unterhalten zwar
eine enge bindung an ihre familie,
aber sie begnügen sich mit ihrer katzen- oder hunderolle.

nicht so missoui.
was wir auch taten,
was wir auch hatten,
immer war es das bessere.
genau das wollte sie auch,
und sie forderte es nachdrücklich ein.

so lag ihr zum beispiel ihr platz an unserem esstisch,
den sie während der mahlzeiten einnahm,
ausserordentlich am herzen.

er stand ihr zu, er war ihr absolutes recht,
so jedenfalls sah sie es und sie machte uns
ihren standpunkt über die jahre hartnäckig klar.

anfangs machte ich noch erziehungsversuche und verjagte sie.
aber nein! warum sollten wir da oben sein und sie da unten?
sie gehörte nicht auf den boden!
fauchend sprang sie wieder zurück,
schlängelte sich zwischen den tellern hindurch,
versteckte sich hinter der blumenvase,
rannte um sie herum,
und wenn es mir gelungen war,
sie wieder hinunterzujagen,
war sie gleich wieder oben,
zehnmal, zwanzigmal,
die augen voller empörung,
sie konnte gar nicht fassen,
dass man ihr diesen tort antat.

es liess sich einfach nichts machen,
obwohl es auf die dauer alles andere als lustig war …

dann fiel mir auf, dass sie nicht ans essen ging,
wenn man es verbot, und es oft nicht einmal versuchte,
weil sie ja geradewegs vom eigenen futternapf kam.

sie wollte sich einfach dorthin setzen,
wie ein patriarch am kopfende der tafel thronen
und ihre ganze sippe betrachten.

eine zeit lang überliessen wir ihr das kinderhochstühlchen,
dann sass sie stolz auf ihrem platz,
die weisse brust von genugtuung geschwellt,
schien auf unser gespräch zu lauschen
und verfolgte die mahlzeit von anfang bis ende.

irgendwann setzte sie sich direkt auf das kopfende des tischs,
auf ihren inzwischen wegen guter führung wirklich verdienten platz.

ich habe tatsächlich einige jahre gebraucht,
um ihr problem zu verstehen:
missoui hätte ein mensch sein wollen.
oder aber sie betrachtete sich als solchen.

daraus folgte - wenn nicht das gegenteil -,
dass sie für die welt der tiere,
insbesondere der katzen, verloren war.

ihre beziehungen zu ihren artgenossen waren katastrophal,
und sämtliche katzen auf der durchreise
durch unseren garten auf dem lande
gaben sich auch alle mühe,
ihre einstellung zu unterstützen ....

(anny duperey, *1947)


das glück, von einer katze gefunden zu werden

anny duperey ist eine französische schauspielerin und autorin.

de.wikipedia.org/wiki/Anny_Duperey

....dann entsteht daraus ein so faszinierendes und berührendes buch,
wie obiges, das einfach unter die haut geht.

anny duperey beschreibt in einer so wunderschönen
und einfühlsamen sprache ihre erlebnisse mit ihren schicksalskatzen,
dass es einem absolut unmöglich ist,
nicht mitzufühlen und wahrzunehmen,
wie unglaublich tief ihre beziehung zueinander ist.

mit ihrer einfachen und geraden herzenssprache
ist die autorin für mich geradezu eine ausnahmeerscheinung,
die einen ohne schnörkel und umschweife
immer wieder mitten im innersten heiligtum trifft;
dort wo wir unsere geliebten
aber auch schmerzenden gefühle aufbewahren.

an ihren freud- und leidvollen lebensstationen teilzuhaben
in so vertrauter und naher begleitung
von ihren katzenseelengefährten
war für mich ein wunderbares geschenk!

ein ganz warmes und leises buch in unserer so lauten zeit,
das ich jedem leser ans herz lege,
egal ob tierfreund oder nicht.

(joker)

 

 

blog 0196 - koexistenz

30.03.2015 09:30

heinrich böll lebte in friedlicher koexistenz
zusammen mit einer katze und einem hund:
„ich liebe es, abends das fell unseres hundes zu kraulen,
während die katze auf meinem schoss sitzt.“.

heinrich böll erklärte einmal, dass hundert vom krieg
verschonte abteibauten* nicht den verlust
eines einzigen geliebten lebewesens aufwiegen.

die hoffnung ist wie ein wildes tier.

widerstand muss heute darin bestehen,
von seiner freiheit gebrauch zu machen.

(heinrich böll, 1917-1985)


abtei mont-saint-michel

www.boell.de/de/stiftung/heinrich-boell

 

schriftsteller, büchner-preis 1967, nobelpreis literatur 1972

heinrich böll starb am 16. juli 1985.
seitdem hat sich vieles von dem,
was für den nobelpreisträger
noch zu den bedingungen gehörte,
unter denen er schrieb und in denen er lebte,
grundsätzlich gewandelt.

was aber bölls werk über die zeitbedingten aspekte hinaus
bestand verleiht und zugleich im mittelpunkt
seiner erzählerischen und essayistischen arbeiten steht,
das ist der anspruch auf autonomie,
auf eine freie, individuell begründete parteilichkeit,
die sich vorgeformten denkbahnen entzieht.

für böll begann die freiheit im kopf.
 

siehe auch vom 30.03.2015:

www.dieratten.net/kuckma/

 

 

blog 0195 - die ursache bin ich selbst

29.03.2015 09:21

über den stierkampf.

das ist der urtrieb im menschen,
der geht ja durch alle schichten und alle menschen -
das töten.

die zivilisierte menschheit macht es auf versteckte art,
sie bringt anständig um.

das ist die primitive art, die blutrünstigste,
kann man im wahrsten sinn des wortes sagen.

das ganze ist unter dem titel der ehre.

es ist eine ehre für den stier,
dass er da unter einem schauerlichen gemetzel sterben darf.

das ist wie jedes theater auch total verlogen.
hochelegant, obwohl die hochelegante sache
im grunde eine infernalische ist.

grauenhaft. entsetzlich. lauter schlächter,
das letzte an menschen überhaupt, was es gibt.

(thomas bernhard, 1931-1989) 


www.youtube.com/watch?v=0B0cGpyWepQ

thomas bernhard zum thema stierkampf:
„die ursache bin ich selbst“, 3sat, 1998

nicolas thomas bernhard war ein österreichischer schriftsteller.
1970 erhielt bernhard den georg-büchner-preis;
seit den 1980er jahren wird er international
zu den bedeutendsten deutschsprachigen autoren gerechnet.

bernhard wurde in ein nationalsozialistisches erziehungsheim geschickt.
man hatte in der familie das von einer sozialbetreuerin
empfohlene salzburgische saalfelden,
wo er zu seiner erholung sein sollte,
mit dem thüringischen saalfeld verwechselt.

die in saalfeld gemachten traumatischen erfahrungen
beschrieb bernhard in seiner autobiografie.

der tod und die relativierung aller anderen werte
angesichts der steten bedrohung durch ihn
wurden in seinen werken zu einem der wichtigsten motive.

in seinen oft verschachtelten sätzen
meint man die atemlosigkeit,
unter der er infolge seiner lungenkrankheit
vielfach zu leiden hatte, zu verspüren.

seine 'erregungen', seine innere wut,
die ausdruck immer wieder erlittener
verletzungen und enttäuschungen sind,
kommen in den monologen seiner theaterfiguren
und den gedanken seiner ich-erzähler
in den prosatexten immer wieder zum vorschein.

ein besonderes stilistisches merkmal von bernhards prosa
ist eine technik der steigerung, der übertreibung,
des sich hineinsteigerns beziehungsweise
des sich versteigens in fixe ideen,
was jeweils sehr kunstvoll
durch eine wiederholungstechnik orchestriert wird,
in der zum einen bestimmte themen,
versatzstücke und abfällige bezeichnungen
mit hoher frequenz wiederholt werden und dabei –
gerade wenn der leser denken mag,
das sei nicht mehr möglich –
zudem nochmals gesteigert werden.

zudem sind seine werke meist,
verglichen mit anderer avantgardistischer literatur,
gut verständlich, da bernhard philosophischen passagen
stets alltägliche, oft geradezu banale betrachtungen gegenüberstellt,
wodurch er ihnen ihren allzu grossen ernst nimmt.

neben all seiner harten kritik an den bestehenden verhältnissen
gibt es in seinem werk viele berührende und radikal ehrliche momente.

die in seinen texten beschriebene abneigung gegenüber österreich
löste regelmässig heftige gegenreaktionen aus.
die öffentliche entrüstung steigerte
den buchabsatz bernhards erheblich,
durch die täglichen schlagzeilen wurde er schnell bekannt.

einer der wenigen bekennenden bernhard-verehrer
war der kabarettist hanns dieter hüsch.

 

 

blog 0194 - die endung des kreuzbeins

28.03.2015 05:37

der tag mag kommen,
an dem der rest der belebten schöpfung
jene rechte einfordert,
die ihm nur von der hand
der tyrannei vorenthalten werden konnten.

die franzosen haben bereits entdeckt,
dass die schwärze der haut kein grund ist,
ein menschliches wesen hilflos der hand
seines peinigers auszuliefern.

es mag der tag kommen,
an dem erkannt wird,
dass die anzahl der beine,
die behaarung der haut
oder die endung des kreuzbeins
gleichermassen ungeeignete gründe dafür sind,
ein empfindendes wesen
diesem schicksal zu übereignen.

was sonst sollte die unüberwindliche grenze ausmachen?

ist es die fähigkeit des verstandes
oder die fähigkeit der rede?

aber ein ausgewachsenes pferd
oder ein ausgewachsener hund
ist unvergleichlich verständiger
und mitteilsamer als ein kind
von einem tag oder einer woche
oder selbst einem monat.

aber angenommen, sie wären es nicht,
was würde es ausmachen?

die frage ist nicht:
können sie verständig denken?
noch: können sie sprechen?

sondern: können sie leiden?

darüber aber gibt es wohl keinen streit,
und das wissen um diese leidensfähigkeit
muss daher die hauptsache sein
bei jeder betrachtung der tierseele.

(jeremy bentham, 1748-1832) 


de.wikipedia.org/wiki/Jeremy_Bentham

jermey bentham war ein englischer jurist, philosoph und sozialreformer.
bentham gilt als begründer des klassischen utilitarismus.
er war einer der wichtigsten sozialreformer englands im 19. jahrhundert
und ein vordenker des modernen wohlfahrtsstaats.

seiner zeit weit voraus forderte er
einführung von tierrechten,
allgemeine wahlen,
frauenstimmrecht,

abschaffung der todesstrafe,
legalisierung der homosexualität,
pressefreiheit.

er gilt als vordenker des feminismus,
als vorkämpfer der demokratie,
des liberalismus und des rechtsstaats.

bentham ist aber auch bekannt für seine scharfe kritik
an der französischen menschenrechtserklärung.
auch lieferte er argumente für einen legitimen einsatz der folter.

bentham brachte mit dem utilitarismus zum ausdruck,
dass es für ihn nur zwei anthropologische grundkonstanten gebe:
das streben nach lust (pleasure)
und das vermeiden von schmerz (pain).

es sei die natur, die den menschen
in leid und freude den weg weise.

bentham sah in leid und freude
die entscheidenden motive menschlichen handelns.

ein mensch strebe, so bentham, immer ein objekt an,
von dem er erwarte, dass es freude bereite.

da der utilitarismus eine vergrösserung
des gemeinwohls propagiert,
handelt es sich um eine altruistische
und universalistische moraltheorie.

der utilitaristische ansatz wurde vor allem entwickelt
durch jeremy bentham und john stuart mill (1806–1873)
und beeinflusste viele andere philosophen.

zusammenfassung utilitarismus:

- alles handeln wird geprägt vom streben nach lust (hedonistisch*)

- moralisches handeln ist abhängig von den folgen bzw. konsequenzen

- nützlich (benefit) ist handeln dann, wenn es dazu beiträgt,
  gewinn, vorteil, freude, gutes oder glück herzubringen 

 

*hedonismus wird auch abwertend gebraucht
als streben des menschen einzig nach lust und freude.

 

 

blog 0193 - illegitim

27.03.2015 05:46

wir hören, dass gott den menschen und den tieren die pflanzen
wir hören also nicht, dass er dem menschen das tier und den tieren
die tiere zur nahrung verordnet habe.

aus diesem verschweigen geht hervor:
dass gott der schöpfer gerade das nicht getan habe.

die mensch und tier von gott dem schöpfer zugewiesene kost ist -
ob uns das durchführbar und lustig deucht oder nicht -
die vegetarische kost.

hier wird es sichtbar: die dem menschen übertragene hoheit
über das tier ist keine herrschaft über leben und tod;
sie ist keine blutgerichtshoheit.

und auch den tieren selbst und unter sich
ist diese gewalt von gott dem schöpfer nicht gegeben.
wo diese gewalt von mensch und tier gebraucht wird,
da wird sie, von ihrer schöpfung her gesehen,
illegitim gebraucht.

quelle: die kirchliche dogmatik - lehre von der schöpfung

(karl barth, 1886-1968)


www.heiligenlexikon.de/BiographienK/Karl_Barth.html

karl barth war ein schweizer evangelisch-reformierter theologe.
er gilt im bereich der europäischen evangelischen kirchen
aufgrund seines theologischen gesamtwerks
als „kirchenvater des 20. jahrhunderts“

 

kampf für versöhnung, gegen restauration und aufrüstung nach 1945

anfang 1945 wurde barth mitglied im „nationalkomitee freies deutschland“,
in dem antifaschisten, sozialdemokraten und exilkommunisten
eine freie sozialistische neuordnung für ganz deutschland konzipierten.

er setzte sich für die umfassende versöhnung mit den deutschen ein
und beschrieb in „die deutschen und wir“ gottes stellung
zu diesem volk mit den worten:
„her zu mir, ihr unsympathischen, ihr bösen hitlerbuben und -mädchen,
ihr brutalen ss-soldaten, ihr üblen gestaposchurken,
ihr traurigen kompromissler und kollaborationisten,
ihr herdenmenschen alle,
die ihr nun so lange geduldig und dumm
hinter eurem sogenannten führer hergelaufen seid!
her zu mir, ihr schuldigen und mitschuldigen,
denen nun widerfährt und widerfahren muss,
was eure taten wert sind! her zu mir, ich kenne euch wohl.

ich frage aber nicht, wer ihr seid und was ihr getan habt;
ich sehe nur, dass ihr am ende seid und wohl oder übel
von vorne anfangen müsst;
ich will euch erquicken, gerade mit euch will ich
jetzt vom nullpunkt her neu anfangen!“

so bekämpfte barth in der nachkriegszeit rache und hass
und warb für eine christliche solidarität mit den besiegten deutschen.


im „darmstädter wort“ von 1947 bezeichnete barth den marxismus
als legitime erinnerung der christen an die auferstehung der toten
und die diesseitigkeit des „reiches gottes“.

nun bekämpfte er energisch den christlichen antikommunismus
im aufkommenden kalten krieg und hielt am ziel
eines gesamtdeutschen demokratischen sozialismus fest.

 

 

 

 

 

blog 0192 - heilige kühe

26.03.2015 08:19

hinduismus und vegetarismus in indien

kleine vögel und eichhörnchen und anderes kleingetier,
das wir im abendland als „wild“ bezeichnen, sind in indien so zahm,
dass sie die nähe des menschen niemals scheuen.

im buddhismus und hinduismus gilt das gebot
des „nicht-tötens“ oder „nicht-schädigens“,
nicht bloss gegenüber den menschen,
sondern auch gegenüber den tieren.

das ahimsa-gebot stehe höher als das christliche liebesgebot.
im hinduismus gelten alle lebewesen ohne ausnahme,
nicht als blosse sachen oder maschinen,
mit denen der mensch nach willkür schalten kann.

in seinem buch „bekenntnisse des hinduismus“ erklärt vivckananda:
„zwischen mir und dem kleinsten tier liegt der unterschied
nur in der erscheinungsform, im prinzip sind wir das gleiche,
das tier ist mein bruder und besitzt die gleiche seele wie ich.
dieser gedanke der gleichheit ist der grösste, den indien lehrte.
das wort von der bruderschaft des menschen wird in indien
zum gedanken der universalen verbrüderung alles lebens,
aller lebewesen bis herunter zum winzigsten tierchen“

in seinem buch „sadhana. der weg zur vollendung“ weist tagore
auf die grosse naturverbundenheit der inder hin
und auf ihr streben nach harmonie mit dem unendlichen:
„dies ist der grund, warum in indien ein ganzes volk,
das sich einst von fleisch nährte, diese nahrung aufgab,
aus dem gefühl der liebe zu allem lebenden - eine tatsache,
die einzig dasteht in der geschichte der menschheit.“

aus diesem grund ist das grosse indien zum beispiel
ein land der „heiligen kühe“ geworden.

gandhi: „das eigentliche wesen des hinduismus
besteht in der beschützung der kuh.
die beschützung der kuh ist für mich
eine der wunderbarsten erscheinungen
in der entwicklung der menschheit.
sie führt den menschen über die grenzen seiner art hinaus.
die kuh bedeutet für mich die ganze nichtmenschliche welt.

der mensch wird durch die kuh dazu geführt,
sein eins- und gleichsein mit allem, was da lebt, anzuerkennen.

warum die kuh zur verehrung ausgewählt wurde, ist mir durchaus klar.
die kuh war in indien immer der beste gefährte des menschen.
sie war der spender allen reichtums.
nicht nur gab sie milch, sondern ermöglichte den ackerbau.
die kuh ist ein gedicht des mitleids.
man liest mitleid in diesem sanften tier.
sie ist die mutter von millionen der indischen menschen.
beschützung der kuh bedeutet beschützung der ganzen kreatur gottes“

bei dieser gelegenheit sei der bekannte vorschlag erwähnt,
die inder sollten erst einmal ihre heiligen kühe schlachten,
dann hätten sie für lange zeit genug zu essen.
dieser vorschlag ist nicht nur pietätlos, sondern auch töricht:
würde man nämlich in indien sämtliche kühe schlachten,
könnten sich, wie fachleute berechnet haben,
die inder genau eineinhalb tage satt essen
und dann finge das hungern abermals an.

die hindus empfinden gegen das schlachten von tieren
zum zweck der ernährung den heftigsten widerwillen.
ja, in weiten bezirken indiens ist alles tierische leben
vor verfolgung durch den menschen so gut wie sicher.

allerdings findet man unmittelbar daneben
auch eine gleichgültigkeit, die sich um die tiere,
wenn sie leiden müssen, nicht immer kümmert:
eine folge der abstumpfenden armut.

gandhi jedenfalls war auch in der tierliebe
und im vegetarismus ein vorbild in indien.
er sagte, wer seine ernährung auf tiermord aufbaue,
habe mängel in der feinfühligkeit des gewissens
und verbaue sich die höchsten möglichkeiten innerer entfaltung.

(günther stolzenberg)

 

 

blog 0182 - das einzige raubtier

24.03.2015 04:40

irgendwann einmal war der mensch so lange mensch, dass es ihm auffiel.
von da ab fühlte er sich als ausnahmefall der natur.
er wünschte, nicht länger tier zu sein.
allein unter allen gewachsenen und gewordenen wollte er erschaffen sein.

die geschichte der religionen ist, so kann man's betrachten,
eine historie der menschlichen überheblichkeit.

die dämonen der primitiven sowie der zivilisierten spiegeln diesen hochmut.
dann gibt es götter, sie werden zu bürgen des wachsenden grössenwahns.

als monotheist fühlt der mensch sich
als unumschränkter monarch aller tierwelt.

die laut gepriesene allmacht der götter und gar des gottes war,
was immer sie sonst sein mag, jedenfalls eine moralische rückendeckung,
die dem zweibeinigen feigling manche gemeinheit erlaubte.

wie mir gott, so ich dir tier:
eine fest eingelernte, schlimme algebra des gewissens.

es mag umstritten bleiben, ob wir uns tiersklaven
zuerst als sakrale alibis hielten oder um des nutzens willen;
immer gingen schliesslich utilitarismus und religiosität den gleichen weg.
der mensch sicherte sich und erhöhte sich zugleich
gegenüber allen mit geschöpfen.

angefangen hat es mit hund und pferd, den jagdhelfern.
bequemer als nahrung und kleidung zu erkämpfen,
war es dann freilich, wenn man die fleissigen erzeuger
zu hause in ställen auffütterte und zu emsiger ergiebigkeit anhielt.
so wurden rind, schaf, huhn und schwein lebendige vorratskammern.

endlich, lange nach den tragenden, jagenden, wachenden,
milchenden, wolligen und eier legenden tieren,
erscheint als spätester unserer gefährten die katze.

die katze als einzige ist offenbar nicht allein
um eines nutzens willen unterworfen worden.
aber eigentlich ist sie überhaupt nie unterworfen worden.

als einziges raubtier hat sie sich zur gemeinschaft
mit den menschen herbeigelassen.
keinesfalls verdankt sie ihre zugehörigkeit
zum menschenhaus der mäusejagd.

(axel eggebrecht, 1899-1991)

aus dem buch: katzen
stuffer, berlin 1927
vom autor rev. neuausgabe, arche, zürich 1967


siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0175-baby/

www.dieratten.net/news/blog-0169-suche-nach-extremen/

 

 

blog 0181 - das tier im kind

22.03.2015 08:22

kinder und tiere begegnen sich auf der gemeinsamen grundlage
verwandter triebe und neigungen:
beide sind in hohem masse liebebedürftig
und auf spielerisches üben ihrer kräfte
oder erkunden ihrer umwelt angelegt.

auch da, wo das kind durch seine fähigkeit zur wortsprache
dem tier schon überlegen ist,
bleibt es in einem bereich,
der dem höher entwickelten tier zugänglich ist.

seine sprache ist noch so von emotionalität geprägt,
dass die zum ausdruck gebrachten empfindungen
von vielen tieren verstanden werden.

dieser sachverhalt wird von heini hediger so beschrieben:
das kind steht dem tier - vor allem gefühlsmässig -
näher als der erwachsene
und löst daher beim tier auch ein anderes verhalten aus.
deswegen darf sich ein kind mit tieren zuweilen dinge erlauben,
bei deren anblick dem erwachsenen oft unheimlich zumute wird.

(gotthard m. teutsch, 1918-2009)

siehe auch

www.dieratten.net/news/blog-0113-koharenz/

www.dieratten.net/news/blog-0084-tierbefreiung/

www.dieratten.net/news/blog-0079-na-toll/

 

 

blog 0180 - mahnung

19.03.2015 06:27

wahrscheinlich wird tieren
aus gedankenlosigkeit und unkenntnis
mehr zuleide getan als aus bösem willen.

und das ist die ursache, weshalb auch solche,
die ein mensch hegt und für glücklich hält,
doch in ihrem wesen verbogen werden können,
und ihre besten eigenschaften verkümmern
durch eine ganz verständnislose, falsche behandlung.

was alles darf der verwöhnte hund nicht,
es ist „pfui“ und ist doch das,
was zu seinem wesen gehört!

das verzärtelte, überfütterte haustier
ist auch ein objekt der tierquälerei,
es ist ein symbol für die vielen wesen,
die man zu lieben glaubt
und in wahrheit um alles betrügt,
was ihnen notwendig wäre: ihre freiheit,
die art der behandlung, die ihnen zukäme,
ja sogar vielleicht den tod, der ihnen bestimmt war.

(julie schlosser, 1883-1965)

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-66-gesetz/

www.dieratten.net/news/blog-177-barmherzigkeit/

 

 

blog 0179 - ausfegen

18.03.2015 08:34

ich halte es für einen furchtbaren irrtum der christlichen kirche,
allein den menschen in den mittelpunkt ihrer heilslehre zu stellen,
die tiere hingegen nicht in diese sicht einzubeziehen.

leider gibt es in der katholischen kirche immer noch viele,
die tiere für schmutzig und böse halten und ihnen die seele absprechen.
aber die tiere sind gottes geschöpfe wie wir.
in allem, was existiert, ist die spur, ist der gedanke gottes.

alles, was im stierkampf stirbt, ist zum fegefeuer verdammt.
heute fragen sich viele, die vehement gegen den stierkampf kämpfen,
was die kirche gegen diese schande unternommen hat.
alle, die am stierkampf teilnehmen, sei es als akteur oder zuschauer,
sollten exkommuniziert werden.

zeitung diario 16, vom 5.6.1989

(mario canciani 1928-2007)

mario canciani
ital. kath. priester in rom
berater der kongregation für den klerus des vatikans
vegetarier 

 

 

blog 178 - heuss aktuell

14.03.2015 07:36

die jägerei ist eine nebenform menschlicher geisteskrankheit.

eine der blamabelsten angelegenheiten
der menschlichen entwicklung ist es,
dass das wort „tierschutz“ überhaupt geschaffen werden musste.

je früher unsere jugend von sich aus
jede rohheit gegen tiere als verwerflich anzusehen lernt,
je mehr sie darauf achtet,
dass aus spiel und umgang mit tieren nicht quälerei wird,
desto klarer wird auch später ihr unterscheidungsvermögen werden,
was in der welt der grossen recht und unrecht ist.

(theodor heuss, 1884-1963)

www.hdg.de/lemo/biografie/theodor-heuss.html

erster bundespräsident 1949-1959
friedenspreis des deutschen buchhandels 1959

als buchautor war heuss von der bücherverbrennung
1933 in deutschland selbst betroffen,
da auch 3 werke von ihm indiziert und verbrannt wurden,
darunter „hitlers weg“ (1932). 

als neu gewählter bundespräsident wollte heuss
eine neue nationalhymne für die bundesrepublik durchsetzen,
was jedoch von adenauer verhindert wurde.
das alte deutschlandlied, argumentierte heuss,
sei infolge des missbrauchs durch die nazis
für die neue demokratie nicht mehr tragbar. 

eine dritte amtszeit, die eine änderung des grundgesetzes
erforderlich gemacht hätte, lehnte er 1959 ab.

heuss war seit 1908 mit elly heuss-knapp verheiratet.
die beiden wurden von albert schweitzer getraut,
mit dem seine frau gut befreundet war.

1952 übernahm er das protektorat
über die schutzgemeinschaft deutscher wald (sdw)
und brachte damit nicht nur als staatsmann,
sondern auch als privatperson seine verbundenheit
mit dem wald zum ausdruck.

heuss liebte es, seine reden selbst zu schreiben;
er beschäftigte keinen redenschreiber

 

 

blog 177 - barmherzigkeit

13.03.2015 09:07

sentimentalität hat keinen wert
gegenüber den leiden aller wesen auf erden,
auch nicht ein mitleid,
das nur eine tarnung schwacher nerven ist,
die „kein leiden sehen können“.

barmherzigkeit ist etwas völlig anderes.
und sie sagt uns, dass, wo wir nicht wissen,
ob ein geschöpf leidet,
wir eben auch nicht wissen, dass es nicht leidet.

so könnte man auch denken von dem vielen kleingetier,
das zum vergnügen von kindern gefangen und verkauft wird:
salamandern, fischen für das glas, meerschweinchen,
fröschen, kleinen schildkröten, weissen mäusen,
die oft ein erbärmliches leben haben, bis sie eingehen.

schmetterlinge, die der sammler fängt, leiden nur kurz,
schlimm sind dagegen die käfer dran,
die in winzige schachteln oder in kindertaschen gestopft werden.

niemand könnte sagen, was sie dabei erleben.

schon eher ahnt man etwas davon
bei den ziemlich hoch entwickelten krebsen,
die zu fangen und zu essen als ein besonderes vergnügen gilt.
ob sie nun in kaltem oder heißem wasser aufs feuer kommen,
in jedem fall werden sie lebendig gekocht oder doch verbrüht.

wer tiere kennt und liebt - die in not wie die in heiterkeit ,
und wer mit ihnen fühlt, der erträgt es nicht mehr,
immer und überall nur vom menschen,
seiner einzigkeit, seiner würde, seinen zielen, seiner bedrängnis,
seiner sünde, seiner gottverlassenheit oder gottverbundenheit,
seiner unsterblichkeit und dem sinn seines lebens zu hören.

es freut ihn nicht, es tut ihm weh, wenn er wieder und wieder
auf den gedanken trifft, der mensch sei das ziel aller dinge,
der sinn der erde nur er allein.

wer von der liebe zu den anderen wesen gepackt ist.
geht manchmal durch eine hölle.

aber er will auch gar nicht selig sein
und die kreatur, die mit ihm und oft durch ihn gelitten hat,
sich selbst überlassen.

aus jedem paradies würde er ausbrechen,
solange er von einem leid ohne sinn und trost wüsste.

(julie schlosser, 1883-1965)

    

siehe auch:

https://www.dieratten.net/news/blog-66-gesetz/

 

 

blog 176 - frieren

12.03.2015 09:42

hauch das thermometer an,
wenn du frierst.

ich ahnte bald,
dass sie nicht lebten.
nein, sie lebten nicht.
die erwachsenen.
sie spielten mir vor,
dass sie lebten.
sie spielten mir das leben vor.
es war ein gefährliches spiel.

(werner sprenger)

 

 

blog 0175 - baby

11.03.2015 06:51

blind wurde die kleine katze vor fünf wochen geboren.

mit erstaunten augen und laut brüllend
erschien vor ebenso vielen monaten das baby.

jetzt liegen sie nebeneinander auf einem rissigen holztisch
in der pressenden hitze der julisonne.

die runde, wärmesichere katze ist durchaus in der welt zuhause,
in die das missvergnügte, peinlich glatte menschlein sich ausgesetzt fühlt.
es ist noch gar nicht imstande, die exilgenossin zu besehen,
geschweige denn zu greifen.

die aber, nach ein paar knickerigen kriechschritten, macht halt,
der unsympathische geruch und die hastigen bewegungen
dieses nackten dinges da warnen vor näherer bekanntschaft.

mit vor entrüstung wild zitternden beinchen macht sie kehrt.

da wirft in einer plötzlichen aufwallung das sonnengekitzelte baby
arme und beine um sich und kreischt los
in der gleichen schwindelhaften ekstase,
mit der es dreissig jahre später gott, krieg, gerechtigkeit predigen
oder partnern ein zweifelhaftes geschäft einreden wird.

die vernünftige kleine katze zuckt zusammen,
schliesst nervös die augen, ganz und gar unverständlich
ist ihr der blödsinn eines geschöpfs, das die natürliche,
verwandte wärme für einen grund zu derartiger aufregung hält.

mit solchen hysterikern also wird man sich herumschlagen müssen,
gut kann das werden.

aber das weissliche junge eines geschlechts von pessimisten,
offenbar in die welt gekommen mit der erwartung zu frieren,
hält die sonne für einen würdigen anlass, zum ersten male
den dieser tierart einzig eigentümlichen ausdruck zu produzieren:
das pathos.

tief beseligt steht die mutter dabei
und ohne sich vor der kleinen katze zu schämen.

(axel eggebrecht, 1899-1991)

aus dem buch: katzen
stuffer, berlin 1927
vom autor rev. neuausgabe, arche, zürich 1967

siehe auch:
www.dieratten.net/news/blog-0169-suche-nach-extremen/

 

 

blog 0174 - tönnies-tag - für adrienne

07.03.2015 06:42

du gehst als einzelkämpferin den unbequemen weg.
bringst dich dafür ein, unterdrückte, ausgebeutete
oder bestimmte minderheiten zu unterstützen.

du rechnest damit, verbal oder körperlich angegriffen zu werden.
mit einer gewalt,
die von von der masse als gerechtfertigt angesehen wird.

du rechnest damit, von der breiten masse verlacht zu werden.
mit einem lachen,
hinter dem sich die fratze der ignoranz verbirgt.

du rechnest damit, ignorert  oder verachtet zu werden.
mit einer kälte,
die der eigenen geisteshaltung schwer zusetzen kann. 

solange jedoch die missbrauchten dein tun unterstützen -
so sie es überhaupt könnten -
wirst du getragen von deiner geisteshaltung.
solange ist dein unbequemer weg genau der richtige.

(ratte werner)

 

 

blog 0173 - vor der mahnwache tönnies

06.03.2015 09:24

auch das entseelte und tote tier isst niemand so,
wie es ist,
sondern muss erst gesotten, gebraten,
durch feuer und gewürze verwandelt
und der mord durch tausenderlei brühen
versteckt und vermischt werden,
damit der getäuschte geschmack
das widernatürliche
ohne widerwillen annehme
.

(pluatarch, 50-120)
griechischer philosoph und schriftsteller

 

de.wikipedia.org/wiki/Plutarch

 

 

 

blog 0172 - meine tränen

04.03.2015 20:53

eine alte dame setzt sich in ein café.

die kellnerin bringt ihr die menü-karte und fragt nach,
was sie denn bestellen möchte.

die alte dame fragt „wie teuer ist bei ihnen ein stück von der torte“?
die kellnerin antwortet „3 euro“.
die gebrechliche alte dame holt einige münzen aus ihrer tasche
und beginnt langsam zu zählen.

dann fragt sie wieder
„und wie teuer ist bei ihnen ein einfaches stück kuchen?“
die kellnerin war etwas gestresst,
da sie ja noch viele tische bedienen musste
und antwortete sehr ungeduldig: „2 euro“.

„das ist gut, dann nehme ich gerne den einfachen kuchen."

die kellnerin brachte ihr genervt den kuchen
und legte gleich die rechnung hin.
„immer diese geizigen leute“, murmelte sie leise vor sich hin.

die alte dame ass ganz langsam und genussvoll den kuchen,
stand langsam auf, legte das geld auf den tisch und ging.

als die kellnerin nun den tisch aufräumen wollte, stellte sie fest,
dass die alte zerbrechliche dame ihr 1 euro trinkgeld hingelegt hat.
sie bekam vor rührung tränen in die augen.
aber es war zu spät um sich bei der alten dame zu entschuldigen.

(dominic klug)
 

www.udojuergens.de/lied/dann-kann-es-sein-dass-ein-mann-auch-mal-weint
(text: joachim fuchsberger)

 

 

blog 0171 - tierversuch am eigenen hund

03.03.2015 06:23

george bernhard shaw schrieb in seiner vorrede zu dem stück
„der arzt am scheideweg“ wie folgt:
„keine regierung spricht das streben nach wissen
von allen gesellschaftlichen bedingungen frei,
ebensowenig wie das streben nach leben,
freiheit oder glück von solchen bedingungen freispricht.

keinem menschen wird erlaubt, seine mutter in den ofen zu stecken,
weil er wissen möchte, wie lange eine erwachsene frau
eine temperatur von 500 grad fahrenheit überleben kann,
einerlei, wie wichtig oder interessant diese besondere vermehrung
des schatzes menschlichen wissens auch sein mag.

mit einem menschen, der das täte, würde kurzer prozess gemacht werden,
nicht nur mit seinem recht auf wissen, sondern mit seinem recht auf leben
und gleichzeitig mit all seinen anderen rechten.

das recht auf wissen ist nicht das einzige recht,
und seine ausübung muss, unter hinsicht auf diese anderen rechte
und auf die ausübung dieses rechtes selbst,
von anderen menschen begrenzt werden.

wenn ein mensch die gesellschaft fragt:
'darf ich meine mutter in dem streben nach wissen martern?',
antwortet die gesellschaft: 'nein'.

wenn er erklärt: 'was, nicht einmal dann,
wenn ich die gelegenheit hätte, zu erfahren,
wie man dadurch den krebs heilen könnte?',
antwortet die gesellschaft noch immer: 'nicht einmal dann.'

wenn der wissenschaftler seine enttäuschung,
so gut er kann, zu ertragen sucht und weiter fragt,
ob er einen hund martern dürfe,
werden dumme und gefühllose menschen,
denen nicht klar ist, dass ein hund ein mitgeschöpf
und manchmal ein guter freund ist, vielleicht ja sagen,
obgleich shakespeare, dr. johnson und ihresgleichen
vielleicht nein sagen würden.

aber selbst die, welche sagen: 'du darfst einen hund martern',
sagen niemals: 'du darfst meinen hund martern',
und niemand sagt: 'ja, weil du in der verfolgung
der wissenschaft tun darfst, was dir gefällt.'

während die dümmsten menschen eigentlich sagen:
'wenn du das wissen nicht erlangen kannst,
ohne deine mutter zu verbrennen,
musst du auf das wissen verzichten',
sagen die weisen menschen:
'wenn du das wissen nicht erlangen kannst,
ohne einen hund zu martern,
musst du auf das wissen verzichten.'

(george bernhard shaw, 1856-1950)

vivisektionsgegner, radikaler gegner von tierversuchen

sein viel zu früher tod:
im alter von 94 jahren stürzte bernhard shaw
beim pflaumenpflücken von einer leiter
und starb in der folge an einem nierenversagen.

 

 

blog 0170 - begegnung

02.03.2015 08:54

den schwarzlockigen pudel
an der leine führend
kommt sie mir entgegen
mit rundrosigem gesicht
grauem haar
die kleine füllige figur
resolut gegen den tag stemmend

stellt dann
ohne mein freudig überraschtes
gesicht zu beachten
die einkaufstasche aufs pflaster
greift nach meinem arm
als wolle ich an ihr vorübergehen
und schreit mir ins gesicht
ein taugenichts sei ich
kenne nicht mal mehr
die alte freundin der mutter

und was für ein netter junge
ich gewesen sei

wenn die mutter das sähe
grämen würde die sich
die arme frau

wie die sich geopfert habe
für das studium
ein akademiker wolle das sein
trage ihr nicht mal
die tasche über die kreuzung

schreckliche zeiten
ja
wenn die mutter das erleben müsste ...

und geht mürrisch weiter

(karl taefler)

 


www.gelsenkirchener-geschichten.de/wiki/Karl_Taefler

 

 

blog 0169 - suche nach extremen

01.03.2015 06:14

die katze ist eine anarchische aristokratin
mit gesundem proletarischen elan vital.

sie hat etwas von allen extremen menschlicher ideale in ihrem wesen,
sie hat die natürliche formvollendung,
die uns verloren ging
und die wir in allen unseren extremen wieder suchen.

(axel eggebrecht, 1899-1991)

  

kurt tucholsky – rezensionen:

da ist ein entzückendes kleines buch erschienen,
zu dem man einmal aus ganzem herzen ja sagen kann:
„katzen“ von axel eggebrecht
es ist das höchste kompliment,
das ich dem verfasser machen kann,
wenn ich es ganz nahe an alfred polgar heranrücke.


loomings-jay.blogspot.de/2011/07/axel-eggebrecht.html

 

der schriftsteller und rundfunktredakteur axel eggebrecht
wuchs in gutbürgerlicher umgebung auf
und meldete sich 1917 als kriegsfreiwilliger zur teilnahme am ersten weltkrieg,
wo er schwere verwundungen erlitt, deren nachwirkungen ihn zeitlebens verfolgten.

unentschlossen wechselte er politisch von rechts nach links,
gehörte nach dem krieg zunächst nationalistischen verbänden an
und war von 1920 bis 1925 mitglied der kpd,
hielt sich 1923/1924 zweimal in moskau auf,
kehrte aber vom bolschewismus enttäuscht nach berlin zurück.

1925 begann seine mitarbeit als filmdramaturg und regieassistent bei der ufa
und als filmkritiker beim berliner tageblatt,
ausserdem schrieb eggebrecht als freier schriftsteller in der literarischen welt.
in berlin gehörte er zu den bewohnern der künstlerkolonie berlin.

1933 war eggebrecht für einige monate im kz hainewalde inhaftiert.

nach ende des zweiten weltkrieges, im juni 1945,
holten britische besatzungsoffiziere eggebrecht ins funkhaus
des vormaligen reichssenders hamburg.

so gehörte eggebrecht zu den mitbegründern des nwdr. und war dort abteilungsleiter.

1963 bis 1965 berichtete er über den auschwitz-prozess in frankfurt am main.

er schrieb gedichte, romane, hörspiele, filme und essays, u.a. 1967 „katzen“.

 

 

 

blog 0168 - club of rome

27.02.2015 07:56

der beschämendste aspekt in dieser ganzen geschichte
sind unsere beziehungen zu den anderen arten,
die uns bislang auf unserem weg begleitet haben.

zu unserer biologischen existenz brauchen wir
eine ganze reihe von ihnen.

alle arten sind aber wichtig, selbst die,
deren nützlichkeit wir noch nicht entdeckt haben;
und von bedeutung ist auch das ökosystem,
das sie in ihrer gesamtheit bilden,
obwohl wir von der tiefen verbundenheit
und dem charakter der abhängigkeit
noch kaum eine ahnung haben.

wir sind rücksichtslos und verrückt,
dass wir so grosse, irreparable schäden
bei den anderen formen des lebens anrichten,
und einzig ein wahnsinniger,
wilder tyrann wäre in der lage,
ähnliches zu leisten.

(aurelio peccei, 1908-1984)


de.wikipedia.org/wiki/Aurelio_Peccei

ital. industrieller, mitbegründer des club of rome (1968)

während des zweiten weltkrieges schloss sich aurelio peccei
der partisanengruppe giustizia e libertà (dt. gerechtigkeit und freiheit) an.

aufgrund seiner zugehörigkeit zur antifaschistischen bewegung
wurde peccei im februar 1943 inhaftiert und erst 25 monate später befreit.

nach ende des krieges wurde er 1946 zum mitbegründer von alitalia.

er hatte im laufe seines lebens noch diverse einflussreiche positionen
in italienischen und internationalen firmen und institutionen inne.

besondere aufmerksamkeit wird seinem leben aufgrund der tatsache zuteil,
dass er gemeinsam mit alexander king 1968 den club of rome gegründet hat.
die publikationen dieses vereins - hervorzuheben ist die studie
zur zukunft der weltwirtschaft die grenzen des wachstums -
erregten auch aufgrund ihrer negativen prognosen weltweites interesse.

 

 

blog 0167 - von der leber

26.02.2015 08:44

leber getrüffelt ...

wir waren die gänse vom kapitol,
gerühmt, geachtet, verehrt.
heut' sind wir ein delikatessensymbol
und nur von schlemmern begehrt.

mit stolz und mit freude hielten wir wacht,
gerühmt, geachtet, verehrt.
jetzt schwillt unsre leber, der schmerz wird verlacht,
der magen beim stopfen versehrt.

einst trugen wir federn in glänzender pracht,
wir wurden bewundert, verehrt.
wer gibt nun auf unser schreien acht,
wenn die hand an den daunen zerrt?

man öffnet uns zwar brutal den schnabel,
doch im hals bleibt das klagen stecken.
was sind wir schliesslich auf eurer gabel?
leber getrüffelt, gestopft ums verrecken.

(lislott pfaff, *1931) schweizerische schriftstellerin, übersetzerin

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0059-ubertriebene-ethik/

 

 

blog 0166 - tierliebe

25.02.2015 06:03

tierliebe ist eine meist als fragwürdig oder
zumindest als schrullig dargestellte eigenschaft,
die insbesondere von deutschen beansprucht
und die ihnen in dieser eingeschränkten weise
auch bereitwillig zugestanden wird.

in der wissenschaftlichen literatur wird das thema tierliebe kaum behandelt.

ist tierliebe eine einstellung, die auf einer liebe zum tier um des tieres willen,
also einer selbstlosen liebe zu allen tieren ohne ansehen ihrer art beruht,
dann ist tierliebe ziemlich selten.

die mehrzahl der tierfreunde sind freunde einer bestimmten art,
die tierliebe schrumpft bei näherem hinsehen zur hunde- oder katzenliebe,
die deswegen nicht schlecht gemacht werden soll,
aber dem anspruch der tierliebe nicht genügt.

auch wer seine eigenen kinder liebt,
ist deswegen noch kein menschenfreund.

nicht selten sind hundefreunde gleichzeitig katzenfeinde und umgekehrt;
auch vogelfreunde sind aus verständlichen gründen
auf katzen nicht gut zu sprechen.

alles in allem: tierfreunden und tierschützern fehlt es oft
an der nötigen kohärenz ihrer einstellung.

voraussetzung einer umfassenden tierliebe ist sicher
die bei mensch und tier ähnliche gefühlsausstattung emotümalität,
die es den wirbeltieren, mindestens aber den säugetieren ermöglicht,
auf die gefühlsmässige zuwendung des menschen
in emotional bestimmter weise zu reagieren.

zu nicht-wirbeltieren kann der mensch
wahrscheinlich nur einseitige beziehungen aufnehmen,
die jedoch keineswegs belanglos sein müssen.

unter extremen bedingungen kann das bescheidenste lebewesen
zum partner oder doch zum symbol eines partners werden.

auf dem hintergrund der emotionsfähigkeit der säugetiere
spielen für die tierliebe auch andere motivationen ein rolle,
etwa wenn kinder sich ein tier wünschen,
wenn man sich einsam fühlt oder
weil man in der denaturierten und von konkurrenz beherrschten welt
„eine emotionale entlastung in liebe und gegenliebe zu finden“ hofft.
auch zwischenmenschliche enttäuschung und verbitterung
kann den menschen an das tier verweisen.

das fazit von baumann und fink fällt entsprechend aus:
„machen wir uns nichts vor, mit selbstloser zuneigung
zur hilflosen kreatur hat unsere vermeintliche tierliebe wenig zu tun.“

wenn dann noch menschlicher egoismus und mangelnde einsicht
in die artspezifischen bedürfnisse der tiere
in die beziehung und haltung miteinfliessen,
kann diese tierliebe durchaus tierquälerische folgen haben,
etwa für einen wellensittich, der bewusst einzeln gehalten wird,
damit er in seiner isolierung auf seinen partner angewiesen ist.

mit anderen worten, die tiere werden so gehalten,
dass man möglichst viel von ihnen hat,
was die tiere an uns haben, ist eine ganz andere frage.

so wird unsere tierliebe in hohem masse von selbstliebe bestimmt.

dass diese art von tierliebe dann auch auf manche
verbände und publikationen durchschlägt, kann niemand wundern.

dass es bei dieser negativ beurteilten sogenannten tierliebe
auch eine uneingeschränkt positiv zu bewertende liebe
zu den mitgeschöpfen gibt, ist unbestritten
und um so unanfechtbarer, je selbstloser sie sich
als praktische humanität und solidarität bewährt.

 (gotthart m. teutsch, 1918-2009, tierschutzethik)

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0122-verhaltnis-zum-verhalten/

www.dieratten.net/news/blog-0113-koharenz/

www.dieratten.net/news/blog-0084-tierbefreiung/

www.dieratten.net/news/blog-0079-na-toll/

 

 

blog 0165 - ohnmächtiges schweigen

23.02.2015 10:24

für wen ist dein schweigen gold?

da hatte er,
plötzlich,
die gelegenheit,
allen alles zu sagen.

und da hatte er,
plötzlich,
ja gar nichts zu sagen.

denn zu lange hatte er
keine gelegenheit,
etwas zu sagen.

und dies ist die moral
von dem gedicht:

weil wir so oft nichts sagen,
haben wir so oft nichts zu sagen.

und das wissen die,
und damit rechnen sie,
die, die das sagen haben.

auch dein schweigen ist gold,
gold für die mächtigen.

(werner sprenger)

 

 

 

blog 0164 - strohhalm klammern

21.02.2015 07:10

ein landwirt in einem kleinen dorf nahe der weser
beobachtete von seinem schlafzimmerfenster aus
an mehreren abenden, wie zwei ratten
hintereinander den hof überquerten.

er legte sich auf die lauer,
um die störenfriede zu beseitigen,
war aber zunächst nicht erfolgreich.

erst als er gemerkt hatte,
dass er sich im windschatten der tiere verstecken musste,
gelang es ihm, die vordere der beiden ratten
mit einem knüppel zu erschlagen.

zu seinem erstaunen blieb die zweite einfach liegen
und liess sich ohne widerstand überwältigen.

als er sie untersuchte, stellte er fest,
dass sie gar keine augen hatte,
dafür aber einen strohhalm im maul.

offensichtlich wurde sie
von der ersten daran über den hof geführt.

(beate h.)

 

 

blog 0163 - wolf und hexe

20.02.2015 07:23

im sommer greift der canis lupus die schafherden auf den almen an.
auf diese weise sterben jährlich tausend schafe
unter den fangzähnen der wölfe - nichts im vergleich mit den schäden,
die die streunenden hunde anrichten.

diese angriffe wurden früher von den schäfern und ihren hunden
und durch einpferchen in der nacht verhindert.
aber die weltweite konkurrenz zwingt die züchter,
ihre produktionskosten unter kontrolle zu halten,
um angesichts von fleischimporten wettbewerbsfähig zu bleiben,
und ihre herden daher allein im gebirge herumirren zu lassen,
wo der wolf sich sein territorium erobert hat.

sollte die furcht vor dem wolf europa bei der gurgel packen?
vielleicht handelt es sich ja auch bloss um eine französische krankheit.
in italien und spanien (wo etwa 2000 wölfe gezählt worden sind)
verhütet die anwesenheit von schäfern mit ihren hunden
verluste in den herden.

seit langem lebt der canis lupus dort in einträchtiger gemeinschaft
mit dem menschen, dem bären, den schafen und vielen anderen tierarten.

zufall? die wölfe und die ungezähmten frauen haben den gleichen ruf.
laut clarissa pinkola estes weist die geschichte der wölfe
hinsichtlich leidenschaftlichkeit und mühsal
merkwürdige ähnlichkeiten mit derjenigen der frauen auf.
wölfe und frauen haben gewisse psychische eigenschaften gemeinsam:
geschärfte sinne, spieltrieb und eine extreme fähigkeit zur aufopferung.

vor allem aber wird gegen frauen und wölfe die gleiche feindselige gewalt,
ergebnis ein und desselben missverständnisses, ausgeübt.

als sirenen oder hexen wurden sie bestraft für ihr ursprüngliches,
unverfälschtes, wesensmässiges verhältnis zur natur.
man wollte ihre verschüttete erinnerung an den garten eden verstümmeln,
an den die schönheit und der verlust manchmal merkwürdige erinnerungen
und machtvolle intuitionen wachrufen.

manche sind verbrannt, andere verbannt worden.
wieder bei anderen streckt und schüttelt sich ihr schatten,
wenn sie im mondlicht laufen, wie der einer wölfin.
das sind jene, die ungehemmt lachen und lieben, gebären und erschaffen,
sich an ihren formen freuen und an dem warmen blut,
das aus ihren körpern strömt;
und die instinktiv die heilkräfte eines jeden krauts
und das gift der früchte kennen.

es sind jene, die die cantadoras amerikas besingen,
die frau, die am ende der zeit lebt“ oder
die frau, die am rand der welt lebt.

diese frau, diese wölfin bleibt freundin und mutter der verirrten,
derer, die wissen wollen, die ein rätsel zu lösen haben,
die durch die wüste oder den wald irren,
auf der suche nach einer antwort, einem zeichen, einer hoffnung.

(helene grimaud, *1969, pianistin, autorin wolfssonate)

www.dieratten.net/news/blog-0041-die-kunst/

www.dieratten.net/news/blog-0129-wolfssonate/

www.dieratten.net/news/blog-0145-baren-dienst/


 

 

blog 0162 - gefährlichstes tier

19.02.2015 07:12

das gefährlichste tier der welt -
so lautet der text einer tafel
in einem zoologischen garten.

dort, wo man dieses tier sucht,
hängt ein spiegel, der die weiteren sätze trägt:
„hier sehen sie das gefährlichste tier der welt.
als einziges von allen tieren, die es je gab,
kann es alle anderen tiergattungen vernichten
und hat es auch schon weitgehend getan.“

zu diesen gefährlichsten tieren gehören
merkwürdigerweise auch die sogenannten christen.
sie schalten die riesengrosse und entsetzliche not
der tierwelt einfach aus ihrem wohlstandsbewusstsein
und ihrer verantwortung vor gott aus
und passen sich den brutalen ausbeutungsmethoden
der gottlosen menschheit in politik und wirtschaft an,
ohne versöhnend mit einer christlichen botschaft
in diese bereiche einzugreifen.

nachdem sie sich ethisch sterilisiert haben
durch den glauben an ein in der vergangenheit
abgeschlossenes erlösungswerk
zur ausschliesslichen rechtfertigung des menschen
für seine gewesenen und künftigen verbrechen
durch das stellvertretende sühnopfer eines opfergottes,
fühlen sie sich nicht bewegt und verpflichtet,
ihre haltung gegenüber den tieren
grundsätzlich und entscheidend zu revidieren,
vielmehr bekämpfen sie an der front der tierfeinde
die geringsten sich regenden gewissensbisse
gegen den tiermord für fleisch-, pelz- und forschungszwecke.

sie rechtfertigen vielmehr alle missetaten an den tieren
durch die irrlehre, dass die tiere keine unsterbliche seele haben
und darum, wenn auch offensichtlich nicht gefühllos,
so doch völlig rechtlos sind,
mithin heiden und christen berechtigt sind,
mit ihnen zu machen, was dem menschen nützlich zu sein scheint,
einschliesslich qual und tod.

denn qual und tod sind bei jagd, fischfang, schlachtung
und vivisektion ganz unvermeidlich.

aber statt sie abzuschaffen oder radikal einzuschränken,
werden die „opfer“ der tiere theologisch und liturgisch „gerechtfertigt“,
erklärt und gefeiert, obgleich die opfer in gar keiner weise
zu diesem opfer bereit sind, sondern ganz einfach
menschlichen kapitalverbrechern zum opfer fallen.

der mensch, auch der christ, ist eben eine bestie,
freilich eine bestie, die sich zu ihrer rechtfertigung
beschönigende philosophien oder theologien ausdenkt.

noch um die mitte des zwanzigsten jahrhunderts
hat ein verantwortlicher vertreter der römisch-katholischen kirche,
der bischof josef machens von hildesheim
in seinem fastenbrief vom 8. 3. 1949 erklärt:
„tiere haben keine geistige seele
und kennen kein fortleben nach dem tode.
darum haben sie aber auch keinerlei würde,
auf die sie rechte bauen könnten.
und in der tat, tiere haben keine rechte.
sie haben keinen anspruch auf dasein und gesundheit,
auf eigentum und guten ruf.“

das ist ein freibrief für alle grossen und kleinen tiermörder,
das ist nicht das längst fällige schuldbekenntnis
zu zweitausend jahren verrat,
das ist die begründung und verewigung des verrats!

dieser fall ist kein einzelfall, sondern die repräsentation
des ungeistes der kirche in dieser frage.

sie ist das ende des evangeliums für alle kreatur,
die untergrabung und ausrottung der möglichkeit
künftiger offenbarung der söhne gottes.

theologische repräsentanten dieser art,
sie mögen bischöfe, professoren oder pfarrer sein,
haben kein recht mehr, das christentum zu vertreten,
weil sie keine ahnung mehr haben
von dem gott des lichtes und dem geist der söhne gottes,
sondern untertanen und diener des satans sind.

hier gilt das wort jesu: hütet euch
vor den pharisäern und schriftgelehrten!

sie sind nur die manager und funktionäre
eines dem weltgeist gleichgeschalteten teufelsrades,
in dem noch alle namenschristen
genau so trunken sind wie zu jesu zeiten.
die entwicklung der menschheit ist eine entsetzliche fehlentwicklung.
die christliche kirche hat nicht die kraft gehabt,
das unheil abzuwenden und die bestie mensch zu zähmen.

sie ist mit der liebe zum tier genauso wenig fertig geworden
wie mit der liebe zum menschen.

(dr. phil. carl anders skriver, 1903-1983)

quelle: der verrat der kirchen an den tieren



siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0150-/

www.dieratten.net/news/blog-0070-hagen-rether-zynisch/

www.dieratten.net/news/blog-0089-tierschutz-in-deutscher-dichtung/

www.dieratten.net/news/blog-0094-uber-gut-und-bose/

 

 

blog 0161 - heute stern

15.02.2015 08:10

heute fällt in der frühe
der stern
mit zittrigem blinzeln
durch den baum
streift lametta über die äste

eine meise pickt eifrig im traum

rasur, bohnenkaffee, brötchen

hebe den stern vor der tür auf
stecke ihn in die aktentasche

befremdet schaut mich der nachbar an
der bus fährt trotzdem nach feuerland

 (karl taefler)

 


www.gelsenkirchener-geschichten.de/wiki/Karl_Taefler

 

 

blog 0160 - schlaf

14.02.2015 10:53

kleiner masthahn
bist du müde?

morgen ist der fünfzigste tag
deines lebens

dann darfst du schlafen

zum ersten
und zum letzten mal

vor der schlachtung

(prof. ingeborg bingener)

 

 

 

 

blog 0159 - ekeltier ratte

13.02.2015 07:49

die ratte - ein „ekeltier“?

der „grösste feind der menschheit“ - in wahrheit:
intelligent, fruchtbar und liebevoll mit vorbildlichem sozialverhalten.

der wissenschaftliche name rattus rattus rattus klingt fast so,
als solle durch ie dreifache wiederholung
ihre „gefährlichkeit“ unterstrichen werden.

es gibt kaum ein zweites tier,
vor dem menschen so viel angst und ekel empfinden.
das „feindbild“, das der mensch sich von der
„schmutzigen, grausamen, bissigen, zerstörenden ratte“ macht, ist falsch.

in wahrheit sind ratten zärtlich zu ihren jungen,
liebevoll zu ihren artgenossen,
putzen sich täglich viele male - öfter als der mensch,
und an ihrem sozialverhalten könnten gerade menschen
sich ein gutes beispiel nehmen.

ratten leben im rudel von 60 bis 200 tieren zusammen.
nur selten gibt es streit.
wenn es ihn gibt, dann wird er nicht mit scharfen zähnen,
sondern nur mit pfotenhieben und stets unblutig ausgetragen.

sie ziehen ihre jungen gemeinsam auf.
wenn eine mutter stirbt, so nehmen sich die anderen der waisen an.
die starken lassen die schwächeren mitessen
und verzichten auf rangordnungen.

fremde werden in der sippe gastfreundlich aufgenommen,
zumal wenn es weibchen oder jungtiere sind.

unerwünschte männchen werden unblutig abgewehrt,
indem mit schreien im ultraschallbereich -
bis zu 60 impulse pro minute -
ihre nerven so lange traktiert werden,
bis sie sich freiwillig trollen.

ratten sind hilfsbereit:
wenn sich die langen schwänze mehrerer tiere
zuweilen so miteinander verschlingen,
dass sie nicht mehr auseinander können
und daher elend verhungern müssten,
so tragen ihnen die anderen ratten der sippe nahrung zu.

allein in diesem jahrhundert ist es dem menschen gelungen,
hunderte von tierarten völlig auszurotten.
den ratten ist er jedoch nicht gewachsen.
sie sind einfach zu fruchtbar - und zu schlau für ihn!

wenn auch nur eine ratte eines rudels
nach dem genuss eines giftigen köders stirbt,
so wird kein zweites tier einen ähnlichen köder mehr anrühren.

die lernfähigkeit der ratten ist grösser
als die fast aller anderen säugetiere
und das wissen der alten wird auf den nachwuchs übertragen.

menschen haben sich nun ein grausames gift einfallen lassen,
das erst nach tagen wirkt: die ratte stirbt qualvoll an inneren blutungen.
in dem fall erkennt auch die intelligenteste ratte
keinen zusammenhang mehr zwischen köder und tod.

weniger grausam - vor allem nicht tödlich - wirkt das mittel,
das der amerikanische popmusiker bob brown durch zufall entdeckte:
als er auf seiner elektrischen gitarre bestimmte töne anschlug,
flohen die ratten massenweise aus dem keller seines hauses.
die „musik“ war ihnen buchstäblich auf die nerven gegangen.
brown konstruierte daraufhin ein beschallungsgerät.
möglich, dass einst der legendäre „rattenfänger von hameln“
mit seiner flöte ähnliche töne spielte
und damit die ratten zum verlassen der stadt gezwungen hat.

dass ratten ein sinkendes schiff verlassen,
ist jedenfalls kein märchen.
sie halten sich meistens im untersten teil des schiffes auf.
dort spüren sie lange vor den seeleuten,
wenn der schiffsrumpf undicht wird.
eindringendes salzwasser ätzt ihre pfoten,
verursacht durst, wenn sie davon lecken, und zerstört ihre nester.
also verlassen sie das ungastliche schiff,
sobald es im hafen liegt - meist kurz bevor das leck grösser
und zur ursache einer katastrophe wird.

der mensch hat die natürlichen feinde der ratten,
vor allem eulen, schlangen, wiesel fast ausgerottet -
und sich selbst an ihre stelle gesetzt.

weil sie so fruchtbar sind, verwendet er sie millionenfach
zu meist qualvollen und immer tödlich endenden experimenten
in seinen wissenschaftlichen laboratorien.
er spritzt ihnen zum beispiel chemische substanzen ins hirn
und macht so die von hause aus friedlichen nager zu rasenden „killerratten“.
er pflanzt ihnen elektrosonden ins hirn, um zu beobachten,
wie sie sich auf knopfdruck selbst befriedigen -
bis zu 7.500 mal in 12 stunden - da wird wissenschaft zur perversität.

er quält und tötet sie mit methoden,
wie sie nur der mensch unter allen säugetieren ersinnen kann.
so fälschlich wie der mensch sich
die ratte zum symbol des unheimlichen erkoren hat,
so richtig muss der ratte der mensch als symbol der grausamkeit,
hinterlist und des todes erscheinen.  

(ratte bigi)

quellenangabe:
harvey rowe: portrait eines „ekeltiers“
gisela bulla: ratten als heimtiere

[strohhalm]

 

 

blog 0158 - sand

11.02.2015 08:27

die ode wird geschichte
termiten schreiben sie
mit ihren zangen
in den sand

und nicht erforscht
wird werden
ein geschlecht
eifrig bemüht
sich zu vernichten

(peter hüchel, 1903-1981)

de.wikipedia.org/wiki/Peter_Huchel

peter hüchel, lyriker, redakteur, fontane-preis 1963.

1931 veröffentlichte er eine prosastudie über einen
ns-mitläufer aus dem kleinbürgertum.

nachdem er einen lehrgang an einer antifa-schule absolviert hatte,
begann huchel 1945 als dramaturg beim rundfunk der ddr.

schon seit beginn der 50er jahre wurde huchel
wegen seiner systemübergreifenden künstlerischen konzeptionen
für sinn und form angegriffen.

auf druck von offizieller seite wurde huchel 1953
zur kündigung seines redaktionspostens genötigt,
was nur durch die intervention bertolt brechts verhindert werden konnte.

als sich nach brechts tod 1956 die angriffe auf huchel wieder verschärften
und seine arbeit in immer grösserem ausmass behindert wurde,
sah er sich 1962 endgültig zum rücktritt gezwungen.

die menschenverachtenden schikanen durch das stasi-system
hat huchel in seiner lyrik eindrucksvoll geschildert.

erst nach interventionen der west-berliner akademie der künste,
der präsidenten des internationalen pen-zentrums und heinrich bölls
wurde huchel 1971 die ausreise aus der ddr genehmigt.

 

 

blog 157 - katzensicht

06.02.2015 07:37

aus katzensicht gehört von a bis z
alles den katzen.

(jean-thomas „tomi“ ungerer, *1931)

das elsass ist wie die toilette europas; immer ist es besetzt!

flix ist ein hund, dessen eltern zwei katzen sind,
und der die katzensprache mit seinem hunde-akzent sprechen muss.
er will in der katzen-gesellschaft akzeptiert werden.

tomi ungerer wollte eine parallele zum elsass ziehen:
zwischen 1940 und 1945 mussten die elsässer
deutsch mit ihrem französischen akzent sprechen,
weil die französische sprache verboten war.

es war schwer für sie,
sich in die deutsche gesellschaft zu integrieren.
und nach der befreiung war es noch schwerer für sie,
wieder franzosen zu werden,
weil frankreich den elsässische dialekt
und den elsässischen akzent auslöschen wollte.

tomi ungerer stellt hier in bilderbuchform
die komplizierte historische vergangenheit seiner heimat dar,
damit die kinder sie leicht verstehen können:

tomi ungerer ist ein international bekannter französischer grafiker,
schriftsteller und vor allem illustrator von bilderbüchern
für kinder und erwachsene.
ungerer lebt abwechselnd in irland und in strassburg.

im jahre 2002 wurde ein kindergarten in karlsruhe wolfartsweier
nach der konzeption von ungerer eröffnet.
die form des gebäudes gleicht einer stilisierten katze:

 

 

blog 156 - udo 89

02.02.2015 10:51

ich mag seit einem jahr oder so keine ledersachen mehr.
aus tierschutzgründen mag ich einfach nichts mehr tragen,
wofür tiere abgeschlachtet werden.

na ja, ausserdem habe ich ja nie echte lederhosen getragen,
meine waren alle aus gummi.

(udo lindenberg *1946)

udo lindenberg, rockmusik-opa,
bei dem interview war er
43 jahre alt

[youtube: hinterm horizont ...]

 

 

blog 0155 - von links nach rechts

01.02.2015 08:08

das zeitalter, welches wir das goldene benannt haben,
war gesegnet mit den früchten der bäume und mit den kräutern,
welche die erde hervorbringt,
und der mund der menschen wurde nicht mit blut befleckt.

damals bewegten die vögel ihre schwingen sicher in den lüften
und der hase durchstreifte das freie feld ohne furcht.
damals wurde der fisch nicht das arglose opfer des menschen.

jeder ort war ohne verrat;
keine ungerechtigkeit herrschte,
alles war von friede erfüllt.

in späteren zeitaltern schmähte und verachtete ein unheilstifter
diese reine einfache nahrung
und versenkte in seinen gefrässigen wanst speisen,
die von leichnamen herrühren.

damit öffnete er zugleich der schlechtigkeit den weg.

(ovid, 43 vchr-17 nchr)


gutenberg.spiegel.de/autor/ovid-451

 

publius ovidius naso war ein römischer philosoph und dichter

die römischen dichter haben davon geschrieben
und das goldene zeitalter angekündigt:

es beginnt mit der besonderen geburt
eines mysteriösen knaben draussen auf dem lande.
in der neuen zeit leben die menschen auf dem land,
sie treiben ackerbau und viehzucht, hirte sein ist eine ehre.
die natur ernährt die menschen fast von selbst.
die gerechtigkeit ist persönlich anwesend,
eine jungfrau symbolisiert sie,
sie übernimmt die herrschaft.

vor allem aber: es herrscht friede.
nicht nur friede zwischen den menschen,
sondern noch viel mehr friede zwischen den tieren
„wolf und lamm“ fressen gemeinsam stroh.
(vergil)

bei anderen (ovid) kennt das beginnende zeitalter
keine gesetze und keine gesetzeshüter,
keine furcht und keine strafe.
ohne zwang tut jeder das rechte und hält sein wort.
es herrscht völliger friede,
auch zwischen mensch und tier
und alle ernähren sich vegetarisch.

für alle menschen ist ein einfaches leben ausreichend.
und diese idylle ist echt im goldenen zeitalter.

[weiterlesen ...]

 

 

 

blog 0154 - wolfslauf

31.01.2015 07:51

der wolf geht rastlos auf und ab,
das gitter entlang, um das wasserbecken herum,
um das wasserbecken herum, das gitter entlang.

er scheint es nicht zu fassen,
dass die welt so enge grenzen hat,
er prüft unablässig,
ob die grenzen wirklich grenzen sind.

in seinem weichen schritt klagt unerlöste schnelligkeit.

die gefangenschaft mag sein wolfsherz weniger drücken,
als dass er, der so laufen kann, nicht laufen kann.

er wird sterben an gebrochenem tempo,
wenn nicht zuvor der messias kommt,
der alle käfigtore öffnet und spricht: seid frei!

(alfred polgar, 1873-1955)

„der idealist geht glatt durch mauern
und stösst sich wund an der luft.

 [zitate lesen ...]

alfred polgar, österr. schriftsteller
in den 1920er jahren lebte polgar überwiegend in berlin.
viele artikel von ihm erschienen in dieser zeit im berliner tageblatt.
gemeinsam mit egon friedell schrieb er ab 1921 das böse buben journal.

nach der machtergreifung hitlers in deutschland
wurden seine bücher verbrannt.

polgar musste nach wien zurückkehren.
der anschluss österreichs zwang ihn zur flucht nach marseille,
von wo aus ihm 1940 die emigration in die usa gelang.

1949 kehrte er als us-amerikanischer staatsbürger nach zürich zürück.  

 

kurt tucholsky – rezensionen:

da ist ein entzückendes kleines buch erschienen,
zu dem man einmal aus ganzem herzen ja sagen kann:
„katzen“ von axel eggebrecht
es ist das höchste kompliment,
das ich dem verfasser machen kann,
wenn ich es ganz nahe an alfred polgar heranrücke.

 

 

blog 0153 - rettung

29.01.2015 05:42

beziehungen zu menschen ähneln dem morast,
aus dem du dich vergeblich herauszuarbeiten versuchst.

immer wieder splittert der lack der gepflegten sympathie
und zeigt das andere gesicht: habgier, neid, missgunst.

dies alles erspart dir dein lebensgefährte tier.

menschen lösen konkurrenz und leistungsdruck aus.
wer macht sich heute noch die mühe, jahre, jahrzehnte
kontinuierlichen bemühens aufzubringen,
um freunde zu gewinnen?

es ist so leicht geworden, partner auszuwechseln,
immer wieder neue, aufregendere menschen zu finden.
menschen, die funktionen erfüllen, dann erlöschen.
dauer ist hoffnungslos veraltet.
sie benötigt zeit, die keiner mehr übrig hat,
keiner vergeuden will mit zeitgenossen,
die ihm keine gegenleistung einbringen.

tiere werden emotional immer wichtiger:
sie lassen uns am luxus von konstanz und kontinuität teilhaben.

zuweilen scheint es, nur tieren gegenüber sei noch jene
wortlose selbstverständlichkeit des seins möglich,
wie wir sie früher auch mit menschen erfahren konnten.

retten, woran tiere uns erinnern.
die vernichtung wenigstens hier eine weile aufhalten.

all die strassenhunde, schlachtesel, gequälten katzen.
engel sein, wenigstens für die tiere.
das ohnmächtigsein überwinden.
die todesbotschaften aufhalten,
die tagtäglich auf uns einströmen.

sie hocken auf deinem schoss, auf deinen schultern,
bereit, dich mit allem, was sie haben, zu verteidigen.

was geschieht mit dir?
du fürchtest die kälte nicht mehr.

als engel der tiere willst du aufsteigen,
hast nun das neue geschäftsmodcll tierrettung erfunden.
bietest tierpatenschaften und kaffeekränzchen an.
als erstes sperrst du die fremden tiere aus.
hunde unerwünscht. tierschutz auf distanz.
die landwirte in deinen diensten retten die tiere,
die sie eben noch zum schlachter bringen wollten.

eine frau, nicht mehr jung, rettet ein pferd.
kauft es frei aus dem transporter,
der auf dem weg zum schlachthof nach italien war.

im nachhinein erkennt sie:
damit begann ein neuer lebensabschnitt.
es sollte die schönste zeit ihres lebens werden.
an der seite dieses pferdes fand sie,
was sie schon immer gesucht hatte.

welch eine überraschung:
„ich rettete einen hengst,
der auf dem weg nach italien war,
wo er geschlachtet werden sollte.
und schon bald stellte sich mir eine andere frage:
wer rettete hier wen?“

rettet nicht jedes tier am ende seinen retter selbst?

(dr. hanna rheinz, *1950)

 (quelle: zwischen streichelzoo und schlachtof)

 siehe auch:

 www.dieratten.net/news/blog-0137-wegsehen/

 www.dieratten.net/news/blog-0101-fleischmensch/

 www.dieratten.net/news/blog-0085-im-spiegelbild-die-fratze/

 www.dieratten.net/news/blog-0064-hof-und-zoo/


Mehr Info

 

blog 0152 - jenes licht

28.01.2015 15:19

die menschheit lässt sich grob in zwei gruppen einteilen:
in katzenliebhaber und in vom leben benachteiligte.

(francesco petrarca, 1304-1374)


 www.emmet.de/por_petr.htm

der italienische dichter und mitbegründer des humanismus
war einer der grössten dichter italiens.

petrarca wollte sein vorbild die antike als ganzes wiederbeleben.
er versuchte, antike geschichtliche beispiele auf die gegenwart anzuwenden
.

1327 sah er eine verheiratete frau, die er laura nannte.
die dame war möglicherweise laura de noves.
der eindruck wirkte derart stark auf ihn,
dass er sie zeitlebens verehrte.

als dichter strebte er nach ruhm und lorbeer
und fand in dieser frauengestalt eine dauerhafte quelle
seiner dichterischen inspiration:
„laura löst sich unter ihrem unbefangenen blick in reine sprache auf.“

mit lauras tod 1348 „ist dem licht dieser welt jenes licht entzogen worden“.

wie in der landschaftsmalerei dieser zeit klingt bei petrarca
eine neue natur- und landschaftserfahrung an,
bei der sich ästhetische und beschauliche
sichtweisen miteinander verbinden:
„es gehen die menschen hin, zu bestaunen die höhen der berge,
die ungeheuren fluten des meeres, die breit dahinfliessenden ströme,
die weite des ozeans und die bahnen der gestirne
und vergessen darüber sich selbst.“

daneben gilt petrarca aufgrund der ersten „touristischen“ bergbesteigung
als vater der bergsteiger und als begründer des alpinismus:
„mir sind die städte feind, mir freund die wälder."

nach petrarca ist ein bedeutender literaturpreis benannt.
der von hubert burda gestiftete petrarca-preis
wurde von 1975 bis 1995 und wieder 2010
an zeitgenössische dichter und übersetzer vergeben
und soll an die geschichte der poesie erinnern

 

 

 

blog 0151 - entdeckungen

27.01.2015 10:38

erst
habe ich nur
die maske deiner
fröhlichkeit gesehen

dann
die nachdenklichkeit
hinter der maske
deiner fröhlichkeit

später
fand ich die
traurigkeit
hinter der
nachdenklichkeit
hinter der maske
deiner fröhlichkeit

und schliesslich
sah ich die
fröhlichkeit
hinter der
traurigkeit
hinter der
nachdenklichkeit
hinter der maske
deiner fröhlichkeit

jetzt
bin ich neugierig
was noch alles
kommt!

(knut becker)

 

 

blog 0150 - töten ... ist schlimm

26.01.2015 05:34

ein teilnehmer eines kirchlichen treffens
wurde durch carl anders skriver aufgerufen
im tierschutz mitzuarbeiten.

der teilnehmer antwortete unerwartet polemisierend:

... halten sie das töten noch niederer tiere als insekten für unzulässig?
das töten von hefe durch erhitzen,
das töten von bakterien durch waschen und kochen,
das töten von läusen, mücken, fliegen, bandwürmern ...

hier skrivers reaktion auf das antwortschreiben:

ich habe ich zur mitarbeit im tierschutz aufgerufen.
was mag sie an meinen ausführungen so geärgert haben?

was ich in ihrem brief vermisse, ist das wort und der begriff „mitleid.
sie sprechen nur verächtlich von „kitschiger sentimentalität,
die weder dem tier noch der menschenwürde nützt.

es ist kein kunststück und schon gar kein ethischer massstab,
die tierprobleme nur als bauer, jäger, schlachter oder tierarzt,
also unter wirtschaftlichen und nützlichen gesichtspunkten zu betrachten.
auch was menschen als „natürlich oder „wissenschaftlich erklären,
erfasst in keiner weise die not und tragödie der kreatur.

nun nehmen unsere kirchenchristen zwar erfahrungsgemäss
das nicht für ernst, was der prediger oder die heilige schrift sagt.

sie müssten mir sonst jetzt antwort geben auf meine frage:
erkennen und bekennen sie sich selbst als einen sohn gottes,
und welcher art sieht dann ihre offenbarung,
d. h. ihr göttliches (nicht nur ihr „humanes“ oder diabolisches)
verhalten gegenüber den tieren aus?

„das mitleid ist die grundlage der moral, erklärt schopenhauer.

„die liebe tut dem nächsten nichts böses", sagt paulus (römer 13, 10).

ich frage sie: wo und wann beginnt bei ihnen die moral und die liebe?
beginnt sie erst beim humanen totschlag?
kommt sie dann nicht zu spät und hört sie nicht allzu schnell wieder auf?

„ich muss töten, um zu leben

das ist keine grosse erkenntnis. aber einsehen:

„ja, ich muss töten, um zu leben, und das ist schlimm!,

das ist der anfang der moral, des mitleids,
der liebe und der schonung des nächsten,
auch wenn dieser nächste „nurein tier ist.

halten sie das töten nicht auch für schlimm,
oder haben sie sich schon so daran gewöhnt,
dass sie es für ganz „natürlich halten?

tut ihnen das töten gar nicht weh,
auch wenn es sich „nur um einen wurm oder ein insekt handelt?

hier entscheidet sich, ob sie eine gefühllose guillotine,
ein blosses raubtier, ein rücksichtsloser mensch
oder aber einer der söhne gottes sind.

denn der mensch ist eben noch nicht die krone der schöpfung,
wie es sich dieser massenmörder mensch gerne einbildet,
der auf grund seiner diabolischen intelligenz
den massenmord auf die spitze getrieben hat
wie vor ihm kein zweites tier.

man braucht da nicht erst an die massenvernichtungsmittel gegen menschen
wie gaskammern und atombomben zu denken,
auch insektizide wurden nicht von tieren erfunden.

das tier muss mit jedem anderen tier im einzelkampf fertig werden,
es kann sein opfer weder aus der ferne abknallen
noch ihm aus lauter liebe allein, in edler und zugleich doch
heimtückischer weise einen bolzenschussapparat verpassen.

sie können doch nicht einfach alles für in ordnung halten,
was der mensch den tieren antut
und wie er sich den schwachen gegenüber verhält.

[fortsetzung folgt...]

der verrat der kirchen an den tieren

(dr. phil. carl anders skriver, 1903-1983)r Infos

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0070-hagen-rether-zynisch/

www.dieratten.net/news/blog-0089-tierschutz-in-deutscher-dichtung/

www.dieratten.net/news/blog-0094-uber-gut-und-bose/

 

 

blog 0149 - ordentlich verändert

25.01.2015 10:21

wenn in deutschland
der haushaltsvorstand
pünktlich zum frühlingsbeginn
eine leiter
an seinem ehrenwerten reihenhaus aufstellt,
um mit dem besen
die spinnweben an seiner dachrinne zu entfernen,

dann erinnere ich mich wieder,
warum ich ordentlich unordentlich werden wollte.

(ratte werner)

 

 

blog 0148 - schweinerei?

24.01.2015 08:23

schweine sind intelligenzbestien

geknechtet, entpersönlicht und in den dienst des menschen gepresst
wie kein anderes tier wurde seit jahrtausenden das schwein.
niemand hält es aus irgendeinem anderen grund,
als es zu mästen, zu schlachten, zu verzehren.

bei juden und mohammedanern als unrein verachtet,
bei uns als dumm, dreckig und geil verschrien,
erwies das schwein sich bei näherer untersuchung
als lernfähig, sauber und monogam.

verhaltensforscher bescheinigen ihm sogar sinn für humor,
musikalität und einen sehr menschlich anmutenden hang zum alkohol.

dies alles wissen wir nun, gut, und welche folgerungen ziehen wir daraus?

wir pferchen die intelligenten, bewegungsfreudigen,
geselligen tiere in enge, von metallstangen umschlossene einzelstände,
in denen sie nur liegen und stehen, sich aber nicht umdrehen können.

die kastenstände sind 200 zentimeter lang und 64 zentimeter breit,
der untergrund besteht aus beton, metallrosten oder spaltboden.
einstreu gibt es nicht.

im alter von sieben monaten wird so eine arme sau
zum austragen ihrer ersten jungen in einzelhaft genommen.

bewegungslos, oft mit hals- oder brustgurten,
oder mit einer extrem kurzen kette an den boden gefesselt,
wartet sie 105 tage lang auf die niederkunft,
wehrlos der fliegenplage preisgegeben.

einmal am tag gibt es futter, das ist die einzige unterbrechung
des trostlosen vegcticrens im dunkeln oder bei dämmerlicht.
wasser, welche erleichterung, steht den tieren
in nippeltränken zur verfügung.

zehn tage vor dem errechneten geburtstermin
kommt die sau in die sogenannte abferkelbucht,
fünf wochen, im höchstfall, darf sie dort ihre jungen säugen,
an den protectar gefesselt, versteht sich,
dann wird sie neu gedeckt, künstlich meist,
und wieder in die fress- und liegebox gesperrt,
bis zum nächstenmal.

die haltung der mastschweine, die auf grund neuer züchtungen
und rücksichtsloser mastmethoden ihr schlachtgewicht
heute bereits im alter von etwa vier monaten erreichen -
früher dauerte das mästen eines schweins ein jahr lang -,
weicht in industriellen massen betrieben von diesem schema kaum ab.

das ganze verhaltensrepertoire der schweine
wird auf liegen und aufstehen verstümmelt.

einer tierart von grösster aktivität und grösstem laufpensum
wird nicht einmal der spielraum eines kettenhundes gewährt.

von den gesundheitsschäden, die durch die lahmlegung
aller bewegungen eintreten, könnte man sich
durch einen selbstversuch sehr rasch überzeugen.

selbst das intelligente, gutmütige schwein
ist begreiflicherweise ausserstande,
sich diesen lebensumständen anzupassen.
zwei, drei, höchstens vier jahre hält ein muttertier
diese grauenhafte marter durch,
dann droht trotz aller medikamente akutes herzversagen.

äusserst schmerzhafte entzündungen von gesäuge und gebärmuttcr,
bekanntgeworden als mma-komplex, gcbärmuttervorfall
und schwere gelenkentzündungen kommen hinzu,
weiter die berüchtigte schnüffelkrankheit,
bei der sich die nasenknochen auflösen,
sowie drucknckrosen, also totes, abgestorbenes gewebe,
vorwiegend im schulterbereich. sehr hoch liegt auch
die anfälligkeit für lungenentzündungen.

also, ab in den schlachthof. 

(sina walden)

 

 

blog 0147 - gestern vor 200 jahren

22.01.2015 11:53

von bayreuth wird gemeldet,
dass daselbst ein ochse
geschlachtet worden sey,
der auf der dortigen heuwage 2535 pfund,
das pfund zu 34 loth,
gewogen habe.
der schlächter,
der ihn gemästet
und vermuthlich auch geschlachtet hat,
heisst morg;
der ochs wird nicht genannt.

(mattias claudius, 1740-1815)

de.wikipedia.org/wiki/Matthias_Claudius

sein „abendlied" mit den anfangsworten
„der mond ist aufgegangen" kennt bis heute fast jeder,
ansonsten aber ist matthias claudius (1740-1815),
der heute vor 200 jahren starb, vergessen.

dabei ist er ein faszinierender schriftsteller,
sagt sein biograf, der musikprofessor martin geck.

jens dirksen sprach mit ihm über claudius.

claudius bietet eine wunderbare vermischung
von frechheit, frömmigkeit und frohsinn.
er wollte schlichtheit und tiefe,
das klingt vielleicht kitschig,
aber er vermischt es gottlob
mit dem handfesten, witzigen, verblüffenden.

wie passt claudius denn in die heutige zeit?

nun, einmal etwa schildert er im „wandsbecker bothen"
einen fetten ochsen, der geschlachtet wird,
er gibt dessen gewicht haargenau bis aufs lot an und schreibt:
„der schlachter hiess morg, der name des ochsen wird nicht genannt"
das hat es in dieser zeit sonst nicht gegeben,
dass der respekt vor den kreaturen
auf so hintergründige weise eingefordert wird.

claudius achtet nicht auf erhabenheit,
er fordert die leser mit kleinen schocks oder anstössen
zum mitdenken heraus, und das ist absolut modern.

warum ist sein „abendlied" bis heute so beliebt?
hm, die melodie kommt mir etwas lahm vor,
an den zeilenenden verführt sie zum leiern.
aber sie war offenbar genau richtig.

wir sind seit vielen jahrhunderten vom christentum geprägt,
und in dessen geschichte hat es auch viel abstossendes gegeben.

aber hier ist das gegenteil, das anziehende am christentum dargestellt.

es geht um existenzielle wahrheiten,
und es scheint am horizont ein hoffnungsschimmer auf,
wie ihn sich jeder für sein leben wünscht, ob christ oder nicht.

von diesem hoffnungsschimmer zu singen,
schafft zusammenhalt unter den menschen.
das kann von kindern verstanden werden
und sagt auch erwachsenen etwas.
da fühlen sich arme wie reiche, kleine wie grosse
gemeinsam in den arm genommen.

das findet man so schnell weder in kunstvoller lyrik
noch im volkslied, schon gar nicht im schlager.

und da ist dieser bruch im letzten vers:
„und lass uns ruhig schlafen / und unsern kranken nachbar auch."

da stelle ich mir vor, dass da die kleinste im haus
beim singen diese worte dazwischenkräht!

bei so viel nähe zur familie kann erhabenheit erst gar nicht aufkommen.

die klassik soll nichts als edel sein,
da macht claudius nicht mit.
deshalb kommt er in der schule kaum mehr vor

[weiterlesen...]

waz, 21.02.2014

 [king singers - der mond ist aufgegangen]

 

 

blog 0146 - veganes gebet

21.01.2015 08:06

veganes gebet
selbstanzeige - eine erinnerung an uns.

küken und schmetterling - speziesismus, und nun?

eier lassen küken töten -
das küken, das eigentlich
ein hahn werden wollte.
vegetarier ...

sonnenschein. wald. natur. frische luft -
nirgendwo eine spur vom quälenden muff
einer einklemmenden schreibstube.

wandern über felder und wiesen,
in einer befreundeten gruppe,

ein romantischer spaziergang
gemeinsam im park,

eine ameisengruppe quert den weg,
eine sehr weit verzweigte ameisengruppe.
einige? viele? kaum zu erkennen

und unter den tannennadeln ...

kehren wir um?

sagen wir der gruppe,
ich kehre um, kehrt ebenfalls um?

kehren wir um,
selbst wenn die anderen weitergehen?
bleiben wir allein zurück?
immer?

oder eilen wir auch schon mal weiter,
weil ein heftiges gewitter droht?

die ameisengruppe, wir wissen ...

es ist nacht,
ich weiss es ganz genau,
kleine tiere queren den weg,
möglicherweise ameisen,
kehre ich um?

haben wir das wirklich schon mal getan,
sind wir wirklich schon mal umgekehrt?

schon mal?
wir müssten es IMMER tun!

nicht nur für den schmetterling.

es ist nicht die schuld der ameise,
ihr emsiges treiben, ihre kleinheit,

es ist nicht die schuld der ameise,
dass wir sie leicht übersehen (wollen).

immerhin,
wir haben das wissen,
wir haben das gewissen,
wir kennen empathie.

der schmetterling auf der autobahn;
die zerplatzte mücke
an der frontscheibe der u-bahn.
steigen wir aus?

wie zornig sind eigentlich
die ameisen auf die
vegetarier ...

(ratte werner)

 

blog 0145 - bären dienst

20.01.2015 06:55

dem ethnologen jean-pierre digard zufolge stillen frauen welpen,
ferkel, pekaris, affen, rehkitze und lämmer.

die tiere werden zu spielgefährten für die kinder
oder dienen als müllschlucker
oder fusswärmer im kampf gegen die nächtliche kälte.

in frankreich saugten im 19. jahrhundert die welpen
an der mutterbrust der frauen,
um sie von einer überproduktion von milch zu befreien
oder im gegenteil den milchfluss zu erleichtern.

und auch in bestimmten religiösen praktiken
spielen tiere eine wichtige rolle,
wie etwa der gezähmte bär der ainus in hokkaido in japan.

worum geht es?

bei den ainus ist der bär der empfanger gottes.
sein geist ist der bote des göttlichen pantheons,
und wenn der bär getötet wird,
kehrt der geist in die höheren welten zurück,
von wo aus er diejenigen beschützt,
die ihn befreit haben.

aus diesem grund rauben die jäger
die ganz kleinen bärenjungen ihren müttern
und geben sie den frauen ihres dorfs zum stillen.

die bärenjungen wachsen mit den kindern der familie auf.
wenn der bär dreijährig ist, wird er im rahmen
eines jedes jahr im herbst gefeierten festes
in einer feierlichen prozession durch das dorf geführt.

am ende dieser zurschaustellung umringen
die dorfbewohner ihn und verletzen ihn mit pfeilen,
die ihn bis zur raserei wütend machen.

dann töten sie ihn, indem sie ihn zwischen zwei balken zerquetschen.
während der tötung tanzen die frauen rituelle tänze,
die männer und kinder weinen bitterlich.

schliesslich isst man sein fleisch und
seine eingeweide bei einem festessen,
das die ganze gemeinde versammelt.

die gleiche zeremonie findet auch bei den sibirern statt,
die den bär mit brei füttern, bevor er geopfert wird,
und die frauen stimmen im augenblick seiner tötung
einen trauergesang an.

(helene grimaud, *1969, pianistin, autorin wolfssonate)

  

www.dieratten.net/news/blog-0041-die-kunst/

www.dieratten.net/news/blog-0129-wolfssonate/

 

 

 

 

blog 0144 - fledermaus

19.01.2015 08:19

im neuen jahr trat eine neue stationskatze in mein leben.
sie kam für so kurze zeit, schlich sich in mein leben
und versteckte sich, kaum bemerkt,
im schatten meiner anerkennung.

ich kann nicht sagen, an welchem tag
ich sie zum herumlaufen hinausbrachte oder gar warum,
nur dass ihre schüchternheit mich ansprach.

so winzig, so ängstlich, so langsam,
was die anpassung an den status
einer eingesperrten katze anging.

ich entsinne mich nicht einmal,
wie und wann ich sie wiederfand.

ich erinnere mich, dass sie verschwand,
sich an irgendeinem unbekannten ort versteckte,
einer der orte, der uns beiden bald so vertraut werden sollte.

dass sie ein teil meines lebens wurde,
passierte auf so natürliche weise,
dass ich gar nicht aufpasste.

und dann, ganz plötzlich,
begann mein tag,
wenn ich in ihren käfig sah
und sie miaute und ans gitter lief.

sie war nicht länger in meinem schatten,
sondern war nun selber mein schatten
und wartete geduldig,
während ich behandlungen beendete;
dann stolzierte sie neben mir
durchs wartezimmer ins büro.

an sprechstundentagen sass sie an der tür und sah zu,
wie die patienten kamen.
anders als clancy war sie eine zuschauerin.
sie beobachtete, bis jemand sie bemerkte,
und dann suchte sie unterschlupf.

gelegentlich machte sie einen ausflug zum aufzug
oder begleitete mich die hundert meter zur toilette.

anschliessend begab sie sich
zu einem abgeschiedenen platz und schlief zufrieden.

sie wählte eine schublade, manchmal das fensterbrett
oder einen schrank und oft ihren korb,
in diesen monaten blühte sie auf.

obwohl sie immer noch schüchtern war,
wagte sie sich in den klinikbereich,
besuchte patienten, betrat und verliess
die kabinen unter den trennwänden hindurch,
bis sie mich fand.

ihr name war fledermaus,
weil sie wie eine aussah mit ihrer hasenscharte
und einer schmalen furche in der mitte ihrer platten nase.

(samatha mooney)


die katzenklinik - meine vierbeinigen patienten

 

 

blog 0143 - zieloses weitermachen

18.01.2015 16:20

die tierexperimentell arbeitenden wissenschaftler
forschen teilweise jahrzehnte
an ein und derselben fragestellung
und garantieren sich ihre zukünftige arbeit
immer mit schlussergebnissen,
die die anwendung ihrer erkenntnisse
in der praxis in frage stellen
und weitere untersuchungen erforderlich machen,
ein ,perpetuum mobile' der experimentatoren.

(egmont farbig)
dokumentation über die tierversuchspraxis
am dkfz und an der uni heidelberg 1986

 

 

blog 0142 - selbst mal fleisch gegessen?

16.01.2015 08:53

catherine aga khan gründete zusammen mit ihrem mann prinz
sadruddin aga khan die menschen- und tierrechtsorganisation „bellerive",
startete 1988 eine internationale kampagne gegen grausame
fang- und zuchtmethoden von pelztieren.

interwiew 1988:

mir, die ich selbst pelze getragen habe,
steht es nicht zu,
andere zu verurteilen.

ich möchte aber an das gewissen
und die nächstenliebe appellieren und bitten:
frauen, denkt an das leid, das hinter allem glanz steckt.

wir schulden den tieren als unseren mitgeschöpfen
verantwortung und respekt;
und deshalb gibt es für mich heute keinen grund mehr,
der das tragen von pelzen rechtfertigt.

ich kann verstehen, dass jemand,
der einen schönen pelzmantel sieht
oder als geschenk erhält,
nicht unbedingt an die lebenden kreaturen
und deren qualen denkt.

darum möchte ich informieren.
und niemand wird nach diesen bildern sagen können,
er habe nicht gewusst, was in der welt vor sich geht.

(catherine aga khan, *1930)

catherine und sadruddin aga khan heirateten 1972.
sadruddin war ein sammler islamischer bücher und kunstwerke.

nach dem ende seiner un-karriere gründete er
1977 in genf die „bellerive“-stiftung,
die sich für umweltschutz, minderheitenrechte
und friedensforschung engagiert.

1981 forderte er weltweite gesetze gegen tierversuche,
die er aus ethischen gründen ablehnte.

(sadruddin aga khan, 1933-2003)

 

 

blog 0141 - nils

14.01.2015 08:10

ein warmes gefühl für die leiden der tiere
ist immer ein zeichen hoher zivilisation

(selma lagerlöf, 1858-1940)

nachdem selma lagerlöf gegen den willen ihres vaters
in stockhol ein schwedisches mädchengymnasium besucht hatte,
wurde sie grundschullehrerin, hängte  diesen beruf
jedoch nach einigen jahren für die schriftstellerei an den  nagel.

heute noch am meisten gelesen ist wohl
„die wunderbare reise des kleinen
nils holgersson mit den wildgänsen“,
geschrieben im auftrag des lehrerverbands:
nils, faul und boshaft, wird in einen däumling verwandelt,
reist mit den wildgänsen in den norden des landes
und kehrt geläutert zurück.

dabei entwirft lagerlöf ein anschauliches bild
von natur, geschichte und gegenwart schwedens um 1900.

mit ihrem werk setzte lagerlöf einen kontrapunkt
zum bis dahin in skandinavien dominierenden naturalismus,
indem das fantastische, das sagen- und märchenhafte,
verbunden mit einem bewussten willen zur stilisierung,
die möglichst präzise, naturwissenschaftlich
untermauerte wirklichkeitsdarstellung ablöst.

man ordnet es der neuromantik zu,
aber die eigentliche quelle der inspiration war die einfache,
mündliche erzähltradition, die sie in ihrer kindheit kennen lernte.

faszinierend bis heute ist ihr bewusstes festhalten
an einem vormodernen, ja mythischen weltbild:
immer sind der einzelne, seine mitmenschen, die gesamte natur
eingebunden in eine sinnerfüllte schöpfungsordnung,
einen kosmos, in dem jedes einzelne vorkommnis
bedeutungstragend und zugleich auch ethisch relevant ist.

handelnde sind nicht nur die menschen, sondern auch tiere,
trolle, geister, ruhelose seelen der verstorbenen und die unbelebte natur.

zufälle gibt es nicht, alles steht im dienst der vorbestimmten
und wiederherzustellenden ordnung, die am ende
der oft dramatischen handlung erreicht wird.

das drama der nobelpreisverleihung

der verleihung des nobelpreises ging eine zerreissprobe
im komitee und der schwedischen akademie voraus:
carl david af wirsén, mächtigstes mitglied der gremien,
der schon 1891 mit seiner ablehnenden rezension des »gösta berling«
zu lagerlöfs schwerem start in schweden beigetragen hatte,
widersetzte sich kategorisch.

ihr stil entsprach nicht seinem klassizistischen ideal,
und noch 1908, anlässlich ihres 50. geburtstags, riet er,
sie solle zunächst lernen, schwulst und künstelei zu vermeiden“

dass sie in diesem jahr den nobelpreis nicht erhielt,
rief in schweden einen sturm der entrüstung hervor.
1909 machten dann viele akademiemitglieder von vornherein klar,
dass sie wirséns widerstand ignorieren würden.

sie erhielt den literaturnobelpreis als erste frau und als erste schwedin
in würdigung des hohen idealismus, der lebendigen einbildungskraft
und der durchgeistigten darstellung, die sich in ihren werken offenbaren" -
und wirsén, durchaus konsequent, entzog sich seiner aufgabe,
die laudatio zu halten.

ihre menschenfreundliche gesinnung, ein grundzug ihres literarischen werks,
bewies sie immer wieder in grosszügigster weise.

sie verhalf der von deportation bedrohten jüdin nelly sachs (nobelpreis 1966),
mit der sie einen langen briefwechsel geführt hatte, zur flucht aus berlin.
als diese 1940 schweden erreichte, war selma lagerlöf gerade gestorben.

[weiterlesen...]

www.hoerspielsachen.de/die-wunderbare-reise-des-kleinen-nils-holgersson-mit-den-wildgansen/

 

 

blog 0140 - tier sache

12.01.2015 07:45

das tier ist doch eine sache?

das war ursprünglich vom römischen recht her
durchaus nicht negativ gemeint, im gegenteil,
tiere standen zuvor vollkommen
ausserhalb des gesetzes.

mehr rechtsschutz stand damals auch frauen,
kindern und sklaven nicht zu.

tiere sind allerdings aus heutiger sicht
die letzten noch den sachen zugeordneten lebewesen.

der grösste teil der rechtsphilosophen
hat der rechtsstellung des tieres offenbar
keine besondere bedeutung beigemessen,
obwohl viele denker des griechischen
und römischen altertums dem tier
hohe achtung gezollt haben,
z.b. pythagoras, empedokles, theophrastos, plutarch.
pythagoras (580 - 500 v. chr.) mied die metzger;
er und seine anhänger waren vegetarier,
weil sie niemals „etwas beseeltes" essen wollten.

der römische jurist ulpianus bezeichnete die tiere
als des naturrechts teilhaftig, und cato sagte,
niemand dürfe mit beseelten tieren
wie mit geräten umgehen.

später waren philosophen und dichter
wie leibniz, herder, schleiermacher und
schopenhauer grosse tierfreunde.
letzterer wandte sich gegen die behandlung
der tiere als rechtlose sache.

leider haben die nichttierfreundlichen ideen
anderer denker über viele jahrhunderte
eine starke wirkung ausgeübt,
etwa aristoteles, spinoza oder hobbes,
der den tieren die rechtsfähigkeit absprach.

auch die lehren von männern der kirche
wie augustinus und thomas von aquin
wirken bis heute stärker als die
des grossen tierfreundes franz von assisi.

origines betrachtete das tier als einen
mechanismus ohne schmerzgefühl.
der philosoph und mathematiker descartes
konnte unwidersprochen die schmerzensschreie
gequälter tiere mit dem quietschen
von maschinen gleichsetzen.

diese auffassung von der totalen verfügbarkeit
des tieres hat sich unheilvoll über das zeitalter
der aufklärung hinaus bis heute ausgewirkt
und dient den experimentatoren und
anderen tiernutzern zur rechtfertigung.

die christlichen kirchen haben sich
aufgrund der widersprüchlichen und
missverständlichen bibelaussagen
bis heute nicht hinreichend bequemt,
dem tier eine ihm angemessene rolle
in der schöpfung zuzuweisen.

es scheint, dass die von franke im jahr 1959
vorgenommene einführung der „mitgeschöpflichkeit",
also die konsequente einbeziehung
der tiere in die christliche ethik,
im praktischen vollzug kaum durchgegriffen hat.

unbeirrt sehen die kirchen im menschen
die krone der schöpfung und sprechen
dem tier ein seelenleben ab.

inwieweit die aussage von papst johannes paul II,
dass auch tiere vom lebendigen oder
des heiligen geistes beseelt seien,
wirkung haben wird, muss sich erst noch zeigen.

bis heute konnte sich zur genugtuung der tiernutzer
der anthropozentrismus (der mensch als mittelpunkt)
als beherrschende denkrichtung behaupten.

es ist unbestreitbar, dass der mensch
mit seinen geistigen fähigkeiten und
seiner reichen kulturellen überlieferung
dem tier hoch überlegen ist;
aber gerade deshalb sollte es ihm
die vornehmste pflicht sein,
das ihm wehrlos ausgelieferte arglose tier
nicht zu missbrauchen, auch wenn er
die technischen möglichkeiten dazu besitzt.

der anthropozentrismus beherrscht das denken
der heutigen intellektuellen immer noch
in einem nur schwer begreiflichen masse.

menschen, denen tiere nahestehen,
wehren sich seit jahrhunderten,
besonders aber seit etlichen jahrzehnten,
gegen die geringschätzung der tiere.

sie erkennen zwar an, dass tiere nicht fähig sind,
rechte und pflichten selbst wahrzunehmen,
fordern aber für die tiere
einen rechtsstatus eigener art.

unterstützt wird ihre auffassung
durch die ergebnisse der verhaltensforschung,
die in vielen anlagen und eigenschaften
eine erstaunliche ubereinstimmung
zwischen mensch und tier nachgewiesen hat.

(prof. ingeborg bingener, das recht im tier, 1990)

 

 

blog 0140 - gewünschte wünsche

08.01.2015 17:30

wünschereien.

eines tages begegnete ich einer guten fee,
die sich gerade in einer notlage befand.

es gelang mir, ihr aus der not zu helfen
und sie machte anstalten, mich zu belohnen.

aber sie sah mich lange an, und sagte dann:
„du gefällst mir viel zu gut,
als dass ich dir die üblichen
drei wünsche gewähren könnte.
das wäre mir zu gefährlich.“

„gut“, sagte ich zu ihr,
„ich habe keine wünsche frei,
aber ich kann mir was wünschen von dir.“

„das ist doch quatsch“, meinte sie.
„vollkommen unsichere sache.
wünsche, von denen du nicht weisst,
ob sie sich erfüllen werden.“

„ich sehe schon“, sagte ich zu ihr.
„du hast bis heute immer nur
mit wünschen zu tun gehabt,
von denen du sicher wusstest,
dass sie sich erfüllen werden.
aber nicht nur die erfüllung ist schön,
sondern auch bereits der wunsch.“

sie sah mich ganz gross an.
der wunsch ist schön, wünschen ist schön.

„ohja, dann mag ich mir von dir
auch was wünschen,
obwohl ich es für sehr unsicher halte,
ob das auch jemals in erfüllung gehen kann.“

seit diesem gespräch sehen wir uns oft,
unsere wünsche wachsen,
manche sind schon in erfüllung gegangen,
manche nicht - und wir freuen uns daran,
dass es immer mehr werden ...
gewünschte wünsche, versteht sich,
nicht etwa erfüllte wünsche.

(knut becker)

 

 

 

blog 0139 - unheimlich

07.01.2015 06:20

ereignisse

wenn zwei
zusammenkommen
die beide stark sind
das ist dann

unheimlich stark

aber wenn zwei
zusammenkommen
die sich schwach
zeigen können
das ist dann

unheimlich schön

(knut becker)


 

blog 0138 - für adrienne

06.01.2015 09:21

überlegung

wir beamte
sind von unseren pflichten her
gefordert
aktiv für die
freiheitlich demokratische grundordnung
im sinne des grundgesetzes
einzutreten

wie kämpfen wir aber
gegen jene
die offensichtlich
die einschränkung der grundrechte
zum gesetz erheben?

(karl taefler)


www.gelsenkirchener-geschichten.de/wiki/Karl_Taefler

 

 

blog 0137 - wegsehen

05.01.2015 11:27

um sein eigenes tier zu ernähren,
muss ein reptilienhalter andere tiere töten.
er setzt prioritäten.
die ernährung seines eigenen tieres
ist ihm wichtiger als der schutz des tieres,
das ihm zur nahrung dient.

nur indem er das leid des einen ausblendet,
kann er seiner schlange ein kaninchen
oder eine maus ins terrarium werfen.

die selektive gleichgültigkeit
ist voraussetzung vieler tierhaltungen.
gleichzeitig gilt die ethische forderung,
die gleichgültigkeit zu überwinden.
sie wird als „beginn des menschseins“ bewertet.

die forderung einer generellen überwindung
der gleichgültigkeit beschreibt ein kz-überlebender.
in den konzentrationslagern eilten die gefangenen
mithäftlingen in not nicht mehr zur hilfe;
nach all den ungeheuerlichkeiten,
die ihnen widerfuhren,
mussten sie ihre kräfte darauf bündeln,
ihr eigenes uberleben zu verteidigen.

viele erlebten ein wiederaufkeimen des mitgefühls
als wiederkehr der menschlichkeit.

heute: ohne not haben sich gleichgültigkeit
und herzenskälte anderen gegenüber
in der mitte der gesellschaft eingeinistet.

die gleichgültigkeit der mehrheit der bessergestellten
gilt menschen in prekären lebensverhältnissen,
obdachlosen, kranken, vor allem jedoch „nutztieren“.

sie bewirken nicht anteilnahme,
sondern wegsehen und gleichgültigkeit.

anders ist es nicht zu erklären,
dass menschen es hinnehmen,
dass milliarden von tieren systematisch
gequält werden - tag für tag.
aus dem einzigen grund,
menschen mit billigem fleisch, eiern,
wolle, leder zu versorgen.

all dies ist möglich, weil die menschen
sich der illusion hingeben,
es gäbe inseln des guten, der tierliebe,
der beachtung auch des schwachen.

um diese illusion zu nähren,
werden dramatische gesten
der tierliebe medial inszeniert.
tiere in not sind ein auslöser,
um gesten des mitgefühls auszulösen.
sie scheinen notwendig,
um das elend auszuhalten.

optimal ist, wenn der notfall dokumentiert
und publik gemacht wird.
eine welle der hilfsbereitschaft
erzeugt kurzfristig die illusion,
eine veränderung bewirken zu können,
dem mitgefühl endlich wieder den platz einzuräumen,
der für das gerechtigkeitsempfinden unabdingbar ist.

es scheint, als würde die rettung des tieres zugleich
die anteil nehmenden menschen symbolisch retten.

jede rettung, die medial inszeniert wird,
wird somit zugleich zur selbstrettung des zuschauers.

glück und genugtuung sind die folge,
wenn die allgemeinheit verfolgt,
wie im moor feststeckende pferde,
in not geratene katzen oder wildtiere
mit grossem aufwand gerettet werden.

die hilfsbereitschaft von menschen
überwindet kurzfristig die erfahrung
der kälte und gleichgültigkeit.
und des wegblickens.

(dr. hanna rheinz, *1950)

 (quelle: zwischen streichelzoo und schlachtof)

 siehe auch:

 www.dieratten.net/news/blog-0101-fleischmensch/

 www.dieratten.net/news/blog-0085-im-spiegelbild-die-fratze/

 www.dieratten.net/news/blog-0064-hof-und-zoo/

 

 

blog 0136 - spüren

04.01.2015 07:05

die tiefste qual ist die,
die du nicht mehr spürst.

die tiefste sinnlosigkeit ist die,
die du nicht mehr spürst.

die tiefste unmenschlichkeit ist die,
die du nicht mehr spürst.

(werner sprenger, 1923-2009)

lieber keine ziele
als ziele, die keine sind.

wenn dein leben
seinen sinn verloren hat,
muss es doch einmal einen gehabt haben.

und frag nicht mich
nach dem sinn deines lebens.

frag deine traurigkeit,
in der du ihn spürst.

diese traurigkeit ist deine hoffnung.

siehe auch:
www.dieratten.net/news/blog-130-normal-die-masse/
www.dieratten.net/news/blog-0126-furchte-jene/

 

 

blog 0135 - bruch

03.01.2015 10:22

wer das grauenhafte kapitel
„vivisektion" gründlich studiert,
wird mir recht geben, wenn ich sage:
der vivisektor ist entweder
ein moralisch schwachsinniger,
pathologisch veranlagter mensch,
oder er ist normal veranlagt
und ist dann ein vollendeter verbrecher;

im ersten fall gehört er ins irrenhaus,
im zweiten fall aber ins zuchthaus.

(johannes ude, 1874-1965)


www.friedensnews.at/2011/06/26/johannes-ude/#.VKe3tC5PRBY

johnnes ude war ein österreichischer,
römisch-katholischer priester und theologe,
vegetarier, tierversuchs- und atomkraftgegner,
pazifist, natur- und wirtschaftswissenschaftler.

er engagierte sich für die freiwirtschaftslehre gesells
und ab 1938 in österreich gegen die ns-herrschaft.

udes teils radikale ansichten
und seine rhetorische begabung
verhalfen ihm zum beinamen „savonarola von graz“

udes publikationseifer,
mehr noch sein legendäres redetalent,
sorgten für erhebliches aufsehen und
einen beachtlichen bekanntheitsgrad.

sein engagement für einen sich
stetig radikalisierenden pazifismus
und antikapitalismus erregte zunehmend
das missfallen der kirchenhierarchie,
bis es schließlich zum bruch kam.

 

 

blog 0134 - tierrechtsschutz

02.01.2015 09:03

tierschutz wird selbst dann vonnöten sein,
wenn paradisische tierrechtszustände die regel sind:

vegan ist eine einstellung, kein orden.
tierschutz ist nothilfe, kein käfig.

(ratte werner)

 

 

blog 0133 - leben lassen und leben

02.01.2015 08:46

der sperling und das känguruh

in seinem zaun das känguruh
es hockt und guckt dem sperling zu.

der sperling sitzt auf dem gebäude
doch ohne sonderliche freude.

vielmehr, er fühlt, den kopf geduckt,
wie ihn das känguruh beguckt.

der sperling sträubt den federflaus
die sache ist auch gar zu kraus.

ihm ist, als ob er kaum noch sässe
wenn nun das känguruh ihn frässe?!

doch dieses dreht nach einer stunde
den kopf aus irgendeinem grunde,

vielleicht auch ohne tiefern sinn,
nach einer andern richtung hin.

(christian morgenstern, 1871-1914)


siehe auch:
cms.dieratten-net.webnode.at/news/blog-0108-wunde-liebe/

 

 

blog 0132 - neujahr tag

01.01.2015 08:13

ernster tag

jeder tag ist gut
genug für ein ein gedicht

selbst dieser mit
seinen gefallenen blättern
auf wiesen und gehwegen
seiner unwirtlichen stimmung
der lähmung in der luft.

ich hätte grosse lust,
der atmosphäre ihren grauen anzug
auszuziehen und sie in ihren langen
unterhosen durch die stadt zu scheuchen,

bis die leute
aus allen dunklen wolken fallen
und papierschwalben
aus ihren einkaufszetteln falten,
sich lustig machen über
einen so ernsten tag.

(hans kruppa, *1952, dichter)


https://www.dtv.de/_autoren/165/4839.jpg
 www.hans-kruppa.de/

 

 

blog 0131 - die rede

31.12.2014 07:07

standarten künden grosses an
und mikrofone sind gerichtet
soeben limousinen vorgefahren
schon durch das volk gerichtet

da: er! - katheder wichtig
sein sekretär hat eine gute hand
jetzt räuspern, manuskript gewichtig
dann hebt er strahlend an:

deutschland ist demokratisch
wasser, das ist nass
quadrate sind quadratisch
nichts ist zumindest das

krawatte, gattinnengefällig
revers mit mitgliedschaft garniert
nennt seine worte "immerfällig"
claqueure sind instruiert
natürlich ist auch ein feind da
dem droht er mit der faust
im schutz von gott und gorillas
jetzt holt er wieder aus:

deutschland ist demokratisch
wasser, das ist nass
quadrate sind quadratisch
nichts ist zumindest das

er bleibt im allgemeinen
spezielles wär' zu kompliziert
das volk nennt er gerne „das seine“
der volksfeind wird fotografiert
am ende ein satz mit: „wir werden...“
und was, das gibt wieder die faust zu verstehen
wir wollen es noch einmal hören
und wem‘s nicht passt
der kann ja nach drüben gehen:

deutschland ist demokratisch
wasser, das ist nass
quadrate sind quadratisch
nichts ist zumindest das

(gebrüder engel, 1980, magengesicht)

[song auf youtube ...]

 

 

blog 130 - normal, die masse

31.12.2014 06:33

rasen- und meinungspfleger

sie pflegen und pflegen
den rasen.
den rasen,
der ihnen gehört.

der motorrasenmäher
speit grasschnipsel.
sie bringen ordnung,
ihre graue, genaue, rechtwinklige ordnung
in den kunterbunten garten.

und sie vernichten unkraut,
und sie vernichten ungeziefer,
und sie vergiften maulwürfe,
und sie ermorden käfer.

denn ihr garten ist ihr paradies,
in dem sie gott sind.
und mit ihrem rasen
pflegen und hegen sie viel mehr, viel
mehr als nur ihren rasen:

ihre gute meinung pflegen und hegen sie,
die sie von sich selber haben.

(werner sprenger, 1923-2009)

siehe auch:
www.dieratten.net/news/blog-0126-furchte-jene/

 

 

blog 0129 - wolfssonate

29.12.2014 18:09

auch wenn im 13. jahrhundert de beaumanoir behauptet,
die tiere würden gut und böse nicht kennen,
gibt es zahlreiche juristen wie jean duret oder pierre ayrault,
die noch im 16. jahrhundert die meinung vertreten,
man müsse tiere, die sich des mordes oder des kindsmordes
schuldig gemacht haben, mit tod durch hängen
oder die garrotte, die würgschraube, bestrafen.

denn empfiehlt die bibel nicht, die tiere,
die menschen ermorden, zu töten,
weil sie schuldig und unrein seien?
„wenn ein rind einen mann oder eine frau stösst,
dass sie sterben, so soll man das rind steinigen
und sein fleisch nicht essen;
aber der besitzer des rindes soll nicht bestraft werden.“
(2. mose, 21, 28)

im mittelalter glaubt man, dass das tier
teilweise für seine handlungen verantwortlich ist,
weil es wie alle lebewesen eine seele besitzt,
die vegetativ wie bei allen pflanzen
und sensitiv wie bei den einfachsten tieren,
aber auch intellektual* wie die der menschen ist.

besitzt es darüber hinaus auch einen denkenden
und einen spirituellen grundbestandteil?

und die scholastiker** fragen auch,
ob die tiere nach dem tod auferstehen,
ob sie ein eigens ihnen vorbehaltenes paradies haben
und ob man sie auf dieser erde als moralisch
verantwortliche lebewesen behandeln muss.

lächeln wir nicht. die frage ist ernst gemeint,
und die zeit ist zu rühmen,
in der das schicksal der tiere und der respekt,
der ihnen gebührt, auch in der gefahr,
die sie bisweilen darstellen,
ernsthaft abgewogen und studiert werden.

denn schliesslich sind alle geschöpfe,
wie paulus sagt, „kinder gottes“
...

(helene grimaud, *1969, pianistin, autorin wolfssonate)
 

[youtube rachmaninow ...]

[siehe blog 0041]

... denn schliesslich sind alle geschöpfe,
wie paulus sagt, „kinder gottes“

mit ausnahme der schlange,
die der herr wegen ihrer kriminellen komplizenschaft
mit satan im garten eden verflucht hat.
mit ausnahme der schlange für gott ...
... und des wolfs für den menschen:

als plage betrachtet, sobald man ihn
in ländlichen gebieten antrifft,
wird der wolf unermüdlich verfolgt.
treibjagden werden organisiert, um ihn zu fangen.
alles unheil wird ihm aufgebürdet, alle verbrechen,
wie viele kindsmorde sind ihm zugeschrieben worden!
alle todesfälle, wie viele vergewaltigungen
und morde sind ihm untergeschoben worden!
und das schlimmste verbrechen von allen,
reine hexerei: die verwandlung
des menschen in einen werwolf.

die dieses verbrechens überführten wölfe
wurden gevierteilt und lebend
auf den hexenscheiterhaufen verbrannt.

lykanthropie? dieser zauber,
durch den ein mann oder eine frau
sich in einen wolf verwandelte,
wenn nicht gar satan selbst seine gestalt, sein fell,
sein rotes gesicht mit den gelben augen annahm,
das das höllentor im frieden der ländlichen gebiete öffnete.

leider stammen diese unglaubliche wahnvorstellung
und das martyrium, das sich daraus für die wölfe ergab,
nicht aus dem mittelalter, es gibt sie seit urzeiten.

seit jupiter in der antike, wie pausanias erzählt,
den könig lykaon von arkadien verflucht hat,
weil er ein neugeborenes auf seinem altar geopfert hatte.

für zehn jahre verwandelt der gott der götter
den könig in einen wolf, als zeichen der höchsten bestrafung.

man hasst sie, seit die ärzte im mittelalter
eine sehr eigenartige physiologische
krankheit diagnostiziert haben:
eben die lykanthropie.

dieser „wolfswahnsinn“ treibt die frauen
in die wollust und die sexuelle raserei,
die schönsten und jüngsten heulen nachts den mond an,
mit entblössten brüsten und dargebotenem geschlecht,
einem seelenverschlingenden geschlecht.

*intellektual = zum intellekt gehörend
**scholastik = wissenschaftliche denkweise und methode der beweisführung 

 

 

blog 0128 - gar lustig ...

28.12.2014 08:50

treibjagd im schnee

die treiber
leisten ganze arbeit
nur wenige tiere
entkommen dem kessel
die übrigen laufen um ihr leben

zumeist vergeblich
der schnee
macht ihre körper deutlich sichtbar

ein hase rennt vorüber
ich sehe seine angstvollen augen
und glaube sein klopfendes herz zu spüren.
von einem gewehrschuss tödlich getroffen
schlägt sein körper
einen kreis in der luft.

die strecke wird fröhlich verblasen
begreife das, wer will.

(ingeborg bingener)

 

 

blog 0127 - kinderbuchwelt

27.12.2014 07:00

in diversen sachbilderbüchern,
in denen das leben auf dem bauernhof vorgestellt wird,
laufen die hühner vergnügt durcheinander,
spielen die ferkel und verbringen die kälber,
von glücklichen kühen gesäugt,
eine wunderbare, gewaltfreie kindheit.

auf diese allerliebste weise,
erfahren die kinder,
„liefern uns“ die tiere lebensmittel.

pauschal gesprochen,
führt die kinderbuchwelt die tiere als geschöpfe vor,
die genau so lange liebens- und schützenswert sind,
als kein kochtopf in der nähe ist.

wir halten kinder dazu an,
nichtmenschliche lebewesen moralisch zu berücksichtigen;
wir wollen, dass sie für tiere sorge tragen
und mitleid empfinden.

doch in wirklichkeit,
nämlich auf dem weg in die küche,
waten wir alle gemeinsam
mit dem besten gewissen durch blut.

(hanne türk, kinderbuch-illustratorin)

 

 

blog 0126 - fürchte jene

26.12.2014 07:50

christus

mach dir nichts vor,
christus wird immer noch gekreuzigt.

christus ist
der ausgebeutetste aller namen.

was wurde nicht in seinem namen
betrogen und gelogen.

in seinem namen
wurden die sklaven gefangen,
die ketzer gerädert und gevierteilt,
frauen als hexen verbrannt und vergewaltigt,
erntefelder verwüstet,
menschen sich selbst entfremdet

durch fromme lügen.

(werner sprenger, 1923-2009)

fürchte jene.

jene fürchte
die keine zeit haben,
sie selber zu sein.
denn sie benötigen all ihre zeit,
befehle auszuführen
und geld zu verdienen.
jene, die keine zeit finden
sie selber zu sein,
in meinem leben waren es die,
die mich am hartnäckigsten
daran hindern wollten,
ich selber zu werden.

 

 

blog 0125 - die bücherdiebin

25.12.2014 08:11

zwei wachmänner.
zwei totengräber.
der eine gibt befehle.
der andere tut, was man ihm sagt.
was, wenn der andere mehr als ein einzelner wäre?

 

die bücherdiebin“ ist die geschichte
einer jugend im dritten reich,
erzählt von einem unglaublich sympathischen tod,
mit prallen figuren, dramatisch,
tragisch und streckenweise komisch

liesel auf dem weg zu ihren neuen pflegeeltern
rosa und hans hubermann -

liesel wurde von ihrer mutter getrennt (kommunistin):  

als der zug im münchener hauptbahnhof einfuhr,
quollen die passagiere aus den wagen
wie aus einem aufgerissenen paket.
es waren menschen jeder grösse und statur;
die armen unter ihnen erkannte man am leichtesten.
sie bemühen sich, immer in bewegung zu bleiben,
als ob es helfen würde,
von einem ort zum anderen zu gehen.
sie ignorieren die tatsache,
dass am ende ihrer reise nur eine neue version
desselben alten problems auf sie wartet –
wie ein verwandter, den man nur widerwillig begrüsst.

bei liesels ankunft
waren die bissspuren des schnees auf ihren händen
und das frostige blut auf ihren fingern
noch deutlich sichtbar.
alles an ihr war unterernährt.
drahtdünne schienbeine.
arme, hager wie kleiderbügel.
sie zeigte es nicht oft,
aber wenn es herausbrach,
war auch ihr lächeln am verhungern.

man konnte mit fug und recht behaupten,
dass rosa hubermanns gesicht
permanent mit wut bekleidet war.
so waren die knitter und falten
in ihrer pappkartonhaut entstanden.

an manchen tagen schickte papa (hans hubermann)
liesel nach dem aufwachen zurück ins bett und sagte ihr,
sie solle einen moment warten.
dann ging er das akkordeon holen und spielte für sie.
liesel setzte sich in ihren kissen auf und summte,
die kalten zehen vor freudiger erregung gekrümmt.
noch nie zuvor hatte ihr jemand musik geschenkt.
sie grinste, bis ihr schwindelig wurde,
und betrachtete die linien,
die sich in seinem gesicht hinabzogen,
betrachtete das geschmolzene metall seiner augen –
bis aus der küche ein fluchen zu hören war:
„hör mit diesem krach auf, saukerl!“
papa spielte noch ein weilchen länger.
er zwinkerte dem mädchen zu,
und ungeschickt zwinkerte sie zurück.

während papa die seiten umblätterte,
spürte er liesels augen auf sich ruhen.
sie packten ihn, warteten auf etwas,
irgendetwas, das von seinen lippen fiel.
„hier.“ er veränderte erneut seine sitzposition
und reichte ihr das buch.
„schau dir diese seite an, und sag mir,
wie viele worte du lesen kannst.“
sie schaute – und log.
„ungefähr die hälfte.“
„lies mir etwas vor.“
aber das konnte sie natürlich nicht.
er liess sie auf die worte deuten,
die sie lesen konnte,
und verlangte von ihr, sie auszusprechen.
es waren nur drei – „der“, „die“ und „das“.
auf der ganzen seite standen insgesamt
etwa zweihundert worte.
das wird schwieriger, als ich dachte.
sie erwischte ihn dabei, wie er das dachte.

sie lasen bis zum frühen morgen,
unterstrichen die worte,
die sie nicht verstanden,
schrieben sie auf und blätterten die seiten um,
bis es dämmerte.
ein paar mal wäre papa fast eingeschlafen,
hätte beinahe der verlockenden müdigkeit in seinen augen
und dem welken in seinem kopf nachgegeben.
aber liesel erwischte ihn jedes mal dabei,
wobei sie weder die selbstlosigkeit bewies,
die ihm erlaubt hätte einzuschlafen,
noch die frechheit, empört zu sein.
sie war ein mädchen, das einen berg besteigen wollte.

„komm schon, liesel“, sagte er, als sie zögerte.
„was fängt mit einem ›s‹ an?
es ist so leicht – enttäusch mich nicht.“
ihr fiel nichts ein.
„na, komm schon!“ sein flüstern spielte mit ihr.
„denk an mama.“
da schlug ihr das wort mitten ins gesicht.
ein grinsen, ohne nachzudenken.
„saumensch!“, rief sie,
und papa brüllte vor lachen –
und hörte abrupt wieder auf.
„psst, wir müssen leise sein.“
dann fing er erneut an zu lachen,
schrieb das wort auf und fügte eine zeichnung hinzu.

hans hubermann zeichnete auch liesel.
„papa“, flüsterte liesel, „ich hab ja gar keine augen.“
er streichelte dem mädchen übers haar.
sie war ihm in die falle gegangen.
„mit einem lächeln wie dem deinen“, sagte er
„brauchst du keine augen.“
er umarmte sie und schaute dann wieder das bild an.
sein gesicht war aus warmem silber.

frage: „am weihnachtstag ein blog ohne tiere?“
antwort: „ja! aber nein, der hund...“

faust, der hund, von ihm gab es ebenfalls zeichnungen –
herrliche linien und kurven und ohren,
gesichter eines schäferhundes
mit einem geradezu obszönen sabberproblem
und der fähigkeit zu sprechen.

(auszüge aus werners lieblingsbuch)

 

blog 0124 - christliche nächsten... was?

24.12.2014 19:45

der bär und der vogel.

es war einmal ein bär,
der lebte ungefähr eine meile weit weg
von den leuten am fusse des berges in einer höhle.

im sommer ging es ihm gut,
denn er hatte eine bienenzucht
und deswegen beinah immer soviel honig,
wie er nur wollte.
denn honig war seine leibspeise.
auch sammelte er beeren im wald,
fing am fluss forellen, kurzum:
im sommer lebte er dort wie im paradies.

dazu kam, dass die anderen waldtiere
und nicht zuletzt die leute vom dorf
ihn gut leiden konnten,
denn er war friedlich, leutselig,
immer zu einem kleinen spass aufgelegt.
bosheit und hinterlist kannte er nicht,
und wenn ihn selbst einer einmal hänselte,
foppte, ihm gar einen streich spielte,
verzieh er‘s ihm schnell,
denn wenn es dem bären gut geht,
braucht er niemanden zu beissen.

und dann kam der winter.

auch da ging es ihm nicht schlecht.
denn er hatte einen warmen pelzmantel aus bärenfell,
und weil er nicht dumm war,
hatte er im sommer kleine vorräte angelegt.

auch der winter war also
keine schlechte zeit für den bären.
und dann kam so ein winter,
der war kälter als jeder winter zuvor.
der wind hatte ihm den schnee
bis direkt vor sein bett geweht.
die luft war wie kaltes glas,
und im wald war es still, still, ganz still.
als ob es auf der welt keine töne mehr gäbe.
weil sie in der luft erfroren.
weil sie tot in den schnee fielen.
und wenn der bär herauswollte vor seine höhle,
musste er sich durch den schnee graben.

und dann kam die grosse heilige nacht.

und der mond stand oben allein, und weit,
weit weg flimmerten die sterne,
heller als sonst und ganz klar.

dem bären war es so kalt wie nie zuvor,
und er redete mit sich selbst,
das macht manchmal etwas warm.

„ich werde in das dorf gehen.
vielleicht treffe ich einen, den ich kenne,
und er nimmt mich mit nach haus
an den warmen ofen.“

er rieb sich die nase warm
und grub sich aus der höhle.
kalt war es. viel kälter,
als er innen in der höhle gedacht hatte.

„will jemand mit mir ins dorf gehen…hen…“,
rief er in den wald hinaus,
aber das echo kam sofort zurück,
war gar nicht weit gekommen,
war an der kälte zurückgeprallt.

„dort ist heute weihnachten“, rief der bär.
etwas leiser jetzt, „ist da niemand…“

„niemand…“, rief das echo zurück,
und das wort fiel erfroren in den schnee,
keiner hat es gehört.

da stapfte der bär allein los,
im sommer ein weg nicht einmal zu lang für eine maus.
aber jetzt für einen allein gehen doppelt so lang.

und als es immer kälter wurde,
der weg ohne ende war,
fiel der bär nach vorn und
konnte nicht mehr weitergehen.
da kam ein kleiner vogel gehüpft.
setzte sich auf sein ohr.
er kannte den bären vom sommer her.
sie hatten sich manchmal die beeren geteilt,
die der bär gesammelt hatte:

„eine ich und zwei du. eine ich und zwei du…“

„kalt ist“, sagte der vogel. „trag mich ein stück, bär!
kann nicht mehr fliegen wegen der kälte.
und ich sing dir was vor, ja!“

da stand der bär wieder auf,
nahm den federleichten vogel auf die pfote,
hauchte ihn warm,
und der vogel sang ihm ein lied ins ohr.

wie früher, wie im sommer. das wärmt.

der bär ging weich und vorsichtig,
um das lied nicht zu stören.

das war mitten in der nacht,
als sie ins dorf kamen.
die leute waren in der kirche und sangen.
aber der küster liess die beiden nicht hinein.
„bären und vögel haben hier keinen zutritt“, sagte er.
„das ist eine vorschrift,
und ich kann keine ausnahme machen.
geht einfach nicht. alte frauen könnten sich ängstigen.
morgen vielleicht, wenn die kirche leer ist,
oder wenn mehr kinder da sind,
die würden sich vielleicht freuen.
aber heut nicht, heut nicht.“

schlug die tür zu und war weg.

dem bären und dem vogel war es inzwischen egal.
sie spürten die kälte nicht mehr,
denn wenn du einen freund gefunden hast,
ist alles nicht mehr schlimm.
sie setzen sich neben die kirche,
und im auge des bären war so ein schönes licht,
an dem der vogel sich die flügel wärmen konnte.
jetzt hätte er wieder fliegen können
unter ein warmes dach über ihrem haus,
und die welt hatte keinen anfang und kein ende.

dann kamen die mütter und väter
mit ihren kindern aus der kirche.

„was ist denn dort mit dem bären?“, fragten die kinder.
„ist der echt, er bewegt sich ja gar nicht.“

die mütter und väter zogen die kinder an den händen weg,
es war schon spät, und es war kalt:

„na los, kommt schon.“

als das lied des vogels immer leiser wurde und der bär sah,
dass der vogel die augen schon zu hatte,
verbarg er ihn vorsichtig und warm zwischen seinen pfoten.
rührte sich nicht, um ihn nicht zu wecken.

aber auch dem bären fielen bald die augen zu.
und sie träumten von einem engel, der sie wegtrug.

am nächsten tag waren sie nicht mehr da.

(janosch, *1931)

 janosch: „katholisch geboren zu sein, ist der grösste unfall meines lebens“

 

 

blog 0123 - neros zeiten

24.12.2014 08:09

bei keinem tier wirst du finden,
dass es sich gering schätzt
oder auch nur vernachlässigt.
selbst die stummen und dummen tiere,
mögen sie sonst noch so einfältig sein,
haben so viel verstand,
wie sie für ihr leben brauchen.

(seneca, 4 v chr - 65 n chr, röm. philosoph und dichter)

www.dibb.de/seneca-roemische-stoa.php

ich scheue mich auch nicht, dir zu gestehen,
wie sehr ich den pythagoras geliebt habe.
sotion legte mir dar, aus welchem grunde
pythagoras sich des fleisches enthalten hatte
und aus welchem grunde dies später sextius tat.

die gründe der beiden waren verschieden,
in beiden fällen aber waren sie ausdruck hoher gesinnung.

sextius glaubte, dem menschen stände
genügend unblutige nahrung zur verfügung,
und die grausamkeit könne zur gewohnheit werden,
wenn man lebewesen zum vergnügen zerfleischen lasse.

von solchen worten wurde ich gepackt und begann,
mich der fleischnahrung zu enthalten.
schon nach jahresfrist fiel mir diese gewohnheit nicht nur leicht,
sondern war mir sogar angenehm.
ich hatte das gefühl grösserer geistiger beweglichkeit.

 

 

 

blog 0122 - verhältnis zum verhalten

23.12.2014 12:25

verhalten ist allgemein eine eigenschaft der materie,
also auch eisen verhält sich, indem es rostet,
bei entsprechender hitze flüssig wird oder in säure sich auflöst.

unter dem tierschutzaspekt ist aber
nur das verhalten von lebewesen interessant.

in diesem falle ist das verhalten das reagieren
auf körperliche oder seelische reize,
z.b. beim zufügen von schmerzen oder leiden.

sicher ist, dass der mensch viel weniger,
als er glaubt, wirklich handelt,
sondern viel öfter, als er meint,
sich einfach „verhält".

dazwischen gibt es eine mischform,
also ein tun, das ursprünglich
überlegte handlung war,
dann aber durch lange gewohnheit
zum verhalten wurde, wie etwa beim autofahren.

das verhalten ist der zentrale forschungsgegenstand
der ethologie und vermittelt einsichten,
die nötig sind, um tiere artgemäss zu behandeln.

konrad lorenz hat mehrfach beschrieben,
wie tiere sich verhalten, wenn auf bestimmte reize
verschiedene reaktionsweisen möglich sind
oder wenn zwei reize gleichzeitig auftreten
und auf reaktionen drängen,
die sich gegenseitig ausschliessen.
in solchen fällen kann auch tierliches verhalten
merkmale eines abwägenden handelns zeigen.

die tierschutzethische relevanz des verhalten
betrifft unser umgehen mit dem tier,
wir müssen also dem tier die möglichkeit geben,
sich artgemäss zu verhalten,
was insbesondere in der nutztierhaltung,
aber auch bei zoo- und zirkustieren  
und in der haltung von heimtieren
oft zu erheblichen konflikten führt,
weil die interessen des menschen
denen der tiere zuwiderlaufen.

aber auch menschliches verhalten ist ethisch relevant,
weil der mensch infolge seiner fähigkeit
zur bewusstmachung seines verhalten
auch für diesen bereich seines tuns verantwortung trägt.

nicht umsonst verurteilt albert schweitzer
die gedankenlose tierquälerei besonders heftig.
der tierschützer muss sein eigenes verhalten kontrollieren
und das verhalten anderer in seiner arbeit
für den tierschutz beachten.

ohne ständige veränderung der menschlichen
verhaltengewohnheiten kann der tierschutz
seinem ziel nicht näher kommen.

 (gotthart m. teutsch, 1918-2009, tierschutzethik)

 

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0113-koharenz/

www.dieratten.net/news/blog-0084-tierbefreiung/

www.dieratten.net/news/blog-0079-na-toll/

 

 

 

blog 0121 - versuch

22.12.2014 19:10

ich habe jeden tag tiere auf dem tisch,
kranke, schmerz empfindende, angst habende tiere.

und ich weiss aufgrund dieser tatsache,
dass ich eben jeden tag
mit leidenden geschöpfen konfrontiert werde,
wie sehr ein tier infolge angst
vermehrt schmerz empfindet.

angst wirkt potenzierend im hinblick auf schmerz.

und wenn wir überlegen,
dass in den tierversuchsställen,
ganz gleich wo auch immer,
ob bei uns im lande oder sonstwo,
tiere jeden tag wieder
in den tierversuch genommen werden,
was diese tiere für eine angst durchleben!

(peter teichmann, tierarzt, 1990)

 [versuch mit hunden...]

 

 

blog 0120 - stinkwut

20.12.2014 20:37

stern-interview 16.03.1989:

ich kriege eine stinkwurt,
wenn ich heute noch
frauen mit einem pelz
herumlaufen sehe

(erika pluhar, *1939)

www.erikapluhar.net/biografie.html

österreichische schauspielerin
und schriftstellerin
u.a. verheiratet mit andre heller
tritt gegen rechtsextremismus ein
.

 

 

blog 0119 - augen

19.12.2014 07:21

hinter dem wagen stand ein kleiner käfig
mit zwei halb verhungerten wölfen.
sie kamen, als sie franziskus sahen, an das gitter
und betrachteten ihn mit grossen grünen augen.

franziskus traten tränen in die augen:
meine brüder, meine wilden brüder,
und gefangen hinter stäben!

und der eine wolf erhob seine stimme:
bruder, der du wider willen oder wissen
freundlich uns besuchst,
denke oft an uns gefangene!

auch wir wandelten durch wald und weite,
feld und freiheit, einst wie du!
hatten liebe, hatten leben.
unsere stählern festen sehnen
trugen flink uns über moos und stein.
keinem feind gelang mit uns der kampf.

unsere kinder jubelten,
wenn wir das futter brachten.

sonne war in unseren augen.
unsere augen waren sonnen in der nacht.
aber uns bezwang das schicksal,
mächtig aus des menschen hand gemacht.

viel erbärmliches ist,
doch nichts erbärmlicheres als der mensch.
unser hunger ist ihre sättigung.
unsere qual ihre lust.
unser tod ist ihr leben.
unsere liebe ihr hohn.  

(klabund bzw. alfred henschke, 1890-1928)

www.dhm.de/lemo/biografie/klabund

alfred henschke wählte 1912 das pseudonym klabund,
was er anfangs als eine zusammensetzung
aus den beiden wörtern klabautermann und vagabund erklärte.

klabund war ein deutscher dichter, dramatiker, lyriker, erzähler
zwischen impressionismus und expressionismus.
sein werk war, da stark erotisch oder pazifistisch,
häufigen anfeindungen ausgesetzt.

1915 wurde klabund in einem prozess
zu einer geringen geldstrafe verurteilt.
der prozess war für ihn eine grossartige werbung.

im laufe des krieges wandelte sich klabund zum kriegsgegner.
beeinflusst wurde er in dieser wandlung durch brunhilde heberle,
seine zukünftige frau, die er mit ihrem zweiten vornamen irene,
das heisst „die friedliche“, nannte.

er schloss sich einem kreis pazifistischer emigranten an.
in monti sopra locarno wohnten oder verkehrten
ernst bloch, hermann hesse, emmy hennings,
else lasker-schüler und der naturprophet gusto gräser.

in der schweiz gehörte er zum kreis um rené schickele,
für dessen pazifistische weisse blätter er auch schrieb.

häufig war er in moralische und politische skandale verwickelt,
wegen gotteslästerung angeklagt, immer vom tode bedroht.

klabund verfasste 25 dramen und 14 romane,
viele erzählungen und zahlreiche nachdichtungen.

 

blog 0118 - tierschutzproblem mensch

18.12.2014 07:14

das dringendste tierschutzproblem ist der mensch.

denn nur weil er die tiere benutzt, wie es ihm gefällt
und nicht als mitgeschöpfe behandelt,
leiden und sterben diese wesen in labors,
auf schlachthöfen, bei tiertransporten
oder auch in den privathaushalten.

tiere gehören in ihre natürliche umgebung.
ich „habe“ eine katze namens knutschi.
zudem „habe" ich zwei wildkatzen,
viele vögel, igel und andere tiere.

sie holen sich bei mir futter,
bleiben aber frei.

sie entscheiden sich für mich,
nicht umgekehrt.

(cleo maria kretschmer, *1951, schauspielerin)

cleo kretschmer ist offizielle schirmherrin
für die rehabilitation der aphasiker e.v.
zudem ist sie mentorin von lilalu e.v.

lilalu ist ein ausserschulisches bildungs- und ferienprogramm,
das seit 1997 in münchen stattfindet und seither auf andere städte
wie dortmund, ingolstadt, schwetzingen und stuttgart ausgeweitet wurde.

für die workshops wird eine teilnahmegebühr von 150 bis 200 euro erhoben,
zusätzlich wirbt der träger unterstützung durch sponsoren und spender ein,
mit deren hilfe unter anderem kostenfreie plätze für kinder und jugendliche
aus einkommensschwachen familien finanziert werden.

neben den workshops gibt es während des sommerfestivals
ein rahmenprogramm für die ganze familie
unter dem motto „umsonst & draussen“,
das lesungen, open-air-konzerte, theatervorstellungen,
schnupper-workshops und andere programmpunkte umfasst.
laut eigenen angaben kamen 2013 mehr als 60.000 besucher
auf das festivalgelände im münchner olympiapark.

lilalu bietet in zusammenarbeit mit dem
bundesamt für migration und flüchtlinge
gezielte fördermassnahmen für
jugendliche mit migrationshintergrund an,
die bei lilalu als ferienbetreuer tätig werden möchten.

 

blog 0117 - schmale spuren

17.12.2014 06:27

nur eine schmale spur
selbstloser gesinnung,
die dem tier
volle rechte zubilligt,
geht durch unsere geschichte.

(sina walden)

siehe auch:
www.dieratten.net/news/blog-0109-kafig-vergrossern-/

 

blog 0116 - warum wohl unwohl

17.12.2014 06:20

warum gibt es unmenschen?

warum gibt es keine untiere?

(ratte werner)

 

blog 0115 - ratten

15.12.2014 06:40

ich arbeite für einen grossen internationalen pharmakonzern
als wissenschaftliche leiterin.

ich glaube, wissenschaftler sehen ratten einfach als versuchsgerät an,
wie instrumente und apparaturen.

ratten sind leicht erhältlich, billig, gut verwendbar,
und man kann die ergebnisse von experimenten
immer wieder reproduzieren.

bei einer vielzahl von tests mit ratten
bin ich zur festen überzeugung gekommen,
dass sie besonders intelligente tiere sind,
die menschliche zuneigung spüren
und sich darüber freuen.

an einer grossen menge ratten
wurde ein experiment mit einer chemischen substanz durchgeführt,
deren ausiwirkung auf das nervensystem bereits bekannt ist.

ich sah ratten in krämpfen, unfähig zu laufen,
halb gelähmt, in grosser verzweiflung, zitternd,
sich zerkratzend, mit den pfoten scharrend, bis sie bluteten.

sie sterben in agonie
oder werden von ihren käfiggefährten aufgefressen.

aussage einer wissenschaftlerin, die anonym bleiben möchte.

(eva kroth, das tierbuch, 1991)

 

blog 0114 - gefühlsmenschen

14.12.2014 08:11

jedes tier, an dem geld zu verdienen ist,
wird gnadenlos gejagt, gequält und getötet.

konrad lorenz hat einmal gesagt,
tiere seien gefühlsmenschen mit etwas weniger verstand.
dieses etwas weniger verstand -
ein gradueller, kein qualitativer unterschied -
macht die tiere einerseits liebenswert,
andererseits aber arg- und daher wehrlos:
die grosse folge der kleinen differenz
besteht unter anderem darin,
dass tiere uns menschen
auf gedeih und verderb ausgeliefert sind.

die schöpfung hat sie uns - ähnlich den kindern -
zur fürsorglichen obhut und pflege anvertraut.
doch wir haben aus ihnen neue untermenschen geschaffen,
die nach belieben misshandelt, missbraucht,
ausgebeutet und vernichtet werden -
die so genannten tierschutzgesetze
schützen nicht die opfer, sondern die täter. 

(ilja weiss, *1953)


 www.zfd-online.net/Bilder/A10.pdf


hessen hat einen ruf als wiege des tierschutzes zu verteidigen.
hier wurde 1990 der erste tierschutzbeauftragte
der welt berufen, der journalist ilja weiss.

es war ein signal des cdu-ministerpräsidenten wallmann,
und vielleicht schon ein früher vorbote
von schwarz-grün in hessen, wer weiss.

weiss-nachfolgerin madeleine martin
kämpfte jahrelang vergeblich dafür,
männliche küken nicht nach der geburt zu schreddern,
wie es millionenfach üblich ist.
sie setzen nicht schnell genug brustfleisch an,
damit es sich wirtschaftlich lohnt.

plötzlich zeigt sich: eigentlich waren alle immer dafür.
gut, dass die tiere das nicht hören müssen.

[weiterlesen...]

 

blog 0113 - kohärenz

13.12.2014 14:25

tierversuchgegner und vegetarismus

die kohärenzforderung* spielt im tierschutz eine wichtige rolle:
ein ethisches konzept muss in sich konsequent sein
und ausnahmen oder abweichungen sind nur zulässig,
wenn ausreichende gründe vorliegen.

selbst derjenige, der sich auf kein konzept festgelegt hat
und glaubwürdigkeit beansprucht,
darf sich nicht widersprechen,
indem er gleiche oder ähnliche sachverhalte
willkürlich unterschiedlich beurteilt.

insbesondere werden immer wieder rückfragen gestellt,
die die inkohärenz einer ethischen position blosslegen sollen.

dabei können die vorgebrachten forderungen
auch erheblich überzogen werden:

so hat die national society for medical research
zur abwehr tierversuchsfeindlicher tendenzen
allen grundsätzlichen tierversuchsgegnern nahegelegt,
im interesse ihrer glaubwürdigkeit
eine von ihr formulierte erklärung zu unterschreiben,
„... etwa im falle der erkrankung an diabetes
weder für sich noch für seine kinder
eine insulinbehandlung zuzulassen,
bei erkrankung an perniziöser anämie
kein leberpräparat einzunehmen,
keine blutspende zu dulden,
bei operationen keine betäubung vornehmen zu lassen,
keine operationen an herz, lunge, blutgefässen,
gehirn und baucheingeweiden an sich selbst zu gestatten.
alle diese und viele andere eingriffe nämlich
sind erst mit hilfe des so leidenschaftlich
bekämpften tierexperiments möglich geworden."

diese konsequenzforderung ist erheblich überzogen,
da das ansinnen willkürlich ist und ungerecht,
weil sie in keinem anderen vergleichbaren fall gestellt wird:
von keinem kriegsdienstverweigerer
ist jemals verlangt worden,
auf alle erfindungen zu verzichten,
die in verbindung mit kriegen gemacht wurden.

es gibt jedoch konsequenzforderungen,
die der tierversuchsgegner akzeptieren muss,
denn wer tierschützer geworden ist,
muss auch sein persönliches leben entsprechend ändern.

vom radikalen tierversuchsgegner,
der auch das arbeiten mit organen
schmerzlos getöteter tiere ablehnt,
ist jedenfalls eine strikt

vegetarische lebensweise zu fordern.

er kann dann allerdings seinerseits den ausbau
der tierversuchsfreien medizin verlangen,
weil er ja wie jeder bürger anspruch
auf medizinische versorgung hat.

auch der wehrdienstverweigerer
wird vom schutz durch bundeswehr
und verbündete nicht ausgeschlossen.

(gotthard m. teutsch, 1918-2009)

teutsch_cover klein

*kohärent: zusammenhängend

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0084-tierbefreiung/

www.dieratten.net/news/blog-0079-na-toll/

 

blog 0112 - diät

12.12.2014 07:18

fleischessen bringt eine ungeheure versklavung
der menschen durch die tiere mit sich.

kühe und schafe mit ihrer dienerschaft
von geburtshelfern, viehzüchtern, schafhirten,
fleischern, milchmädchen und so weiter
beanspruchen eine menge menschlicher arbeitskraft,
die man der aufzucht und betreuung
von menschen widmen sollte.

(george bernhard shaw, 1856-1950)

als shaw einmal mit seinem fahrrad gestürzt war,
fussbeschwerden und knöchelverstauchung erlitt,
kam er zu seinem leidwesen mit ärzten zusammen,
die dann sogleich seine diät bemängelten.

„ich befinde mich in einer traurigen lage.
man verheisst mir das leben unter der bedingung,
dass ich beefsteak esse.
meine weinende familie bedrängt mich
mit fleischextrakt und konzentrierter fleischbrühe.
aber lieber den tod als kannibalismus.

mein testament enthält anweisungen für mein begräbnis,
bei dem nicht trauerkutschen dem sarg folgen werden,
sondern herden von ochsen, schafen,
und schweinen und hühnervölker
und ein fahrbares aquarium mit lebenden fischen,
alle mit weissen schleifen zu ehren des mannes,
der lieber zugrunde ging,
als seine mitgeschöpfe zu essen.

abgesehen von dem zug der tiere in noahs arche
wird es das bemerkenswerteste schauspiel
dieser art sein, das man je gesehen hat."

(siehe blog 0074+0092+0103)

 

blog 0111 - christlicher pöbel

11.12.2014 06:39

die christliche moral hat ihre vorschriften
ganz auf den menschen beschränkt,
die gesamte tierwelt rechtlos gelassen.

man sehe nur, wie unser christlicher pöbel
gegen die tiere verfährt,
sie völlig zwecklos und lachend tötet,
oder verstümmelt, oder martert,
seine pferde im alter bis aufs äusserste anstrengt,
um das letzte mark aus ihren armen knochen zu arbeiten,
bis sie unter seinen streichen erliegen.

man möchte wahrlich sagen:
die menschen sind die teufel der erde
und die tiere ihre geplagten seelen.

man darf zuversichtlich behaupten:
wer gegen Tiere grausam ist,
kann kein guter Mensch sein

(arthur schopenhauer, 1788-1860)

zwar weist die lehre christi ausdrücklich daraufhin,
dass die zehn gebote in dem einen gebot der liebe,
d.h. der gottes- und nächstenliebe, zusammengefasst sind.

in dieser hinsicht hat die christenheit
allerdings immer wieder versagt:
nicht nur in unzähligen kriegen,
sondern auch den tieren gegenüber
durch tägliches schlachten, jagen und vivisezieren.

buddha sagte es 450 jahre vor christus:
„liebe gegen alle wesen ist wahre religion."  

(günther stolzenberg)

 

blog 0110 - zwitschern

10.12.2014 07:27

im winter
füttere ich vögel
wahrscheinlich tue ich
des guten zuviel.

hauptsächlich kommen
spatzen, drosseln und türkentauben
meisen nur, wenn es still ist
rotkehlchen und dompfaffen bei eis und schnee.

wenn ich das haus betrete oder verlasse
höre ich's zwitschern:
sie kommt! sie kommt!

(prof. ingeborg bingener, 1922-2001)

 

blog 0109 - käfig vergrössern?

09.12.2014 07:13

taz 12.2014: „die forderung einer grösseren grundfläche für die tiere
käme einem faktischen berufsverbot gleich, urteilten die richter.“

siehe auch kuckma vom 08.12.2014: https://www.dieratten.net/kuckma/

das einstige kult-buch „endzeit für tiere“ (sina walden, gisela bulla)
hatte es in zwei auflagen gegeben: 1984 und 1992.

sina walden 1992 (heute als ratten-kommentar zum thema käfiggrösse):

in der ersten fassung des buches „endzeit für tiere“ 1984
stand an dieser stelle ein kapitel mit der überschrift
„tierschutz wird gesellschaftsfähig“,
in dem die damals schon erkennbare tendenz
zur aufwertung des ethischen tierschutzes registriert wurde.
es ist die wohl erfreulichste feststellung,
die heute, 1992 getroffen werden kann,
dass dieses kapitel neu geschrieben werden muss,
weil doch in nur 8 jahren eine erhebliche entwicklung zugunsten
der akzeptanz der dargelegten gedanken stattgefunden hat.

das heisst nicht, dass das grundsätzliche umdenken
schon allgemeingut geworden wäre - weit entfernt.
es heisst vor allem auch nicht,
dass sich für die tiere in den hier skizzierten bereichen
konkret etwas verbessert hätte.
in der praxis sind sogar verschlimmerungen zu notieren,
etwa auf dem gebiet der massentierhaltung
oder in der gentechnologie.
das artensterben hält unvermindert an.

aber es lohnt doch, dem bewusstseinswandel nachzuspüren,
der inzwischen stattgefunden hat und weiter stattfindet.
am deutlichsten ist dieser wandel in den medien zu beobachten.
andere zeichen in der alltäglichen erfahrung, in der literatur, der kirche,
der mode, der ernährung, in privaten und öffentlichen gesprächen
deuten in die gleiche richtung, wenn auch massive elemente
des beharrens nicht zu übersehen sind.

für die tierschutzbewegung lässt sich mit grösserem ernst als früher sagen,
dass sie sich zu einer tierrechtssbewegung wandelt.
wer heute noch die abschaffung unnötiger tierversuche
oder sinnloser qualen fordert, verrät sich als gestrig.
grössere hühnerkäfige, artgerechte zirkus- oder pelztierhaltung,
humane dressur, schonende behandlung von versuchstieren
und dergleichen schizophrenbescheidene forderungen sind ein alter zopf.

[wohlgemerkt 1992 - wir schreiben 2014]

es ist aber ein entscheidender unterschied,
ob sogenannte „kleine schritte“ nur als übergangslösungen
im hinblick auf die leidensfähigkeit jedes einzelnen tieres,
auf die kürze jedes einzelnen tierlebens unternommen werden,
oder ob dies als inbegriff von tierschutz angesehen wird.

sind die tierrechtler vielleicht sensoren für einen wertewandel,
in dessen verlauf der „krone der schöpfung“ die zacken aus der krone fallen?
oder indikatoren für die unterschwellig greifende erkenntnis,
dass die erde und alles, was auf ihr kreucht und fleucht,
nicht ihrer zielbestimmung nach für den menschen gemacht ist;
eine erkenntnis, die für unser denken so revolutionär ist,
wie es einst der zusammenbruch des geozentrischen weltbilds war?

der tierrechtsgedanke in all seinen konkreten ausformungen
ist eine gefährliche, unbewusst empfundene bedrohung
des anthropozentrischen systems.

niemand braucht sich zu wundern,
dass er deshalb auf gewaltigen widerstand stösst,
und dass der widerstand sich gerade in der politik,
dem ausführungswerkzeug einer anthropozentrischen wirtschaft,

so krass manifestiert.

es ist eigentlich eher erstaunlich,
dass die rezeption tierrechtlicher gedanken
ausgerechnet in den massenmedien so gut vorankommt,
da in unserer ordnung ja die „massen“ in hohem grad
teilhaber und nutzniesser der tierausbeutung sind.
wir nehmen es vorerst als indiz
eines unterschwelligen kollektiven umdenkens an
und freuen uns, wenn die indizien sich häufen.

(sina walden, 1992)
 

grössere käfige? nein!

tierquälerei? berufsverbot!

wie das verwaltungsgericht schon feststellte:  
hier ist eindeutig die gesetzgebung gefordert.

nicht die „politik der kleinen schritte“,
die genau so unsinnig wäre
wie die forderung nach kürzeren
schlachttiertransportzeiten.

stell dir vor,
das deutsche pelz institut spendet grössere käfige,
und tierfreund-deutschland lehnt sich zurück!

(ratte werner)

 

blog 0108 - wunde liebe

08.12.2014 05:22

ich war im garten, wo sie all die tiere
gefangen halten; glücklich schienen viele,
in heitern zwingern treibend muntre spiele.
doch andre hatten augen, tote, stiere!
ein silberfuchs, ein wunderzierlich wesen,
besah mich unentwegt mit stillen blicken;
er schien so klug sich in sein los zu schicken;
doch konnte ich in seinem innern lesen.
und andre sah ich mit verwandten mienen,
und andre rastlos hinter starren …
von wunder liebe fühlt' ich mich erzittern,
und meine seele wurde eins mit ihnen.

(christian morgenstern, 1871-1914)

 

blog 0107 - radikal

07.12.2014 06:12

wesentlich ist die orientierung
am gerechtigkeitsgedanken,
über die menschliche sphäre hinausgehend
gleiches gleich und ungleiches
seiner eignen art entsprechend
verschieden zu behandeln.

ein wirksamer schutz der tiere
gebietet die anerkennung
ihrer vitalen und sozialen grundbedürfnisse,
ihrer rechte auf wohlergehen und würde,
der rechte auf leben und unversehrtheit.

das ist ebenso einfach
wie im positiven sinne radikal,
bedarf aber deshalb eines
evolutionsprozesses des menschen.

es geht nachdrücklich darum,
dass wir den tieren gerecht werden müssen
und sie daher nicht länger in herkömmlicher weise
genutzt, verbraucht und getötet werden dürfen.

das verlangt eine vielschichtige veränderung
unseres „verbraucher"-verhaltens gegenüber den tieren,
eine anerkennung und beachtung
ihrer (älteren) lebensrechte auf diesem planeten.

(eisenhart von loeper, *1941)

www.erna-graff-stiftung.de/vorstand/

dr. jur. eisenhart von loeper, deutscher rechtsanwalt,
arbeitet an publikationen und konflikten zum thema tierrechte.

1987 gründung der vereinigung „juristen für tierrechte“.
von 1987 bis 2006 vorsitzender des
bundesverbandes menschen für tierrechte.
heute vorsitzender der
stiftung für tierschutz erna graff.

wegen seiner verdienste um den tierschutz wurde ihm 2005
das deutsche verdienstkreuz am bande verliehen.

eisenhart von loeper ist vehementer gegner des
umstrittenen bahn-projekts stuttgart21.

www.djgt.de/artikel/2011/6/3/tierschuetzer-dr-eisenhart-von-loeper-feiert-am-03-juni-2011-seinen-70-geburtstag

 

blog 0106 - clancy

06.12.2014 08:18

weihnachten war vorbei.
am freitag kehrte wieder routine in der klinik ein,
und wir planten clancy für seine biopsie ein.
ich sass bei ihm im aufwachraum,
und viele seiner bewunderer kamen vorbei,
um ihn zu besuchen.
clancy hatte ein lymphosarkom.

er war kein stoischer patient,
behielt sich seine beschwerden
jedoch für ein publikum vor.
wenn er allein war, döste er.

als ich am abend die klinik verliess,
schlief er in seinem käfig.
um zwei uhr am nächsten morgen
klingelte in meiner wohnung das telefon.
„samantha? hier ist anne.“
sie war nachtschwester.
„ist clancy bei ihnen?
ich habe auf der station nachgesehen,
und ich habe überall auf dem gang nach ihm gerufen.
ich dachte, vielleicht haben sie ihn,
oder sie kennen seine verstecke.“
„aber er ist heute operiert worden“, überlegte ich laut.
„wie kam er bei geschlossener tür aus der station?“
„ich weiss es nicht. das habe ich nie rausgekriegt.
er kann nicht weit gekommen sein. ich bin gleich da

ich lächelte, als ich mir vorstellte,
wie er tief und fest in seinem käfig schlief.
er hatte mich wieder ausgetrickst.

als ich den hügel hinunter zum krankenhaus ging,
versuchte ich einen plan zu skizzieren.
sein lieblingsplatz war der vorratsraum,
doch der war nachts abgeschlossen.
ich hatte immer gedacht,
dies sei sein lieblingsplatz wegen der hysterie,
die er hervorrief, wenn harold,
der für die vorräte verantwortlich war
und angst vor katzen hatte, ihn sah.

ich durchsuchte noch einmal die station und das büro,
rief seinen namen und ging den flur hinunter.
ein entferntes miauen zog mich zum vorratsraum.
während ich weiter seinen namen rief,
wurden seine schreie lauter und drängender.
eine taschenlampe beleuchtete zwei runde augen,
und aus der umgebenden dunkelheit
tauchte eine vertraute form auf.
clancy war das drei meter hohe gitter hochgeklettert
und sass nun auf dem oberen regal
an der wand des vorratsraums und behauptete,
er könne nicht herunter. schliesslich war er krank.

ich rettete meinen kleinen helden,
und er schnurrte, während ich rief und schrie.
an diesem morgen beschwerte sich harold,
dass jemand zwei fünfzig-pfund-säcke
am boden aufgerissen habe.

am 2. januar begann die behandlung.
clancy knurrte und kämpfte gegen seine chemotherapie.
innerhalb einer woche nach der ersten behandlung
wurden seine nieren kleiner und sein appetit grösser.
er war wieder verspielt und neugierig.

manchmal beobachtete ich clancy in einer neuen situation
und war erstaunt über seine anpassungsfähigkeit.
ein fernsehsender filmte für eine nachrichtensendung.
sie kamen nach der sprechstunde.
clancy half dem kamerateam,
sprang auf kisten und untersuchte ihre ausrüstung.
ich schlug vor, ihn zum fernschstar zu machen.
greg meinte, wir könnten so tun,
als behandelten wir clancy.
ich legte den star auf den untersuchungstisch.
lichter, kamera und action,
als greg mit der nadel in der hand nach clancys bein griff.
clancy wusste, dass er am tag zuvor schon behandelt worden war.
er demonstrierte dem filmteam,
was für eine furchtbare erfahrung dies
für ein hilfloses kätzchen war.

wir entschieden uns schliesslich für eine episode,
die zeigte, wie greg clancys herz abhörte.
gregs kopf war gebeugt,
während clancy gerade in die kamera blickte.
clancy, der star, nutzte die einrichtungen
des achten stocks voll aus.
nur mit mühe mochte man glauben,
dass er einst den ganzen tag in seinem käfig geblieben war.

er konnte auf einen besuch bei greg vorbeikommen
oder den flur entlanggehen, um harold zu piesacken.
einmal, als ich hinunterlief, um clancy zu holen,
meinte harold fast anklagend:
„ich dachte, sie sagten, er sei krank.“

ich glaube, dass sich harold auf seine weise um clancy sorgte.
clancy hatte mit seiner hartnäckigkeit
und seinem eigensinn ein weiteres herz erobert.
harold liess ihn in leeren kisten sitzen
und auf die berge klettern,
die mit jeder lieferung auftauchten.
nur wenn clancy ihm im weg war
oder wenn er sich an die säcke mit trockenfuttcr wagte,
forderte harold meine hilfe an.

das neue jahr hatte clancy und mir
einen kompromiss gebracht.
es war ein kompromiss,
doch wir akzeptierten die bedingungen.
so sehr es mir auch gegen den strich ging,
die veränderung hatte sich in meine routine eingeschlichen.

(samantha mooney, 1983)

die autorin samantha mooney,
angestellte des bekannten animal medical center von new york,
berichtet liebevoll über den täglichen kampf ihrer vierbeinigen patienten,
ein kampf, der sich über die klinik hinaus
bis ins häusliche und und in die ferien hinein erstreckt.

über die jahre hinweg hat die autorin viele dauerpatienten begleitet,
wie z.b. den getigerten kater „clancy“, der auf der ganzen station gast war,
die schüchterne katze „fledermaus“ oder den ruhigen kater „oliver cromwell“,
der als freund eine seemöwe hat, die er bei seinem urlaub in maine trifft.

im vordergrund der klinik beim täglichen kampf um die tiere
steht dabei die lebensqualität der tiere.
ziel ist es die lebensqualität der tiere zu erhalten und zu verbessern.

das heisst aber auch im richtigen moment loszulassen.
wie eine schneeflocke in der hand.
alles ist vergänglich.
das schöne bleibt einem aber in erinnerung.

 

blog 0105 - menschen+fleisch

05.12.2014 07:13

wer aber das leben des tieres so gering achtet,
dass er z.b. die tierische nahrung der pflanzlichen vorzieht,
nur weil er sie für bekömmlicher hält,
der sollte sich füglich fragen,
warum er nicht auch menschenfleisch isst.

wenn er den genuss von tierfleisch
allein aus hygienischen gründen beibehält,
diesen gründen aber keine berechtigung zumisst,
wenn sie ihm die probe auf die bekömmlichkeit
von menschenfleisch nahelegen,
dann steht er moralisch gewiss nicht
über dem von ihm verachteten kannibalen,
der sich wenigstens seine motive eingesteht.

(tolstoi, 1828-1910)

(siehe blog 0082)

www.anarchismus.at/anarchistische-klassiker/leo-tolstoi/7013-rosa-luxemburg-tolstoi-als-sozialer-denker

 

blog 0104 - 04.12.1939 = 75 jahre

04.12.2014 06:07

als ob es nicht auch eine forschung und wissenschaft
auf der basis der achtung und liebe gibt
oder mindestens geben könnte!

oder bildet sie sich ein,
man könnte nur von der natur leben und lernen,
indem man sie ausbeutet?

das ist ganz simpel eine
widerwärtige herrenmenschen-ideologie.
aber den preis bezahlen wir mittlerweile alle.

(harald naegeli, *1939)

www.nzz.ch/zuerich/zuercher_kultur/das-phantom-in-der-wolke-1.18437732

harald naegli, der sprayer von zürich, wird heute 75

inspiriert durch sprayer wie gérard zlotykamien,
dessen arbeiten er in paris gesehen hatte,
war er selbst illegal künstlerisch tätig geworden.
seine auf hauswände und betonmauern
gesprühten graffiti wirkten damals
auf viele menschen überaus provokant.

naegeli stand 1981 vor einem zürcher gericht
und wurde wegen wiederholter sachbeschädigung
mit einer hohen geldstrafe und
neun monaten haft hart bestraft.
der vollstreckung des urteils entzog naegeli
sich durch eine flucht
aus der schweiz nach deutschland.
es erging ein internationaler haftbefehl.

unterschlupf fand naegeli zuerst in köln
bei der wdr-redakteurin marianne lienau,
die zusammen mit ihrem kollegen hubert maessen
1980/81 in zürich den (schwierigen)
persönlich-journalistischen kontakt
mit dem bis dahin anonymen naegeli gefunden hatte.

nach dem aufenthalt in köln zog naegeli
ins „asyl“ bei hubert maessen in düsseldorf,
der ihn auch mit joseph beuys bekanntmachte.

naeglli wurde an der grenze zu dänemark gefasst.

trotz umfassender proteste –
unter anderem setzten sich
willy brandt und joseph beuys für ihn ein –
musste er seine strafe antreten und
stellte sich den schweizer behörden.

im gefängnis entstanden einige keramiken
mit den bekannten naegeli-figuren;
naegeli hielt sich nicht an die
gestaltungsvorgaben der haftanstalt.

nach seiner entlassung zog naegeli wieder nach düsseldorf.
er sprühte weiter – bis heute.

 

blog 0103 - weise + weisse

03.12.2014 07:32

ich bin bekannt für meine ironie.
aber auf den gedanken,
im hafen von new york
eine freiheitsstatue zu errichten,
wäre selbst ich nicht gekommen.

(george bernhard shaw, 1856-1950)

www.literatur-nobelpreis.de/1925-george-bernard-shaw-1856-1950/#more-442

(siehe blog 0074+0092)

eric garner ...

 

blog 0102 - tyrannei der mehrheit

02.12.2014 06:35

die gründe für eine gesetzliche einmischung
zugunsten der kinder
lassen sich mit gleicher kraft anwenden
auf die tiere, die unglücklichen sklaven
und opfer des rohesten teiles der menschen.

es ist die irrtümlichste auffassung
freiheitlicher grundsätze,
wenn die regierung
vor einer exemplarischen bestrafung
der grausamkeit gegen diese
verteidigungslosen wesen zurückschreckt,
bloss weil sie das als eine
einschränkung der freiheit betrachtet.

(john stuart mill, 1806-1873) 

harriet taylor mill, 1807-1858, engl. frauenrechtlerin und autorin.

john stuart mill, 1806-1873, engl. philosoph und sozialreformer

nach vater james mills verständnis
war nützliches handeln stets
an einen lustgewinn geknüpft,
leiden und schmerz hingegen waren ausdruck
schädlicher und unnützer aktivitäten.

john stuarts mills depressive krisen
hätte es also nicht geben dürfen,
und so folgerte john stuart,
dass sein vater sich in seinen annahmen geirrt habe.

als „radikale linksintellektuelle“ setzte sich
seine spätere ehefrau harriet taylor
engagiert für frauenrechte ein
und beeinflusste mills gedanken und werke massgeblich.

mill zog für die liberale partei ins parlament ein.
gemäss seiner philosophie errang er
mit seinem engagement
für die verwirklichung von frauenrechten
durch die einführung eines wahlrechts für frauen
im juli 1866 einen überraschungserfolg.

trotz seiner angst vor einer „tyrannei der mehrheit“
betrachtet mill eine repräsentative demokratie,
in der alle menschen unabhängig
von ihrem stand und ihrer herkunft
am politischen entscheidungsprozess partizipieren können,
als vorübergehend beste regierungsform.

um die gefahren zu minimieren,
die aus der fehlbarkeit
demokratischer mehrheiten resultieren,
spricht er sich jedoch nicht für ein
allgemeines und gleiches,
sondern für ein mehrklassenwahlrecht
auf basis der erworbenen bildung aus.

da die masse eines staates lediglich
eine „kollektive mittelmässigkeit“ sei,
die dazu neige,
bedeutende einzelpersönlichkeiten zu unterdrücken
(beispiele: sokrates, galileo galilei, jesus)
und die in der regel nicht nach ihrem wirklichen,
sondern lediglich nach ihrem scheinbaren
und kurzfristigen interesse handele,
das zudem durch einen
kurzfristigen lustgewinn gesteuert werde,
kommt für mill in einem demokratischen staat
intellektuellen eliten eine besondere bedeutung zu.

auch im prinzipiell allgemeinen verhältniswahlrecht,
das frauen einschliesst,
nehmen gebildete eine sonderrolle ein:
sie sollen mehrstimmen erhalten
und somit die unterdrückung
einer gebildeten minderheit vermeiden.

ungewöhnlich für seine zeit
vertrat mill feministische ansichten.
er fordert ebenso das frauenwahlrecht
wie ein scheidungsrecht.
auch untersucht er als einer der ersten
sozialwissenschaftlich die unterdrückung der frau.

 

blog 0101 - fleischmensch

01.12.2014 07:08

er isst fleisch, er kocht fleisch,
er zelebriert die zubereitung von fleisch,
er kleidet sich mit fleischstücken -
motiv angesagter textilien.

der fleischmensch ist voll im trend.
fleischmensch zeigt selbstbewusstsein.

anders als die von ihm heiss geliebte gans
mitsamt ihrer leber, die man stopfen muss,
damit sie so rasch wie möglich
schlachtgewicht erreicht,
stopft er sich freiwillig,
ohne fürchten zu müssen,
nach vollzug geschlachtet zu werden.

verschlingen ist sein ideal.
quantität ist lust.

tierschutz und fleischeslust
gehen einträchtig hand in hand.
eruptionen des hasses auf andere fleischesser,
am besten, wenn sie einem
anderen kulturkreis angehören.

fleischesser prügeln immer wieder
auf juden und muslime ein,
weil sie deren schlachtmethode
als besonders grausam, primitiv,
archaisch, hinterwäldlerisch missbilligen.

merkwürdig, weil ihnen in bezug aufs schlachten
nicht das naheliegendere einfällt:
damit zu beginnen,
den milliardenfachen tod von tieren
durch grausame schlachtmethoden zu verhindern
und sich für vegetarismus einzusetzen.

jedes einzelne durch schächtung massakrierte tier
ist eine anklage gegen europas
so gern beschworenes erbe des
humanismus und der aufklärung.

es wird die fiktion aufrechterhalten,
als sei es mit der einführung
optimierter betäubungsverfahren getan
und schlachten wäre somit
„menschlich“ und schmerzlos
und dürfe mitsamt des damit
verbundenen fleischverzehrs
ethisch korrekt fortgesetzt werden.

ungebrochen die gier nach billigfleisch.
welches schicksal sich unter der schutzfolie
der wurstverpackung verbirgt,
unter welchen bedingungen ein tier gehalten,
transportiert oder geschlachtet worden ist,
erkennt der kunde nicht.
er sieht vor allem auf den preis.

quelle: „zwischen streichelzoo und schlachthof“

(hanna rheinz, *1950)

 (quelle: zwischen streichelzoo und schlachtof)

 siehe auch:

 www.dieratten.net/news/blog-0101-fleischmensch/

 www.dieratten.net/news/blog-0085-im-spiegelbild-die-fratze/

 www.dieratten.net/news/blog-0064-hof-und-zoo/

 

 

blog 0100 - anglerhasser

30.11.2014 11:57

zu meinen unglücklichen kindheitserinnerungen
gehört das fischengehen
mit der familie eines nachbarn.

wir fuhren mit dem boot heraus
und ich war der erste,
der anglerglück hatte.
als ich den fisch hochzog
und er an der angel zappelte,
konnte ich in einer art erleuchtung
diese ganze szene plötzlich
aus dem blickwinkel des fisches heraus erleben.

darauf sagte ich: ich möchte den fisch
wieder zurücktun ins wasser.

die anderen lachten mich aus.
und je mehr sie lachten,
desto mehr brüllte ich,
bis es so weit war,
dass die ganze anglergesellschaft
sich wegen meines ausbruchs auflöste.

mein vater ergriff mich
und setzte mich nachdrücklich ins boot,
denn ich war dabei,
das boot durch mein hin- und herwippen
zum kentern zu bringen.

seit diesem ereignis war ich
ein leidenschaftlicher angelfeind.
wenn ich konsequent wäre,
sollte ich eigentlich ein vegetarier werden.

später, als ich ein motorboot besass,
machte ich es mir zur gewohnheit,
wann immer ich ein fischerboot sah,
den motor aufzudrehen und
mit gewaltigem röhren und wellengang
am boot vorbeizujagen,
in meiner ganz privaten anti-angler-fehde.

(glenn gould, 1932-1982)

www.youtube.com/watch?v=aqIIM9xXPXk

das leise, aber hörbare mitsummen gilt,
obwohl ihm selbst zufolge unbeabsichtigt,
als ein markenzeichen goulds.
bei vielen seiner aufnahmen ist es vernehmbar,
vor allem bei seiner zweiten einspielung
der goldberg-variationen von bach.

durch seine originelle technik
versuchte gould die klanglichen möglichkeiten
seines instruments zu erweitern.
durch spezielle arten des anschlags
vermochte er auf dem klavier
stücke regelrecht zu orchestrieren,
indem er die einzelnen stimmen
in unterschiedlichen klangfarben spielte.

die aufnahmen der werke
johann sebastian bachs waren es,
die hauptsächlich seine bis heute
anhaltende geltung begründeten.

er tat sich aber ebenso als interpret
der werke ludwig van beethovens hervor,
die in seinen einspielungen teils jugendlich-ungestüm,
teils nachdenklich-stimmungsvoll erklingen.

sein respektloses verhältnis gegenüber
einigen komponisten wie mozart und
ludwig van beethoven ist bekannt.

so legte gould eine umstrittene gesamtaufnahme
der klaviersonaten mozarts vor.

er bezeichnete mozart als einen
mittelmässig begabten komponisten,
der eher zu spät als zu früh gestorben sei.

gould verstand sich nicht als
rein wiedergebender interpret,
sondern vielmehr als nachschöpfender,
musizierender komponist.

dies ist letztlich auch der grund seiner bemühungen,
vertraute musik in oftmals ungewohnter weise aufzuführen.

 

blog 099 - mit leid

29.11.2014 07:54

warum gibt es mir einen ruck im herzen,
wenn ich in unseren geräuschvollen strassen
einem verlaufenen hund begegne?

wenn ich das tier hin und her laufen,
jedermann beschnuppern sehe,
augenscheinlich trostlos,
weil es seinen herrn nicht wiederfinden kann:
warum verursacht mir dies ein solches mitleid,
eine solche herzbeklemmung,
dass mir die freude
an meinem spaziergang verdorben wird?

warum verlässt mich die betrübende erinnerung
an den verlaufenen hund bis zum abend,
bis zum nächsten tag nicht mehr?

warum kehrt sie in einer aufwallung
brüderlichen mitgefühls wieder,
in der sorge zu wissen,
was das tier macht, wo es ist,
ob man es aufgenommen hat,
ob es sein essen hat,
ob es nicht hinter einem eckstein
fröstelnd zuflucht gesucht?

warum habe ich in meinem gedächtnisse
die tieftraurige,
von zeit zu zeit auflebende erinnerung
an herrenlose hunde bewahrt,
die ich vor zehn, vor zwanzig jahren getroffen?

gleichsam das leiden des armen tieres selbst,
das nicht reden kann
und sich in unseren grossen städten
nicht durch seine arbeit ernähren kann?

warum versetzt das leiden eines tieres
mich in eine solche bestürzung?

warum kann ich den gedanken nicht ertragen,
dass ein tier leidet,
so dass ich des nachts,
im winter aufstehe,
um mich zu überzeugen,
ob meine katze
auch ihre schale wasser hat?

warum sind alle tiere der schöpfung
meine kleinen anverwandten?

warum erfüllt mich der blosse gedanke an sie
mit erbarmen, duldsamkeit und liebe?

warum zähle ich alle tiere zu meiner familie,
gerade so wie die menschen? 

(emile zola, 1840-1902)

www.buecher-wiki.de/index.php/BuecherWiki/ZolaEmile

zola gilt als einer der grossen französischen romanciers.
zugleich war er ein sehr aktiver journalist,
der sich auf einer gemässigt linken position
am politischen leben beteiligte.

die liberalisierung der presse im jahr 1868
ermöglichte es ihm,

seine polemischen talente
durch das schreiben von feinen
antikaiserlichen satiren auszuleben.

zola verfolgte den sturz
des zweiten kaiserreiches mit ironie.
er lehnte gewaltsame unterdrückung ab,
wodurch er sich vom geist
der pariser kommune unterschied.
er beliess es dabei,
sie in seinen schriften moderat zu behandeln.
zola war kein mann der intrige oder von netzwerken.

zola hielt zur politik den abstand,
der ihm die einmischung mit zurückhaltung,
distanz und abgeklärtheit ermöglichte.

er engagierte sich für soziale, künstlerische
oder literarische ziele, die ihm gerecht erschienen,
und blieb dabei beobachter der personen
und ereignisse seiner zeit.
er handelte als freidenker und unabhängiger moralist.

romane wie „der totschläger“, „nana“ und „germinal“,
wurden bald nach ihrem erscheinen
zu erfolgreichen theaterstücken verarbeitet.

das werk zolas gilt als fundgrube für sozialhistoriker.

die dreyfus-affäre

1898 setzte sich zola mit einem offenen brief
an den staatspräsidenten für den als
prodeutschen verräter verurteilten
hauptmann alfred dreyfus ein,
den ersten juden des generalstabes.

dieser brief mit dem titel „ich klage an“
entfachte einen ungeahnten innenpolitischen sturm,
der frankreich in ein progressives linkes lager
und ein konservatives rechtes spaltete,
das zugleich militant-nationalistisch und antisemitisch war.

zola selbst wurde noch 1898 vom kriegsminister
sowie von einigen privatpersonen verklagt
und in politischen prozessen wegen diffamierung
zu einer geld- und gefängnisstrafe verurteilt.
er entzog sich der strafe durch flucht nach london.

 

blog 0098 - un glück

28.11.2014 06:43

quälende zweifel.

lange jahre
suchte ich das eigene glück.

jetzt habe ich
das unglück der tiere gefunden.

ist das mein glück?

(prof. ingeborg bingener)

 

blog 0097 - entfliehe

27.11.2014 06:22

es ist übrigens nicht wahr,
dass flucht einen im leben nicht weiterbringt.

man kommt immer weiter.

durch flucht kommt man nur selten da an,
wo man ursprünglich hin wollte.

(unbekannt)

 

blog 0096 - stier und wildschwein

26.11.2014 07:39

als vor kurzem der berühmte stier antioquio in der arena
zwei toreros auf die hörner genommen und getötet hatte
und, noch nass von menschenblut,
durch den gelben sand der arena raste,
sprang das publikum von den steinbänken,
und zehntausend menschen schrien:
„mörder! mörder!“
die szene war von einer phantastischen absurdität. ...

(jörg zink, *1922)

wildschwein, sagt jörg zink.
das sei sein lieblingstier.
kein schäfchen oder esel,
wie man bei einem bibelfesten pfarrer
vielleicht vermuten könnte.

damals, kurz vor seinem 80. geburtstag,
habe ich ihn danach gefragt.

wildschwein - das sei doch eigentlich
kein ausgesprochen passendes lieblingstier
für einen pfarrer.

und wie immer,
wenn er ein bild für sich in anspruch nimmt,
kann er es mit eigener erfahrung füllen:

seine erfahrung mit wildschweinen
erzählt er mir folgendermassen:
„ich habe beim zelten als junger mensch
gelegentlich aus versehen
auf einem wildschweinpfad geschlafen,
und ich habe erlebt,
wie die wildschweine mein zelt
beinah umgerissen haben.
und da habe ich eine grosse sympathie
für diese tiere gefasst,
die da durchs unterholz preschen,
immer die nase am boden."

www.joerg-zink.de

jörg zink ist ein deutscher evangelischer theologe,
pfarrer, publizist und einer der
bekanntesten sprecher der friedens-
und ökologiebewegung.

 

blog 0095 - essen kommt

25.11.2014 06:21

im garten.

dort wo ich
mein weiss-rot lackiertes
schaukelpferd
mit einem löffel erde fütterte

dort wo ich
den weg zwischen den margeriten
mit meinem ballonroller
hinabschoss

wo meine schwestern
kaufladen spielten
auf einem brett
zwischen drei mächtigen pappeln

und meine oma
immer in schwarz
auf einem küchenstuhl
in der sonne sass und
auf meinen vater wartete

dort rufe ich
immer noch
meiner mutter ins fenster
„der gemüsefritze ist da“

(m.b. *1951)

 

blog 0094 - über gut und böse

24.11.2014 08:55

die welt ist auch durchsetzt und durchfressen
von parasitären geistern, lebenszerstörern
und unsichtbaren krankheitserregern,
die man in den religionen dämonen nennt.

für jesus war die welt beherrscht und ausgesaugt
von dem grössten parasiten, dem teufel.
deshalb „ist erschienen der sohn gottes,
dass er die werke des teufels zerstöre, auflöse!“.

in dieser welt haben also
die tiere viel unheil angerichtet
und noch viel mehr der mensch,
und das meiste hat der teufel getan.

die natur ist das resultat einer
kosmischen und präexisienten perversion,
in die menschen und tiere verstrickt sind,
und deren verursacher nicht gott,
sondern der teufel ist.

im hinblick auf das böse in der welt
sagt jesus: „das hat der feind getan.“

jesus unterscheidet also mindestens zwei götter,
gott und den teufel, er ist dualist.
sein gott ist absolute liebe,
freundes- und feindesliebe,
menschen- und tierliebe.

das christentum hat einen
falschen gottesbegriff seit 2000 jahren
und dem entspricht ganz seine fehlentwicklung
in der natur und in der geschichte.

der kirchliche glaube an den einen allmächtigen,
alles verursachenden, alles regierenden
und für alles geschehen auf der welt
verantwortlichen schöpfer himmels und der erde
ist keine schöpferische neuerkenntnis,
sondern ein ganz primitiver und naiver gottesglaube,
den es auch ohne christentum gegeben hat und gibt.

dieses sonntag für sonntag in den kirchen
von der ganzen gemeinde mit inbrunst
als besonderes heiligtum zelebrierte glaubensbekenntnis
dient der bestärkung und verewigung des aberglaubens,
dass himmel und erde vollkommene
und ausschliesslich göttliche schöpfungen seien.

so wird verhindert, dass die gemeinde
auf den gedanken kommen könnte,
eine kritische, abstinente und erlösende haltung
gegenüber der natur und der geschichte einzunehmen.

das glaubensbekenntnis unterschlägt
auch den teufel und den sündenfall,
ohne dass die gläubigen auf die frage kommen,
warum eigentlich ein welterlöser nötig ist
für eine welt,
die von gott geschaffen und vollkommen ist.

hier steckt der wurm im gebälk der theologie.

revolutionär verändert wird unser denken
und unser verhalten durch einige wenige fundamentale,
wahrhaft christliche erkenntnisse:

„wir wissen, dass wir von gott sind
und die ganze welt im argen liegt.“

„wer sünde tut, der ist vom teufel.“

das wesen der söhne gottes
ist ihre rückverwandlung
in das vollkommene gottesbild.

und dann erleben nicht nur wir,
sondern auch die tiere
die offenbarung der söhne gottes.

mensch und tier stehen solange
weithin in einem kriegszustand miteinander.

(auszug: „der verrat der kirche an den tieren“)

… oder gottlos zusammengefasst:
das gute und böse im menschen.

(werner)

(carl anders skriver, 1903-1983, siehe blog 0070+0089)

carl anders skriver beurteilte menschen
nicht nach ihren schwächen oder fehlern,
sondern nach dem,
was sie zum erstehen einer
besseren, liebevollen welt beitragen.

(michael und petra skriver)

 

blog 0093 - aus pfeifen

23.11.2014 06:48

„ich bin ein star - holt mich hier raus!“
rtl-show mit dirk bach als moderator (2009)

achim stösser an peta:

mit dirk bach haben sie ja einen
grossartigen botschafter für tierrechte.
in der von ihm moderierten rtl-show
„ich bin ein star, holt mich hier raus“
wird zum amusement der tv-zuseher
lebenden tieren der kopf abgebissen.
peta sollte sich sofort von bach distanzieren,
er ist eine schande für jeden ernsthaft
um tierrechte bemühten menschen.

peta an achim stösser:

vielen dank für ihre anfrage
bezüglich der von dirk bach moderierten fernsehshow
„ich bin ein star - holt mich hier raus!“.
auch wir sind über die „mutproben“
in der show erschüttert.
wir wissen allerdings,
dass dirk bach tiere sehr am herzen liegen
und er sich in der vergangenheit
sehr für tiere engagiert hat.

viele prominente haben sich kostenlos
für peta deutschland e.v. zur verfügung gestellt,
so auch dirk bach,
um die öffentlichkeit über grausamkeiten
gegenüber von tieren zu informieren.
wir sind sehr dankbar für diese hilfe.
dabei stimmen prominente nicht immer
in allen punkten mit peta deutschland e.v. überein.
wir sind jedoch für jeden schritt dankbar,
den wir miteinander gehen können
um das millionenfache leiden der tiere
minimieren zu können.
dabei hoffen wir natürlich stets,
dass wir „unsere prominenten“
für alle belange zum schutz der tiere
sensibilisieren können.

bitte wenden sie sich direkt an rtl
und teilen sie dem fernsehsender mit,
dass sie die fernsehshow
„ich bin ein star - holt mich hier raus!“
sehr bedenklich finden.

herzlichen dank für ihr engagement!
peta

achim stösser kommentar:

hat jemand was anderes erwartet,
als dass die nur blöde herumschwafeln?
dirk bach lässt lebenden tieren den kopf abbeissen,
aber tiere liegen ihm ja sooo am herzen.
und was ist die reaktion von peta
auf derlei verhalten
des tierrechtsbotschafters bach:
null, nada, gar keine!
weil man sich weiter mit dem
„prominenten“ namen schmücken will.
welch ein scheissverein.

lasst euch mal sagen, ihr pfeifen von peta:
einer, der nichts anderes kann,
als seinen fettwanst in die kamera halten,
ist kein „promi“.
und selbst wenn er einer wäre,
wäre er spätestens nach diesem dschungelscheiss,
den's ja inzwischen in vierter folge gibt,
kein botschafter für tierrechte mehr.

aber es stimmt schon:

jede organisation sucht sich die bannerträger,
die zu ihr passen.

nachtrag: dirk bach starb am 1. oktober 2012
im alter von 51 jahren.
de mortuis nil nisi bene,
gleichwohl lassen wir die passage über ihn hier stehen.
als nachruf könnte gelten:
er war zu lebzeiten von tierschutz/tierrecht
so weit entfernt
wie von kabarett oder seriöser schauspielkunst.

(spendenskandale-peta)

(achim stösser)

 

blog 0092 - aufklärung

22.11.2014 06:10

die achillesferse der vivisektion
ist nicht im schmerz zu finden,
den sie verursacht,
sondern in der beweisführung,
durch welche der schmerz gerechtfertigt wird.

der medizinische kodex ist in dieser hinsicht
einfach ein anarchismus schlimmster sorte.

der arzt viviseziert oder verteidigt die vivisektion
nicht in seiner eigenschaft als gewöhnlicher mensch.

er ist aus demselben lehm gemacht
wie die unwissenden, engherzigen,
leichtgläubigen, teilweise schlecht erzogenen,
um ihr einkommen besorgten menschen,
die ihn zu sich rufen,
wenn sie vergeblich jede medizinflasche
und jede pille versucht haben,
zu deren ankauf sie der apotheker
durch seine anpreisungen überreden konnte.

das wirkliche heilmittel gegen die vivisektion
ist das heilmittel für all das unheil,
das der ärztliche beruf
und alle anderen berufe anrichten,
nämlich: „grössere aufklärung!“

(george bernhard shaw, siehe blog 0074)

 

blog 0091 - von frau zu frau

21.11.2014 17:19

jede frau,
die heute noch
einen pelz kauft,
sollte wissen,
dass sie
anstifterin,
mittäterin
und hehlerin
eines gigantischen
verbrechens ist.

(sina walden)

 

blog 0090 - katze kreuzigen

20.11.2014 06:26

wenn der mensch
mit der katze
gekreuzt werden könnte,
würde der mensch
verbessert,
die katze aber
verschlechtert.

(mark twain)

=> katzen kreuzen verbieten!

 

blog 0089 - tierschutz in deutscher dichtung

19.11.2014 08:06

naturschutz, tierschutz und lebensreform in der deutschen dichtung

wenn wir hier vom tierschutz, naturschutz und der lebensreform
in der deutschen dichtung sprechen wollen,
so ist nur an dichtung im strengen, gebundenen sinn,
also an poesie gedacht.

die meisten menschen werden nun auch gleich das gefühl haben,
dass lebensreform und tier- und naturschutz
praktische und nüchterne dinge sind, die nicht in die poesie hineingehören.

wir stossen hier auf ein vorurteil, das leider einen sehr tragischen grund hat.
da die menschheit der kolonisator und ausbeuter der gesamten naturkräfte,
besonders aber der tier- und pflanzenwelt und, wenn möglich,
auch der unterentwickelten rassen und klassen unter den mitmenschen ist,
so ist ihr ganz und gar nicht daran gelegen,
ihre oftmals fragwürdigen machenschaften
in das licht eines komplizierter reagierenden gewissens zu heben,
sie etwa in die behandlung und beherzigung
durch ethiker und poeten geraten zu lassen.

die gefahr ist nun auch nicht allzu gross,
denn die meisten dichter und denker teilen die vorurteile der massen,
weshalb sie denn auch die besten aussichten auf gewinn und ruhm haben,
wenn sie sich mit der liebe und mit dem krieg befassen.
denn beide hören anscheinend nimmer auf.

man wirft uns naturfreunden, tierschützern und vegetariern
gerne einseitigkeit und sektierertum vor,
weil wir die manchmal riesigen komplexe bemerkt haben,
die die normalmenschheit sich einfach
aus ihrem leben und gewissen ausgespart hat.

es gilt einfach als taktlos,
die bestehende ordnung dieser dinge in zweifel zu ziehen.
weil unsere forderungen und reformvorschläge
unbequem und unbeliebt sind,
schiebt man uns als bedeutungslos beiseite,
oder lässt man uns in demokratischer freiheit
unbeachtet unsere eigenen wege gehen.

kann dieser zustand nun noch geändert werden?
sollen und können vegetarier konzessionen machen?
vielleicht haben die andern deswegen nicht gewollt,
weil wir zuviel gewollt haben?
sollte man hier nicht eine politik der kleinen schritte versuchen?
in der hoffnung: wer die hälfte fordert, kommt weiter, erreicht mehr.
ja und nein!
die fahne der wahrheit, der gerechtigkeit und der liebe
muss absolut hochgehalten werden.
man kann wohl sagen: das halbböse ist besser als das ganzböse,
aber man kann nicht sagen: das halbböse ist besser als das ganzgute.

es besteht die grosse gefahr, dass durch kleine konzessionen,
die uns die gegenseite zubilligt, der fundamentale irrweg,
auf dem sich die menschheit befindet im hinblick auf die kriegsfrage,
auf die ernährung, die tierausbeutung, die vivisektion,
vernebelt und verschwiegen wird
und somit praktisch alles beim alten, beim ganzbösen bleibt,
beim konventionellen krieg, bei der konventionellen ernährung,
beim konventionellen schlachthaus, bei der konventionellen vivisektion.

grosse geistesgeschichtliche revolutionen wurden immer
durch grosse und reine ideen
und ihre unentwegte zunächst literarische vertretung vorbereitet.
und ich meine noch immer:
der vegetarismus und die lebensreform ist so eine grosse revolution,
die wir anstreben.
sie hat ihre propheten und vorläufer gehabt,
die uns bekannt sind von pythagoras bis tolstoi und gandhi,
aber von der welt ist dieser teil ihrer botschaft
noch nicht ernst genommen und gehört worden.
das sollte uns nicht veranlassen,
müde und moralisch grosszügiger
gegenüber den landläufigen perversitäten der menschen zu werden.

nur die pausenlose erschütterung der verhärteten gewissen
durch die kritischen stimmen ihrer anerkannten denker und dichter
vermag am ende eine ethische wandlung in der menschheit herbeizuführen.

wir haben es selbst erlebt, dass wir überrascht und erstaunt waren,
wenn wir unsere liebsten und heimlichsten,
weil verachtetsten gedanken
bei berühmten denkern und dichtern wiederfanden
und damit bestätigt fanden,
dass wir gar nicht so weltfremd und verrückt waren,
wie man uns immer gerne hinstellte.

wir sind selbst erstaunt darüber,
dass unsere kühnsten und von der welt noch immer abgelehnten gedanken
schon längst ihre poetische formulierung
bei den ernstesten und berühmtesten dichtern gefunden haben
und müssen uns nur wundern über die unkenntnis der gebildeten,
die sich diese tiefsten sittlichen gedanken unserer klassiker nicht zu herzen,
ja nicht einmal zur kenntnis genommen haben,
weil sie die darin ausgedrückten gefühle und gewissensregungen
einfach fürchten und als unbequem verwerfen.

wir haben die erste garnitur der geistigen durchaus auf unserer seite.

schwierigkeiten und hemmungen erleidet der ethische fortschritt wesentlich
durch die zweite garnitur
der herrschenden und tonangebenden geistigen schicht,
die in literaturkritiken auch über das genialische zu gericht sitzt.

(carl anders skriver, 1903-1983, siehe blog 0070)

(auszüge aus einem vortrag auf dem deutschen vegetariertag 1965)

 

blog 0088 - spinner

18.11.2014 08:27

kämpft nicht für tiere
setzt euch für menschen ein.
für die kinder.
ihr spinner!

haben tierquälerei und
kindesmisshandlung
nichts gemein?

kämpft nicht für tiere
setzt euch für menschen ein.
für die hungernden in afrika.
ihr spinner!

werden sie satt
wenn wir ihr getreide
den nutztieren geben?

(prof. ingeborg bingener)

 

blog 0087 - plötzlich keine angst mehr

17.11.2014 09:29

als die realität
meine träume
an die wand stellte
und schiessbefehl gab,
weil sie
es gewagt hatten,
wirklich zu werden,
hatten sie plötzlich
überhaupt keine angst mehr,
denn sie erkannten,
dass gewalt
sie nicht töten können.

(hans kruppa)

 

blog 0086 - VEG-etari-AN

16.11.2014 07:18

donald watson (1910-2005) engagierte sich in der
englischen bewegung „vegetarian society
und wurde selbst zum „non-dairy vegetarian“,
also einem milchfreien vegetarier.

durch streichung von „etari“ aus dem wort „vegetarian“
kreierte donald watson den begriff „vegan“,
was eine ernährung ganz ohne tierische produkte bedeutete.

watson gründete im november 1944 mit der „vegan society
die weltweit erste vereinigung für vegan lebende menschen.

zum fünfzigsten jahrestag der „vegan society“
wurde 1999 der 1. november zum weltvegantag erklärt.

donald watson starb vor genau 9 jahren,
am 16.11.2005, er wurde 95 jahre alt.

www.tierbefreier.de/nachrichten/06/watson.html

„die schafe gaben wolle.

ich konnte nie verstehen,
was die schweine hergaben.

aber sie waren so freundliche kreaturen –
immer froh, mich zu sehen.“

donald watson wollte nie wieder fleisch essen,
nachdem er im alter von 12 jahren mitansehen musste,
wie sein onkel ein schwein schlachtete.

ein drama, das sich die heutige „zivilisation“
nur zu gerne ausspart über eine
nahezu perfekt inszinierte
anonymisierung des tierleids.

lediglich eine letzte öffentliche demo
ist dem „schlachtvieh“ verblieben:
der transportweg auf der autobahn.

möge ihnen wenigstens
dieser „störende“ und einzige protestgang
erhalten bleiben!

als sich die westlichen industriestaaten
nach langem zaudern
endlich dazu bewegen liessen,
einen wirtschaftsboykott des
südafrikanischen apartheid-regims
in erwägung zu ziehen,
echoten die weissen in südafrika:
wenn ihr uns boykottiert,
wird es den 'schwarzen'
noch schlechter gehen"

die schwarzen konterten:
boykottiert uns ruhig,
denn noch schlechter
kann es uns nicht gehen.

ist es wirklich unvorstellbar,
dass tiere ebenfalls
in diesem sinne
entscheiden würden?

(ratte werner, pro asyl, pro transportweg)

 

blog 0085 - im spiegelbild die fratze

15.11.2014 06:23

grausamkeit vs. empathie

ein beliebter zeitvertreib in früheren jahrhunderten:
eine schlinge um den fuss eines vogels ziehen,
der sodann zur belustigung von jung und alt
am faden hoch- und heruntergezogen werden konnte.
die vögel flatterten in wolken
ihres bunten gefieders so lange,
bis sie vor schock und erschöpfung
tot am faden hingen.
einige kinder rissen dem noch
lebenden vögelchen die flügel aus
und spielten mit den restlichen körperteilen.

sie hatten keine augen,
das leiden des vögelchens zu sehen,
keine ohren,
seine schmerzensschreie zu hören,
kein empfinden,
das entsetzen dieses geschöpfes zu begreifen.
ganz zu schweigen von mitgefühl und erbarmen.

waren diese kinder besonders grausam?

vermutlich nicht grausamer als andere kinder.
doch sie lebten in einer kultur, die sie lehrte,
kein mitgefühl mit tieren zu haben;
sie wurden erzogen von eltern,
die ihnen tricks beibrachten,
wie man noch mehr freude
beim quälen von tieren haben konnte.
sie unterstanden lehrern und priestern,
die ihnen einredeten,
dass tiere keine seele hätten,
nicht in den himmel kämen,
nur kleine, zappelnde automaten seien
mit denen man machen könne, was man wolle.

heute würden wir solche kinder zur rede stellen.
solche sadistischen „spiele“
sind vom tierschutzgesetz verboten.

wir verurteilen menschen,
die tieren gegenüber grausam sind, als herzlos.

wenn reisende
derlei in anderen kulturkreisen sehen,
ist die empörung
über diese unkultivierten, primitiven gebräuche gross.

dabei werden grausamkeiten
ganz anderer dimensionen mitten unter uns geduldet.

und noch nicht einmal die vertreter
des deutschen tierschutzbundes zeigen den willen,
die unvereinbarkeit des tierschutzgesetzes
mit dem alltag in den tierfabriken anzuprangern.

auch ethisch ist diese untätigkeit unvereinbar
mit dem selbstverständnis einer aufgeklärten gesellschaft:
anders als die kinder im mittelalter
sind wir bestens informiert,
dass tiere keine automaten,
sondern sensible, schmerzempfindliche lebewesen sind,
die leiden wie wir.

und nicht nur, dass wir nichts tun,
um diesem milliardenfachen tierleiden
ein ende zu setzen,
nein, wir profitieren sogar davon,
indem wir billigfleisch und billigkäse
aus massenzuchtbetrieben kaufen.

um unser mitgefühl ist es somit
keinen deut besser gestellt,
als es bei den vogelquälenden kindern
des mittelalters der fall war.

wir merken nicht,
wie herzlos und grausam
wir noch immer tieren gegenüber sind -
in anderer weise, doch mit folgen,
die für immer mehr tiere weltweit
lebenslanges siechtum und tod bedeuten.  

das grauen ist bekannt.
es wird akzeptiert.
kein grund, innezuhalten,
den fleischkonsum zu überdenken,
das tierelend zu beenden.
je informierter der verbraucher,
desto leichter fällt die abspaltung
des tierleidens,
desto leichter die abwehr,
jedwedes mitgefühl zu eleminieren.

(dr. hanna rheinz, *1950)


www.merkur-online.de/lokales/weilheim/landkreis/starkes-trio-tierschutz-797354.html

 (quelle: zwischen streichelzoo und schlachtof)

 siehe auch:

 www.dieratten.net/news/blog-0101-fleischmensch/

 www.dieratten.net/news/blog-0085-im-spiegelbild-die-fratze/

 www.dieratten.net/news/blog-0064-hof-und-zoo/

 

 

blog 0084 - tierbefreiung

14.11.2014 06:34

„befreiung der tiere“ ist eine besonders
im anglo-amerikanischen bereich vertretene
ethisch und kulturgeschichtlich bedingte
richtung des tierschutzes.

angefangen hatte es mit jeremy bentham (1748-1832),
der 1780 im rahmen des gleichheitsgrundsatzes
dafür eintrat, sich um die tiere
in ähnlicher weise zu kümmern,
wie bisher um die befreiung der sklaven.

diese verbindung des tierschutzes
mit dem gedanken der befreiung der tiere
aus der willkür des menschen
ist auch der grund dafür,
dass man sich in der anglo-amerikanischen tradition
viel früher und intensiver mit der frage befasste,
ob die tiere in ähnlicher weise
wie der mensch eigene rechte hätten.

in analogie zum rassismus sprachen
die amerikaner - etwas holprig - vom „speziesismus",
also die unterdrückung anderer sensitiver lebewesen
aufgrund ihrer zugehörigkeit zu einer
als minderwertig angesehenen spezies.

„befreiung der tiere“ hat im deutschsprachigen bereich
aber auch die bedeutung von meist
gewaltsamer tierbefreiung
und ist damit ganz in die nähe
des „militanten“ tierschutzes geraten.

„befreiung der tiere“ wird auf diese weise
oft missverstanden oder
auf die vorstellung reduziert,
man brauche nur alle eingesperrten tiere freizulassen,
und schon seien alle tierschutzprobleme gelöst.

„befreiung der tiere“ im ursprünglichen sinne
ist aber etwas ganz anderes
und ist erst dann erreicht,
wenn der mensch seine ausbeutungswillkür
aufgibt und dem tier gerechtigkeit widerfahren lässt.

(gotthard m. teutsch, 1918-2009)

 

siehe auch

www.dieratten.net/news/blog-0079-na-toll/

www.dieratten.net/news/blog-0113-koharenz/

 

blog 0083 - der andere lehrer

13.11.2014 07:08

liebe 1933

herbe oktoberluft
buntfarbiges laub
schwarze und braune
uniformen
stumme gesichter

umringen ihn

ein messer
durchbohrt seine niere

friedchen
schreit er

friedchen
denkt er

der weg war richtig
den wir gegangen sind

(karl taefler)


www.gelsenkirchener-geschichten.de/viewtopic.php?t=109

widmung im buch
gedichte -
wo wir das bleiben
verteidigen:

„lieber kollege (werner)

tiere
und menschen
und pflanzen
haben ein recht
auf leben!

glück auf!
karl taefler
ostermarsch 1988

 

blog 0082 - rechtfertigung mehrzahl

12.11.2014 07:53

der mensch kann leben und gesund sein,
ohne dass er zu seiner ernährung tiere tötet.

wenn er also fleisch isst,
so ist er mitschuldig
am morde von tieren,
nur um seinem geschmack zu schmeicheln.

so zu handeln, ist unmoralisch.
das ist so einfach und unzweifelhaft,
dass es unmöglich ist,
nicht beizustimmen.

aber weil die mehrzahl
noch am fleischgenuss hängt,
so halten ihn die menschen
für gerechtfertigt und sagen lachend:
„ein stück beefsteak
ist aber doch eine schöne sache
und ich werde es heute mittag
mit vergnügen essen.“

die menschen gehen lieber zugrunde,
als dass sie ihre gewohnheiten ändern.

ein guter mensch,
der seine irrtümer nicht erkennt
und versucht, sie zu rechtfertigen,
kann zum unhold werden.

(leo n. tolstoi, 1828-1910)


de.wikipedia.org/wiki/Lew_Nikolajewitsch_Tolstoi

edith hanke:

ich habe bei tolstoi nach textstellen gesucht,
in denen er vielleicht eine pflanze oder ein tier
intensiv und liebevoll beschreibt.

eine solche stelle habe ich nicht gefunden.

stattdessen gibt es personenbeschreibungen,
die eine vergleichbare intensität besitzen,
so z.b. die darstellung des einfachen soldaten
piaton karatajew in „krieg und frieden".

karatajew stellt keine fragen,
sondern lebt nach seinem inneren gesetz,
er ist freundlich und gütig
zu menschen und tieren
und nimmt das leben und den tod hin,
wie sie nun einmal sind.

er ist das idealbild tolstois:
ein natürlicher, einfacher mensch
im einklang mit sich und seiner umgebung,
der frei ist von grüblerischen fragen
und ich-bezogenen gefühlen.

findet sich bei tolstoi ein niederschlag dessen,
was christian wagner bezeichnet hat als die
„möglichste schonung für alles lebendige"?

tolstoi setzte sich für die vegetarische bewegung ein
die schonung der tiere wird von ihm aber
auf seine art gefordert.

er besucht einen schlachthof in tula und
beschreibt die maschinelle massentötung der tiere.
sein blick richtet sich auf einen
besonders starken und schönen stier,
der den kampf gegen die schlächter aufnimmt
und sich wehrt, aber letztlich unterliegt.

die szene wird ganz realistisch
und naturgetreu beschrieben,
und nur kurz blitzt das mitleid
mit der sterbenden kreatur durch,
denn dem autor tolstoi geht es hier
nicht vorrangig um das sterbende tier,
sondern um die schlächter,
die menschen, die dieses tier töten
und vor allem um die vielen menschen,
die das fleisch der tiere konsumieren,
aber nicht mitanschen wollen,
wie diese tiere sterben müssen.
der text tolstois ist sehr modern:
was sagt eine solche art der fliessbandtötung
über die gesellschaft und die
in ihr lebenden menschen aus?

tolstois aufruf „du sollst nicht töten!"
bezieht zwar auch die tiere ein,
richtet sich aber zuallererst an die menschen,
die aufhören sollen,
sich aus nationalen, patriotischen oder
anderen egoistischen gefühlen heraus
gegenseitig umzubringen.

die sorge um den moralischen zustand
der menschen macht tolstoi
zu einem politischen und gesellschaftskritischen autor.

(edith hanke: aufbrüche, seitenpfade, abwege)

 

blog 0081 - kopf los

11.11.2014 06:25

in der kopfverletzungsklinik von pennsylvania

ein pavian auf dem martertisch
geschoren
vor dem zweiten schlag
auf den kopf
stärke 680 g (erdanziehungskraft)
(15 g können einen menschen töten).

nur kurz betäubt
mit einem mittel
das beim kleinsten geräusch
zu panischer erregung führt.

bevor es losgeht
ist die betäubung wirkungslos
ein dumpfer schlag -
mit vielen hammerschlägen
wird dann der helm entfernt
ein teil des ohres
ist mit abgebrochen.

an den folgen
wird der affe sterben
oder mit formaldehyd
ohne betäubung getötet.

ein anderer pavian
total erschöpft
halb leblos
ist der nächste kandidat
zuvor noch verhöhnt und verspottet
mit übelsten ausdrücken
und lachend
an armen und beinen bewegt.

diese sadisten nennen sich wissenschaftler.  

(prof. ingeborg bingener, 1922-2001)

aphorismen und gedichte.
aus liebe
zum leidenden tier.

prof. ingeborg bingener war eine deutsche autorin und politikerin.
von 1993 bis 1995 war sie bundesvorsitzende der tierschutzpartei,
die sie 1998 nach einem parteiinternen streit verliess.

 

blog 0080 - wahn vorstellung

10.11.2014 06:15

„wer hexenprozesse studiert,
glaubt sich unter ein geschlecht versetzt,
das alle edlen menschlichen anlagen erstickt hat,
um dafür alle teuflischen in sich grosszuziehen:
vernunft und gerechtigkeit,
scham, wohlwollen und mitgefühl.

aus der sphäre, die vielleicht den meisten menschen
die teuerste und erhabenste des lebens bedeutet,
aus dem heiligtume der religion,
grinst dem beschauer ein medusenhaupt entgegen
und hemmt ihm das blut in den adern.“ (riezler, 1896)

wenn man in diesem geschichtswerk über den hexenwahn
das wort „religion“ durch „wissenschaft“ ersetzt
und für „hexenprozesse“ „tierversuche“ liest,
wird deutlich, was beide phänomene verbindet:
die ausserkraftsetzung
elementarster moralischer einsichten
im zeichen einer „höheren wahrheit“,
die von der höchsten instanz verkündet wird.

was heute im zeichen der wissenschaft
tieren angetan wird,
spielt sich vor einem ähnlichen hintergrund
von gläubigkeit und verblendung ab,
einer verblendung, die täter und zuschauer
gleichermassen gefangenhält
und so die opfer gnadenlos ausliefert.

wie damals nahezu jeder überzeugt war,
dass mit dem verbrennen lebendiger menschenleiber
seelenheil zu erlangen sei,
so ist heute nahezu jeder überzeugt,
durch das zerstückeln lebendiger tierleiber
sei wahrheit, sicherheit und gesundheit zu erlangen.  

(sina walden und gisela bulla, endzeit für tiere)

de.wikipedia.org/wiki/Sina_Walden

das leiden der tiere
schreit zum himmel,
aber der himmel ist abgeschafft.

der mensch führt einen
einseitigen und erbarmungslosen krieg
gegen die tierwelt.

tierschutz in einem neuen
und umfassenden sinn
muss das anliegen aller werden.

die befreiung der tiere
ist ein notwendiger akt der gerechtigkeit
wie einst die befreiung der sklaven.

 

blog 0079 - na toll

09.11.2014 08:48

tierschützer sind in einer schwierigen lage,
weil sie trotz fliessender übergänge
eigentlich nur gemässigt oder radikal sein können.

sind sie gemässigt, kann man ihnen inkonsequenz
und daher unglaubwürdigkeit und mangelnde kohärenz* vorwerfen.

sind sie aber radikal,
dann gelten sie als intolerant und kompromissunfähig.

ein ähnliches dilemma betrifft ihr öffentliches auftreten.

sind sie massvoll, so glaubt man, leichtes spiel zu haben,
und speist sie mit unverbindlichen versprechungen ab.

treten sie mit harten forderungen auf,
wirft man ihnen radikalität vor.

ihre situation ist aber noch viel schwieriger,
weil sie eigentlich gar keine gegner haben,
oder wer will sich schon
als tierfeind oder tierschutzgegner ansprechen lassen?

auch anhänger des anthropozentrischen humanismus
und des naturalismus bekennen sich zum tierschutz
auf der grundlage der verantwortungsethik.

also findet der streit um besseren tierschutz
immer nur unter tierfreunden statt:
extrem gemässigten, gemässigten, progressiven,
konsequenten und aggressiv-radikalen.

(gotthard m. teutsch, 1918-2009)

www.tierimrecht.org/de/news/2009/05/m_teutsch.php

prof. gotthard m. teutsch hatte entscheidenden anteil
an der geisteswissenschaftlichen und gesellschaftlichen weiterentwicklung
des allgemeinen bewusstseins für einen besseren tierschutz.

unzählige wissenschaftler, dissertanten etc. können bis heute
von seinen grundlegenden arbeiten profitieren
und ihre eigenen darauf aufbauen.

zeitweise auch tätig am forschungsinstitut für menschenrechte in zürich,
engagierte er sich seit den siebziger jahren sehr stark
für die belange des tier- und umweltschutzes.

neben der publikation unzähliger bedeutender eigener werke
gründete prof. teutsch das
„archiv für ethik im tier- natur- und umweltschutz(aet).

mit rund 5000 tierschutzdokumenten galt das aet weltweit
als eine der wichtigsten literatursammlungen zum thema tierethik
und umfasste eine grosse anzahl längst vergriffener
oder nur noch sehr schwer zugänglicher dokumente.

auf seinen ausdrücklichen wunsch hin wurde das aet im herbst 2006
systematisch in die bibliothek der tir (tier im recht) integriert.

diese lösung bot sich an, weil dort bereits ein grosser bestand
an einschlägiger literatur aufgebaut worden war
und dem begründer des archivs
eine stiftung als trägerschaft nachhaltiger erschien
als eine universitäre arbeitsgruppe, die sich im laufe der jahre
auch wieder ganz anderen schwerpunkten widmen könnte.

die tir-bibliothek ist eine präsenzbibliothek,
kann kostenlos genutzt werden.
kopiermöglichkeiten sind vorhanden.

*kohärenz: zusammenhang

siehe auch

www.dieratten.net/news/blog-0084-tierbefreiung/

www.dieratten.net/news/blog-0113-koharenz/

 

blog 0078 - die waffen nieder!

08.11.2014 08:55

wie viele unter uns gibt es schon jetzt,
die niemals fleisch ässen,
wenn sie selber das messer in die kehle
der betreffenden tiere stossen müssten!

wer die opfer nicht schreien hören,
nicht zucken sehen kann,
dem es aber,
sobald er ausser seh- und hörweite ist,
gleichgültig ist,
dass es schreit und dass es zuckt,
der hat wohl nerven,
aber herz hat er nicht.

wer gegen arme, hilflose mitgeschöpfe,
die unter ihm stehen,
erbarmungslos gewesen ist,
hat kein recht,
wenn er selbst in eine hilflose lage kommt,
zu einem höher stehenden wesen zu beten:
herr, erbarme dich meiner!

(bertha von suttner, 1843-1914)

www.bertha-von-suttner-stiftung.de/biografie.html

bertha von suttner war eine österreichische pazifistin,
friedensforscherin und schriftstellerin.

1889 veröffentlichte sie den pazifistischen roman
„die waffen nieder!“
sie beschrieb die schrecken des krieges
aus der sicht einer ehefrau
und traf damit den nerv der gesellschaft,
die zu dieser zeit in heftigsten diskussionen
über den militarismus und den krieg begriffen war.

1891 wurde sie anlässlich des weltfriedenskongresses
zur vizepräsidentin des internationalen friedensbüros gewählt.

1892 gründete sie die deutsche friedensgesellschaft

1898 wandte sich bertha von suttner mit ihrer schrift
„schach der qual“ entschieden gegen tierversuche.
physiologen* verglich von suttner mit jägern und kriegführern,
bezeichnete sie als „unsere verfeinerten grausamkeitsverüber“,
die aus einem beweggrund handelten,
„der so stark ist in seiner gewohnheits- oder pflichtsgewalt,
dass er in ihnen jedes andere verständnis übertäubt“.

1905 wurde sie als erste frau ausgezeichnet
mit einem (friedens)nobelpreis.

„keinem vernünftigen menschen wird es einfallen,
tintenflecken mit tinte,
ölflecken mit öl
wegwaschen zu wollen.
nur blut soll immer wieder
mit blut abgewaschen werden.“

„die religion rechtfertigt nicht den scheiterhaufen,
der vaterlandsbegriff rechtfertigt nicht den massenmord,
und die wissenschaft entsündigt nicht die tierfolter.“

*physiologie: wissenschaft von den
funktionen und abläufen eines organismus:
die physiologie der katze ist der des hundes sehr ähnlich. 

 

blog 0077 - ärzte

07.11.2014 08:18

die versuchstier-einrichtungen innerhalb der hochschulen
erweisen sich geradezu als legebatterien für akademische titel.

wir können eine fülle
von wissenschaftlichen veröffentlichungen nennen,
auch solche zur erlangung von professorentiteln,
in denen tierversuche beschrieben werden,
die mit einem minimum an denkarbeit,
geringem nutzeffekt und
oft beispielloser grausamkeit durchgeführt wurden.

schon die versuchsanordnung war oftmals so perfide,
dass dahinter eigentlich
ein gemütskrüppel vermutet werden musste.

(margot stiller, 1926-1978 und herbert stiller, 1923-1985)

www.scharf-links.de/42.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=46542&cHash=42a6d61b92

herbert stiller (facharzt neurologie, psychiatrie, psychotherapie)
und seine frau margot stiller (diplompsychologin,
fachärztin für neurologie und psychiatrie, psychotherapie)
wandten sich gegen den etablierten stand der forschung
und stellten die tierexperimentelle medizin
aus wissenschaftlicher und ethischer sicht infrage.

ihre kritik trug in deutschland wesentlich
zu einer erbittert geführten öffentlichen kontroverse
über tierversuche bei.

im november 1978 gründete herbert stiller
mit weiteren medizinern die organisation
„ärzte gegen tierversuche“.

kurz bevor herbert stiller an leukämie starb,
korrigierte er das manuskript für sein letztes buch
„die herzlose wissenschaft“.

darin vertiefte er seine kritik am tierversuch
als demoralisierte und dehumanisierte wissenschaft,
die durch ihre fixierung auf die (tier)experimentelle situation,
dynamische lebensprozesse und
den ganzheitlichen menschen ausblende –
und damit die erforschung und entwicklung
von heilmitteln blockiere.

 

blog 0076 - trotz dem

06.11.2014 06:32

die ermüdete wahrheit (TV 1991)

die wahrheit ist schlicht und einfach,
dass ein huhn nicht
in den käfig gehört.
es ist ein lauftier in der grassteppe,
es gehört nicht in den käfig.

die wahrheit ist,
dass ein rind nicht
auf spaltenboden gehört,
weil es ein weidegänger ist.

die wahrheit ist,
dass ein schwein nicht
in ein enges metallgitter gepresst werden darf.

die wahrheit ist,
dass ein kalb nicht
in eine mehr oder weniger dunkle box gehört
und dort - weit weg von der mutterkuh -
mit pappiger milch grossgezogen wird.

die wahrheit ist immer
ganz, ganz einfach,
aber sie ermüdet.

man hat sie so oft gesagt,
und sie hat nichts bewirkt,
so dass die wahrheit an sich ermüdet ist.

also hört man eines tages auf,
diese wahrheit noch zu bekennen,
sie noch zu sagen,
die ermüdete wahrheit.

(horst stern, *1922)

horst stern war mitbegründer
des b.u.n.d. und
des ökologischen jagdvereins bayern.

„es ist nicht dringlich zurzeit,
den hirsch zu schonen.

es ist dringlich zurzeit,
ihn zu schiessen.

host stern hatte
nicht nur die jäger gegen sich,
sondern auch die gegner der jagd:

www.welt.de/kultur/article110190496/Der-Mann-der-Deutschlands-Jaegern-Angst-einjagte.html

 

blog 0075 - filmtiere

05.11.2014 07:06

mir liegt es am herzen,
dass endlich mit der tierquälerei aufgehört wird.

auch beim film und fernsehen
geht es nicht immer liebevoll zu,
wenn tiere dabei eine rolle spielen.

(bettina spier, 1960-2008)

1983: die superanmacher
1985: ein heim für tiere
1985: zurück in die zukunft i
1986: silverado
1987: dirty dancing
1988: poltergeist 3 – die dunkle seite des bösen
1989: karate kid 3- die letzte entscheidung
1989: todesstille
1992: ihr größter coup
1993: falling down – ein ganz normaler tag
2003: the skulls 3
2005: flightplan – ohne jede spur

tv-serien:
ein heimfür tiere
fackeln im sturm

die deutsche schauspielerin und synchronsprecherin
bettina spier war tochter von wolfgang spier

 

blog 0074 - tiere sind meine freunde ...

04.11.2014 08:23

wer nicht davor zurückschreckt,
tierversuche zu machen,
der wird auch nicht zögern,
darüber lügen zu verbreiten.

(george bernhard shaw, 1856-1950)

de.wikipedia.org/wiki/George_Bernard_Shaw

ratte werner in eigener sache:

das kind von franz alt
kam aus der schule zurück:

„tiere sind meine freunde,
meine freunde esse ich nicht“

so wurde george bernhard shaw
1984 auch für mich zum auslöser,
vegetarier zu werden.

 

blog 0073 - hochgesang auf hexen

03.11.2014 06:24

katzen sind ein seltsames volk,
und ihnen geht mehr durch den sinn,
als wir überhaupt ahnen können.

das liegt zweifellos daran,
dass sie umgang pflegen mit
zauberern und hexen.

(sir walter scott, 1771-1832)

www.klassiker-der-weltliteratur.de/scott.htm

sir walter scott, ein schottischer dichter und erzähler,
dessen literarische wirkung ausserordentlich war.
goethe schätzte seine werke.
fontane nannte ihn den „shakespeare der erzählung“.

scotts werke dienten auch als vorlage
für zahlreiche bühnenwerke und filme.
(„ivanhoe“ mit robert taylor, elizabeth taylor).

nach shakespeare dürfte scott der autor sein,
dessen werke am häufigsten als grundlage
für opernlibretti verwandt wurden,
darunter donizettis oper
„lucia di lammermoor“.

seit 2006 wird der sir walter scott-preis für
deutschsprachige historische romane vergeben.

 

blog 0072 - der lange weg zum tierrecht

02.11.2014 09:22

albert schweitzer, ev. theologe, arzt, musiker,
friedenspreis des deutschen buchhandels,
friedensnobelpreis 1952
:

das aufkommen der bewegung des tierschutzes,
das in meiner jugend stattfand,
machte mir einen grossen eindruck.
endlich wagten es menschen,
in der öffentlichkeit aufzutreten und zu verkündigen,
dass das mitleid mit den tieren
etwas natürliches sei,
das zur wahren menschlichkeit gehöre,
und dass man sich dieser erkenntnis nicht verschliessen dürfe.

bei sonnenuntergang mussten wir an einer insel entlang fahren.
auf einer sandbank wanderten vier nilpferde mit ihren jungen
in derselben richtung wie wir.
da kam ich, in meiner grossen müdigkeit und verzagtheit,
plötzlich auf das wort „ehrfurcht vor dem leben",
das ich, soviel ich weiss, nie gehört und nie gelesen hatte.

alsbald begriff ich, dass es die lösung des problems,
mit dem ich mich abquälte, in sich trug.

es ging mir auf, dass die ethik,
die nur mit unserem verhältnis
zu den anderen menschen zu tun hat,
unvollständig ist
und darum nicht die völlige energie besitzen kann.

die bisherige ethik stand dem problem mensch und tier
entweder verständnislos oder ratlos gegenüber.

auch wenn sie das mitleid mit der kreatur als richtig empfand,
konnte sie es nicht unterbringen,
weil ethik ja eigentlich nur auf das verhalten
des menschen zum menschen eingestellt war.

wie die „person“ [zensur! werner],
die die stube gescheuert hat, sorge trägt,
dass die türe zu ist, damit ja der hund nicht hereinkomme
und das getane werk durch die spuren seiner pfoten entstelle,
also wachen die europäischen denker darüber,
dass ihnen keine tiere in der ethik herumlaufen.

wer mit tieren experimentiert,
sollte sein gewissen niemals dadurch beruhigen,
dass er behauptet, dass diese grausamkeiten
einen lobenswerten zweck hätten.

meine ansicht ist, dass wir,
die wir für die schonung der tiere eintreten,
ganz dem fleischgenuss entsagen
und auch gegen ihn reden.

wenn ein tier leidet,
sind wir alle schuldig.

ich bin leben,
das leben will,
inmitten von leben,
das leben will.

ich gelobe mir,
mich niemals abstumpfen zu lassen
und den vorwurf der sentimentalität
niemals zu fürchten.

(albert schweitzer, 1875-1965)


www.youtube.com/watch?v=Qk796sMk_dQ

 

blog 0071 - hagen rether zynisch

01.11.2014 05:45

wissen sie was zynisch ist?
zynisch ist wurst im eigenen darm

in der metzgerei können sie was lernen
über zynismus
da hängt der zynismus meterweise rum
die ferkel mästen, schlachten, mahlen,
zurückstopfen in ihren eigenen darm …
und dann gesichtsmortadella:

(hagen rether, *1969)

die wahrheit über fleisch - hagen rether live:

www.youtube.com/watch?v=sHNY1Xt-Y-o

wikipedia über hagen rether:
„tierversuche, massentierhaltung und fleischkonsum werden heftig kritisiert“

hagen rether ist als kabarettist seit 2003 bekannt
mit seinem stets aktualiserten programm „liebe“.
personen des zeitgeschehens nimmt er in seinen satiren aufs korn.

„in aller seelenruhe und höchst charmant
schmiedet hagen rether sätze wie gewehrkugeln.“

(süddeutsche zeitung, oliver hochkeppel)

 

blog 0070 - reformationsnacht

31.10.2014 06:25

1968: der spiegel

der 1956 verstorbene bischof joseph godehard machens
hatte 1949 in einem fastenhirtenbrief geschrieben:
wäre der mensch „nichts weiter als ein hochentwickeltes tierwesen,
dann gleicht er nur dem tiere, nicht mehr gott“

der evangelischen amtsbruder carl anders skriver zitiert in seinem buch
„verrat der kirchen an den tieren“ den machens-hirtenbrief
und nannte ihn einen „freibrief für alle grossen und kleinen tiermörder“.

skriver hält alle tiere - von der mücke bis zum mastschwein -
für gleichberechtigte und gleichwertige menschenbrüder.
der mensch soll sie weder töten noch auch nur ausnutzen dürfen.

seit es die christliche kirche gibt, hat sie die tiere verraten.

den missionaren habe es seit jeher vollauf genügt,
wenn die heiden ihren göttern abschworen.
die abkehr von gebratenem und gesottenem
sei den getauften nicht zugemutet worden,
weil das „zum zusammenstoss mit allen jägern, fischern,
tierzüchtern, schlachtern. pelz- und lederhändlern, ärzten ...
und den milliarden süchtigen fleischkonsumenten geführt“ hätte.

vor allem aber martin luther ruft der lutherische pastor skriver
als zeugen der tierliebe an.
skriver nimmt den reformator beim wort
und macht ihn zum vegetarier-idol,
obwohl luther gut gefüllte schlachtschüsseln zu schätzen wusste.

die „fleischessenden menschen“ der gegenwart sieht skriver so:
äusserlich hübsch und rosig,
innerlich aber ein verwesungsprozess
der verschiedensten tierteile,
voller totengebein und unreinheit!“

sogar den fleischlos lebenden milchvegetariern
kreidet er „diebisches verhalten gegenüber der kuh“ an:
„man schlemmt in milch, sahne, butter, käse, quark
und milchschokolade und weiss nicht,
dass an der weissen milch rotes blut klebt.“

gegen die tierschutzvereine, die oft nicht für das überleben,
sondern nur für schmerzloses töten von tieren eintreten,
polemisiert der pastor mit einem gleichnis:
„stellen sie sich einmal vor,
sie wären in die hände von kannibalen geraten,
und nun gäbe es unter diesen kannibalen
nette menschenfreunde,
mitglieder eines menschenschutzvereins,
die sorgten dafür,
dass sie für den kannibalenschmaus
human geschlachtet würden,
mit einem bolzenschussapparat oder so.“

mit seinem buch will er neue gesinnungsgenossen
aus allen schichten gewinnen.
auf einen berufsstand allerdings setzt er keine hoffnungen mehr:
auf seinen eigenen.
theologe skriver: „auseinandersetzungen mit den theologen
sind uferlos und sinnlos. den leuten ist nicht zu helfen.“ 

www.spiegel.de/spiegel/print/d-46050216.html

(dr. phil. carl anders skriver, 1903-1983)

www.gnuev.de/html/dr__carl_anders_skriver.html

 

blog 0069 - wenn steine weinen

30.10.2014 07:42

ein anderes pferd hatte sich den kopf blutig geschlagen,
und es schien ihm eine träne aus dem auge
über das fell zu laufen.

wahrscheinlich können pferde gar nicht weinen.

vielleicht war ihm wasser von der stalldecke
genau unters auge getropft.

nicht auszuschliessen,
dass auch die ställe schon weinen.

nur die menschen nicht. 

(helmut schnödel, *1950)

www.zeit-verlagsgruppe.de/presse/2012/05/ben-witter-preis-2012-geht-an-helmut-schodel/

(süddeutsche zeitung 19.4.2003 über schlachtvieh-transporte)

helmut schödel ist ein deutscher dramaturg, regisseur und feuilletonist.
2012 erhielt helmut schödel den ben-witter-preis:
ein leidenschaftlicher reporter und virtuoser feuilletonist.

 

blog 0068 - tiere nicht vergEssen

29.10.2014 07:39

nicht zuletzt tauchte ende des 19. jahrhunderts ein „urevangelium“ auf.

der aramäische text „das evangelium des vollkommenen lebens“,
enthält zahlreiche hinweise auf die tierliebe des jesus von nazareth.

besonders auffallend ist dessen fleischenthaltung:
„ich bin gekommen, die opfer und die blutfeste abzuschaffen,
und wenn ihr nicht aufhören werdet,
fleisch und blut der tiere zu opfern und zu verzehren,
so wird der zorn gottes nicht aufhören, über euch zu kommen ...“.

der urchristliche vegetarismus des aramäischen „urevangeliums“,
so glaubt man unter christlich orientierten tierfreunden,
sei früh vergessen und verdrängt worden.

johannes der täufer habe vegetarisch gelebt,
ebenso etliche der jünger jesu, die sich nur von pflanzen ernährten.

erst aus der perspektive einer evolutiven theologie
steht der mensch wirklich nicht mehr im mittelpunkt des weltgeschehens.
nun muss er zunächst mit dem übrigen belebten kosmos
zusammen gesehen werden.
nun erst ist die einheit des lebendigen wichtiger
als die differenz und die abgrenzung.
und erst aus dieser sicht wird man begründet
von einer geschöpflichen würde auch der tiere
mit allen konsequenzen sprechen können.

so müsste eine grundsätzlich veränderte christliche haltung
zum tier nicht nur von der barmherzigkeit ausgehen.

wenn christliches schöpfungswissen
und evolution zusammen gesehen werden,
rücken sich mensch und tier, pflanze und natur in einer weise nahe,
die bleibenden respekt und ehrfurcht vor allem lebendigen
zur richtschnur des persönlichen und gesellschaftlichen handelns macht.

nach einer bald 2000jährigen geschichte
der entrechtung und entwürdigung des nicht-menschlichen lebens,
die am ende des 20. jahrhunderts zu katastrophalen folgen führt
und heute jedermann vor augen liegt,
muss eine monotheistische religion, insbesondere die christliche,
zu den wurzeln des schöpfungswissens zurückkehren.

das seufzen von millionen rindern,
die 1996 in england und anderswo
eilig getötet werden müssen,
darf nicht zum letzten akt
unseres europäisch-abendländischen dramas
im umgang mit tieren werden.

ohne den alten und neuen respekt vor dem leben
in seiner geschichtlichen komplexität, schönheit und eigenwürde
wird der mensch als kreatur unter kreaturen
keine überlebenschance haben. 

(dr. wolf-rüdiger schmidt, *1939)

autor, redaktionsleiter im zdf bis 2002, sendung kontakte

www.lovelybooks.de/autor/Wolf--R%C3%BCdiger-Schmidt-/Der-Schimpanse-im-Menschen-das-gottebenbildliche-Tier-286010129-t/

 

blog 0067 - festansprache (saTiere?)

28.10.2014 07:29

1990: auszug festansprache zur 100-jahr-feier
des aschaffenburger tierschutzvereins:

das von der bundesregierung vorgelegte gesetz
wurde damals von tierschutzorganisationen
und der opposition kritisiert.

wir wurden bei der vorlage des
tierschutzberichtes im jahre 1989
in unserer auffassung bestätigt,
dass lediglich versucht worden war,
den eindruck zu erwecken,
man sei tatsächlich wesentlichen forderungen
der tierschützer, tierversuchsgegner
und ihrer organisationen nachgekommen,
während in wirklichkeit nichts anderes
als kosmetik betrieben wurde.

diese einschätzung hat sich leider bewahrheitet,
so wie die feststellung, dass eher
ein tiernutz- als ein tierschutzgesetz
verabschiedet worden war. ...

es ist nicht immer ganz einfach,
im bundestag tierschutzinteressen
gegen die lobby von
pharma- und chemischer industrie,
grossforschungseinrichtungen
und der agrarindustrie zu vertreten.

sehr leicht setzt man sich dem vorwurf der naivität,
wirtschaftsfeindlichkeit und weltfremdheit aus.
und ebenso leicht kommt dann der vorwurf,
tierschützer hätten mehr für tiere
als für menschen und kinder übrig.

diese argumente sind albern und kurzsichtig.
deshalb wollen viele das staatsziel umweltschutz,
also die bewahrung unserer schöpfung,
in der verfassung verankert wissen.
ohne gesetzesvorbehalte.

denn tierschutz hat nichts mit naivität
oder weltfremdheit zu tun.
er schützt uns und unsere gesellschaft
vor fehlentwicklungen,
er schützt natur und umwelt.
tierschutz ist umweltschutz
und menschenschutz gleichermassen.

(renate schmidt, *1943)

2000-2005: renate schmidt, spd,
bundesministerin für familie, senioren, frauen und jugend

aus der endlosreihe spd-sprungbrett: vodafone, nestle, roche (!) ...

nestlé wächst und wächst. dank renate schmidt?

www.renateschmidt.de/RS/nestle-zukunft.html

 www.youtube.com/foodwatch kürt nestle zum dreisten werbelügner

homepage renate schmidt:
gegen den tierischen ernst: ja
tierschutz: fehlanzeige?

www.renateschmidt.de/RS/persoenliches.html

 

blog 66 - gesetz

27.10.2014 07:36

keine andere situation auf der ganzen welt
zeigt so die herrschaft des menschen
über die kreatur
und seine auffassung
von sich selbst als dem herrn,
wie das gefesselte tier auf dem laboratoriumstisch.

bewegungslos eingespannt
in klug erfundene apparate,
vielleicht betäubt,
vielleicht unbetäubt,
je nachdem, was erreicht werden soll.
dessen leib geöffnet und untersucht,
gereizt und verstümmelt wird,
mit hilfe der feinsten, genial erdachten methoden.

(julie schlosser, 1883-1965)

das erste moderne tierschutzgesetz
wurde 1822 in england erlassen.
julie schlosser über entstehung und vorgeschichte:

1809: der schatzkanzler von england, lord erskine,
brachte im unterhaus einen gesetzentwurf
zum schutz der arbeitstiere gegen misshandlung ein.

er wurde abgelehnt.

dasselbe geschah bei einem zweiten versuch.

1821: als der irländer richard martin
abermals einen solchen entwurf vorlegte,
betrachtete es das haus
wie einen ungeheuren spass,
und als jemand den schutz
auf die vielen lastesel ausdehnen wollte,
brach ein solches gelächter los,
dass der berichterstatter martins antwort
nicht verstehen konnte ...

1822: die pioniere einer aussichtslosen sache
hatten einen erfolg:
martin und lord erskine zusammen
setzten die annahme des ersten schutzgesetzes durch.

es galt nur für pferde und vieh
hunde, katzen und esel einzubeziehen, gelang nicht.

 

blog 0065 - der panther

26.10.2014 08:26

der panther (paris, 1907)

sein blick ist vom vorübergehn der stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
ihm ist, als ob es tausend stäbe gäbe
und hinter tausend stäben keine welt.

der weiche gang geschmeidig starker schritte,
der sich im allerkleinsten kreise dreht,
ist wie ein tanz von kraft um eine mitte,
in der betäubt ein grosser wille steht.

nur manchmal schiebt der vorhang der pupille
sich lautlos auf - dann geht ein bild hinein,
geht durch der glieder angespannte stille -
und hört im herzen auf zu sein.

(rainer maria rilke, 1875-1926)

wenn der mensch doch aufhörte,
sich auf die grausamkeit der natur zu berufen,
um seine eigene zu entschuldigen!

er vergisst, wie unendlich schuldlos
auch noch das fürchterlichste in der natur geschieht.

rilke.de/

rainer maria rilke fordert
mit seinem dichterischen werk dazu auf
und ermöglicht durch seine sprachgebung
wie sonst kaum jemand,
die welt anders wahrnehmen.

immer wieder stellen seine worte
überraschende bezüge,
perspektiven, zusammenhänge her,
und oft sind es die feinen nuancen,
die einen staunenden blick auf welt,
sprache und ihr zusammenwirken erzeugen.

friedrich blass, philologe (altgriechisch, latein):
„wenn ich einen vergleich ziehen soll:
else lasker-schüler ist eine zungentänzerin,
rainer maria rilke ein bauchredner.“

 

blog 0064 - hof und zoo

25.10.2014 08:55

während das tierhorten als symptom
einer psychischen störung gilt,
findet die übermässige gleichgültigkeit
tieren gegenüber keinerlei interesse.

wer käme schon auf die idee,
die persönlichkeitsstrukturen der betreiber
von fleischfabriken zu untersuchen?

„zwischen streichelzoo und schlachthof:
über das ambivalente verhältnis zwischen mensch und tier“

(hanna rheinz, *1950)

dr. phil. hanna rheinz, diplom-psychologin,
ist autorin, tierpsychologin und malerin.
mit ihrem buch „eine tierische liebe“ (1994)
gilt sie eine vorreiterin in der „human animal studies“.

hanna rheinz ist vorsitzende des gemeinnützigen
internationalen vereins „trialog 4 animals“,
der sich für tierschutz auch in religionen einsetzt,
lebt auf einem bauernhof in weilheim zusammen mit
esel, pferden, hühnern, katzen und hund.

www.animalyz.com

www.trialog4animals.eu/

 

bereits in der formulierung des tierschutzgesetzes
und der verordnung zu dessen umsetzung
fällt der affirmative*, stets die genehmigung
und nicht die möglichkeit einer ablehnung
des versuchsvorhabens befürwortende sprachduktus** auf.

sogar die regierung hat sich ein „ja“
auf das banner geschrieben,
setzte sie doch eine „genehmigungsbehörde“ ein und
nicht ein „beurteilungs- oder prüfungsamt für tierversuche“.

dies setzt sich bis in die diskussionen der kommissionen fort.
werden im versuchsantrag unstimmigkeiten
und mängel erkennbar,
ist es ziel der kommissionsmehrheit,
diese zu beheben,
dem antragsteller durch nachfragen und der bitte,
sein projekt persönlich vorzustellen,
spezielle hilfestellungen zu geben,
um seinen antrag besser formulieren zu können.

auch die logik der genehmigung
widerspricht jeglichem prozessorientierten denken
und folgt dem muster: „wer a sagt, muss auch b sagen“.

wenn eine kommission bereits den erstantrag genehmigte,
selbst wenn dies zu einem anderen zeitpunkt
und unter völlig anderen rahmenbedingungen geschah,
dann darf die nachfolgende kommission
den antrag nicht ablehnen,
sondern höchstens rückfragen stellen
zur antragsverbesserung.

sobald diese, unabhängig von inhaltlichen bedenken,
formal beantwortet wurden,
führen sie „automatisch“ zur genehmigung
des tierversuchsvorhabens.

*affirmativ = bejahend
**ductus = führend, leitend

(dr. hanna rheinz, *1950)

(quelle: zwischen streichelzoo und schlachtof)

siehe auch:

www.dieratten.net/news/blog-0101-fleischmensch/

www.dieratten.net/news/blog-0085-im-spiegelbild-die-fratze/

www.dieratten.net/news/blog-0064-hof-und-zoo/

 

 

blog 0063 - regan und gandhi

24.10.2014 05:03

die theorie, die der bewegung für tierrechte zugrunde liegt, zeigt,
dass diese bewegung ein teil der menschenrechtsbewegung ist
und dieser nicht feindlich gegenübersteht.

die theorie, die die rechte der tiere rational begründet,
liefert auch eine grundlage für die menschenrechte.

demnach sind jene, die an der bewegung für tierrechte teilnehmen,
partner im kampf für die sicherung der menschenrechte -
die rechte der frauen, zum beispiel,
oder der minderheiten, oder der arbeiter.

(tom regan, *1938)

tom regan ist ein us-amerikanischer philosoph.
sein „case for animal rights gilt als klassiker in der tierethik
und stellt die erste ausarbeitung einer
abolitionistischen* tierrechtsposition dar.

als junger hochschullehrer sah sich regan
durch seine teilnahme an den friedensprotesten
im kontext des vietnamkriegs dazu veranlasst,
über die pazifistische position
philosophisch nachzudenken und zu schreiben.

die fragen, die dieses thema aufwirft,
führten ihn zu einer intensiven lektüre der schriften gandhis.

für gandhi kommt der idee der ahimsa,
was oft mit gewaltfreiheit übersetzt wird,
eine schlüsselrolle in seiner pazifistischen theorie politischen wandels zu.

ganz selbstverständlich war für gandhi,
die idee der gewaltfreiheit auch auf tiere anzuwenden.
da menschen gut ohne gewalt gegenüber tieren leben könnten –
insbesondere ohne die gewalt der tierhaltung.

und da man nach möglichkeit
gewalt immer unbedingt vermeiden sollte,
verstand es gandhi als eine ethische pflicht,
vegetarisch zu leben.

*abolitionismus:
bewegung zur abschaffung der sklaverei,
kampf gegen die prostitution,
abschaffung des bisherigen strafrechtlichen systems

 

blog 0062 - schauerliche idee

23.10.2014 08:39

tierversuche sind mit einer ganzheitlichen sichtweise von leben,
krankheit und heilung absolut nicht vereinbar.
sie sind ein barbarisches produkt von primitiven vorstellungen,
welche vorgaukeln,
der mensch könne sich auf kosten von anderen lebewesen
zum eigenen vorteil immer mehr wissen
über sich und seine krankheiten aneignen.

sie sind ein archaisches relikt aus zeiten,
in denen sich herrscher mit vorkostern
vor giftmördern zu schützen und
mit tieropfern die götter zu versöhnen hofften.

tierversuche passen zur heilkunst so wenig
wie die todesstrafe zur pädagogik.

ganzheitliche medizin muss,
wenn sie die therapieform der zukunft werden will,
eine menschenwürdige form finden.

ihre entwicklung darf nicht von industrieabhängigen
biotechnikern bestimmt sein,
sondern muss von ärzten, heilpraktikern und heilern,
welche demütig mit mensch und natur umgehen, getragen werden.

tierversuche werden in einer zukünftigen medizin keinen platz finden.

sie gehören zu den schauerlichsten ideen des menschlichen gehirns.

(bernhard rambeck, *1946)

www.datenbank-tierversuche.de/magazin/content/2001-04-18-brief.php4

dr. bernhard rambeck, leiter der pharmakologischen abteilung
der gesellschaft für epilepsieforschung e.v., bethel-bielefeld
und autor „mythos tierversuch“

 

blog 0061 - verdienstkreuz wertlos

22.10.2014 07:08

wenn alle jahrelangen kämpfe der tierschützer,
die stimmen von vielen millionen tierfreunden
die regierungsvertreter nicht zur entwicklung
eines differenzierten und unzweideutigen schutzgesetztes
für die stumme kreatur veranlassen konnten,
dann sehe ich meine auszeichnung
ihres wertes beraubt

und muss sie zurückgeben.

(will quadflieg, 1914-2003)

  

deutscher theater- und filmschauspieler
grosses bundesverdienskreuz 1986 (aus protest zurückgegeben)
adolf grimme preis 1994

der missbrauch von tieren ist zu seinem thema geworden:
„heute registriere ich mit genugtuung,
dass die schildkrötensuppe aus den regalen
der delikatesgeschäfte so gut wie verschwunden ist,
und mit zorn, dass es immer noch gänsestopfleber gibt.“

und auch der wieder aufkeimende fremdenhass
in diesem land lässt den renommierten schauspieler nicht mehr ruhen:
„die leute, die afrikaner zusammenschlagen und applaudieren,
wenn ein haus angezündet wird -

das sind die schlimmsten. das ist der deutsche spiesser.

zivilcourage wird schon wieder mangelware.“

aus diesem grund hat sich quadflieg vom zdf
die realisierung des „guten mehrbach“ gewünscht.
der fernsehfilm erzählt die geschichte eines architekten,
der plötzlich seinem verschollen geglaubten enkel gegenübersteht.
der junge ist nicht nur ein begeisterter fussballfan,
sondern auch noch farbig.

will quadflieg: „ich bin ein positiver pessimist“

www.berliner-zeitung.de/archiv/zu-seinem-80--liest-will-quadflieg-heute-im-thalia-theater-gedichte-ein-kronjuwel-des-deutschen-theaters,10810590,8869984.html

 

blog 0060 - verletzung

20.10.2014 06:24

es ist ein appell an das sittliche bewusstsein,
dass wir nicht durch stellvertreter tun lassen dürfen,
was wir nicht selbst tun würden.

ich habe kein sittliches bedenken dagegen,
meine stiefel zu reinigen,
meinen tisch abzustauben
oder auch mein büro auszufegen.

mein gefühl würde nicht verletzt werden
durch verrichtung dieser und
hundert anderer handarbeiten.

aber ich könnte keinen ochsen niederschlagen,
kein schaf, besonders kein lamm schlachten,
keinem geflügel den hals umdrehen.

wenn ich das nicht tun kann,
ohne meine besten gefühle zu verletzen,
so lehne ich es ab,
eine andere person es für mich tun zu lassen
mit verletzung ihrer gefühle.

wenn kein anderer grund
zugunsten unserer vereinigung vegetarian spräche,
so würde dieser eine genügen,
um mich zur annahme
der fleischlosen diät zu bestimmen.

(sir isaac pitman 1813-1897)

erfinder der engl. stenographie
und vegetarian-mitglied

de.wikipedia.org/wiki/Isaac_Pitman

 

blog 0059 - übertriebene ethik

19.10.2014 07:54

ethik hinter maschendraht

ich besuchte 1992 eine tierversuchsanstalt
der ehemaligen ciba-geigy ag (heute novartis ag)
und besichtigte auch einen stall mit 160 beagle-hunden,
die für einen einjährigen gifttest gebraucht wurden.

als ich den stall betrat,
toste mir ein höllenkrach entgegen,
ein ohrenbetäubendes bellen, jaulen. winseln, kreischen.

während ich mit dem mich begleitenden toxikologen
den schmalen gang zwischen
den beiden langen käfigreihen entlang ging,
stellten sich die hunde auf die hinterbeine
und streckten mir bettelnd die pfoten
zwischen den käfigstäben entgegen.
sie schienen zu flehen:
„nimm mich heraus aus diesem horror!"

trotz langer diskussionen
mit den tierexperimentatoren -
ihre missionarischen absichten,
mir gegenüber waren offensichtlich -
blieben alle fragen offen,
sowohl die wissenschaftlichen
als auch die ethischen.

es gebe eine „adäquate ethik"
und eine „übertriebene ethik",
erklärte mir der
für die makropathologie*
verantwortliche veterinär.

er sei seit zehn jahren in diesem business:

„beim töten des tieres versuche ich, das bestmögliche zu tun." …

„das sezieren ist lediglich ein ausschnitt aus dem tierversuch“ …

„und ich fühle mich nur für diesen ausschnitt verantwortlich.“ …

„wie soll ich als familienvater sonst überleben?“ …

„können sie mir eine alternative vorschlagen?" …
 

(lislott pfaff, *1931)

*das töten und sezieren der tiere nach dem versuch

https://www.textatelier.com/pers

lislott pfaff wurde in ihrem leben
während jahrzehnten von hunden
und/oder katzen begleitet,
und auch jetzt lässt sie sich zu hause
von einer kohlschwarzen katze tyrannisieren.

vor allem aber dreht sich ihr leben
immer noch ums schreiben.
schreiben von journalistischen beiträgen,
schreiben von lustigen oder traurigen,
märchenhaften oder satirischen
geschichten und gedichten.

2010 - novartis klageantwort tierversuche:

www.vgt.ch/justizwillkuer/vasella-novartis/klageantwort/beilage_11.pdf

 

blog 0058 - in den hintern

18.10.2014 07:18

ich hoffe,
pelzträger werden eines tages
genau von dem tier in den hintern gebissen,
dessen pelz sie tragen.

(p!nk, *1979)

www.youtube.com/watch?v=OpQFFLBMEPI

 

blog 0057 - auf der zunge

17.10.2014 07:21

gerechter himmel!
aus wie vielen marterstunden der tiere
lötet der mensch eine einzige festminute
der zunge zusammen.

bei den tieren kann ich damit rechnen,
dass sie umso besser gegen mich sind,
je besser ich gegen sie bin.

bei den menschen nicht,
ja oft umgekehrt.

(jean paul, 1763-1825)

www.br.de/franken/inhalt/frankenkult-ur/2013-jean-paul-franken-100.html

jean pauls werk spiegelt das gesamte
weltanschauliche spektrum seiner zeit wider.

von arno schmidt stammt das zitat,
dass jean paul „einer unserer grossen“ gewesen sei:
„einer von den zwanzig, für die ich mich
mit der ganzen welt prügeln würde“

besonders weibliche leser schätzten seine romane.
dies lag vor allem an der empathie,
mit der jean paul die frauenfiguren
in seinen werken gestalten konnte:
nie zuvor waren in der deutschen literatur
weibliche charaktere mit einer solchen
psychologischen tiefe dargestellt worden.
allerdings finden sich auch nirgends sonst
derart vergnüglich-frauenfeindliche sticheleien
wie bei jean paul:

„die weiber stehen immer gegen die männer
in jenem widerspruch,
worin sie ihnen beim verwehren und verwünschen
des rauchens
den nettesten, zierlichsten
tabaksbeutel sticken und stricken.“

ähnlich vielgestaltig und verwirrend
wie viele seiner romane
muss auch jean pauls charakter gewesen sein:
er war wohl sehr gesellig und geistreich,
gleichzeitig extrem sentimental,
von fast kindlichem gemüt
und schnell zu tränen gerührt.

bei einem so kapriziösen autor
ist es kaum verwunderlich,
dass sein verhältnis zu den
weimarer klassikern goethe und schiller
immer zwiespältig war
(schiller: jean paul sei ihm
„fremd wie einer, der aus dem mond gefallen ist“).
herder und wieland allerdings
haben ihn geschätzt und unterstützt.

er gelangte zu einer weltanschauung ohne illusionen,
verbunden mit humorvoller resignation.

 

blog 0056 - plötzlich tief im wald

16.10.2014 07:10

ein märchen.

ein kleiner fisch war es gewesen, ein fischchen,
so lang wie ein halber finger,
und er hatte silberne schuppen und flossen gehabt,
so zart wie spitzen, und durchsichtige, zitternde kiemen.

ein rundes, weit offenes fischauge hatte maja und matti
einen moment lang angestarrt, als wollte es ihnen bedeuten,
dass wir alle, alle lebewesen auf diesem erdball,
menschen und vieh, vögel und kriechtiere und fische,
wir alle, verwandt miteinander sind,
trotz unserer ganzen verschiedenartigkeit:
haben wir nicht alle augen,
um formen und bewegungen und farben zu sehen,
und hören wir nicht alle geräusche
und den widerhall von geräuschen,
oder fühlen wir nicht alle zumindest unterschiede
zwischen licht und dunkelheit über unsere haut,
und nehmen wir nicht alle über unsere sinne
geruch, geschmack, berührungen wahr?

und ausserdem erschrecken wir alle manchmal,
geraten sogar in panik,
und manchmal sind wir alle müde oder hungrig,
und jeder von uns hat dinge,
die ihn anziehen, und andere, die ihn abstossen
oder widerwillen in ihm wachrufen.
ausserdem sind wir alle, ohne ausnahme, sehr verletzlich.

und wir alle, mensehen, kriechtiere, insekten und fische,
wir alle schlafen, sind wach, schlafen wieder und sind wieder wach,
wir alle streben danach, dass es uns gut geht,
dass es uns nicht zu warm und nicht zu kalt ist.

wir alle, ohne ausnahme, versuchen fast immer,
uns zu schützen und uns vor allem zu hüten,
was schneidet, beisst und sticht.

denn schliesslich können wir alle sehr leicht zerdrückt werden.

und wir alle, vogel und wurm, katze und kind und wolf,
wir alle versuchen fast immer, uns, soweit es geht,
vor schmerzen und gefahren zu schützen,
und dennoch bringen wir alle uns immer wieder in gefahr,
jedes mal, wenn wir uns aufmachen,
um nach nahrung zu suchen, um zu spielen,
wenn wir abenteuer wollen, aufregung, macht und vergnügen.

somit, sagte maja, nachdem sie diesen gedanken eine weile verfolgt hatte,
somit könnte man vielleicht sagen, dass wir alle, ohne ausnahme,
in einem boot sitzen: nicht nur alle kinder,
nicht nur alle menschen im dorf,
nicht nur alle menschen auf der ganzen welt,
sondern alle lebewesen. wir alle.

und ich frage mich, ob die pflanzen
nicht vielleicht auch verwandte von uns sind,
weit entfernte verwandte.

und der, der andere mitreisende verspottet oder sie quält,
sagte mati, ist eigentlich der dumme,
der dem ganzen boot schadet.

denn es gibt für keinen ein anderes boot.

(amos oz, *1939)

de.wikipedia.org/wiki/Amos_Oz

das kleine werk „plötzlich tief im wald“ handelt von einem bergdorf,
aus dem vor langer zeit über nacht sämtliche tiere,
vom holzwurm bis zum ackergaul, verschwunden sind.
einige besonders tierliebe bewohner kostete das den verstand.
und immer wieder einmal geht einer von ihnen die tiere im wald suchen
und kehrt dann etwa wiehernd wie ein fohlen zurück.
als erklärung tischen die eltern ihren kindern
nur rätselhafte geschichten auf,
die sie keinesfalls für wahr halten sollen.

im übrigen redet man tunlichst nicht
über die merkwürdige unbelebtheit im dorf
und die unbestimmbaren ängste seiner bewohner.

zwei aufgeweckte kinder, maja und mati,
lassen sich allerdings von der geheimniskrämerei nicht abschrecken.
sie entdecken einen einsiedler,
der sich einst an seinen mitmenschen aus verbitterung
über deren grausame spottlust
zusammen mit den tieren rächte.

doch die schlaue maja
lässt diesen mann mit seiner egoistischen,
allzu einfachen lösung nicht davonkommen.

das märchen des friedensaktivisten amos oz ist auch eine parabel.

quelle: www.lyrikwelt.de/rezensionen/ploetzlichtiefimwald-r.htm

oktober 2014: der erste siegfried-lenz-preis
geht an den
israelischen schriftsteller amos oz:

es ist auch eine politische geste im hitzig diskutierten konflikt
zwischen der terrororganisation hamas und israel:
der in diesem jahr erstmals verliehene siegfried-lenz-preis
geht an amos oz.

der israelische autor, 1939 in jerusalem geboren,
gilt als einer der profiliertesten hebräischen schriftsteller.
auch in deutschland hat er eine grosse lesergemeinde.

von der kritik wird er gerühmt für seine sprachmacht,
stilbildend ist sein vermögen, zeit- und gesellschaftsgeschichte
mit individuellen schicksalen zu verbinden.
seine romane spielen in israel, zuletzt erschienen der erzählband
„unter freunden“ und „juden und worte“,
ein buch über die jüdische geschichte,
das oz gemeinsam mit seiner tochter fania oz-salzberger geschrieben hat.

übergeben wird der siegfried-lenz-preis im november 2014 in hamburg.
bisher waren nur der büchner-preis, in seiner kategorie der wichtigste
im deutschsprachigen raum, und der joseph-breitbach-preis so üppig ausgestattet.

der preis wird künftig alle zwei jahre
von der kürzlich gegründeten siegfried-lenz-stiftung vergeben.
mit der auszeichnung sollen laut mitteilung von hoffmann und campe,
dem stammverlag des preis-namensgebers,
„internationale schriftstellerinnen und schriftsteller ausgezeichnet werden,
die mit ihrem erzählerischen werk anerkennung erlangt haben
und deren schöpferisches wirken dem geist von siegfried lenz nah ist“.

der 1926 geborene siegfried lenz („deutschstunde“)
zählt wie günter grass, heinrich böll, uwe johnson und martin walser
zu den wichtigsten deutschen autoren der nachkriegszeit.

quelle: www.spiegel.de/kultur/literatur/siegfried-lenz-preis-an-amos-oz-a-980281.html

 

blog 0055 - fledermaus

15.10.2014 09:41

wenn ein mensch stirbt,
wird der verlust in form von trauer,
beerdigungen und beileidsbezeugungen anerkannt.
der hinterbliebene wird als ein mensch akzeptiert,
der den verlust von freundschaft
und liebe erlitten hat.

bei einem tier jedoch
werden die gefühle des kummers
und des verlustes nicht geteilt.

ich erinnere mich daran,
wie ein arzt im krankenhaus
eine woche vor fledermaus' tod fragte,
was an dieser katze
so besonders gewesen sei:
„sie war nur eine kleine schwarze katze“

als ob es millionen
oder auch nur eine
wie sie gäbe.

(samantha mooney)

www.amazon.com/Snowflake-My-Hand-Samantha-Mooney/

you will cry, smile, laugh,
it's wonderful, you'll love it

die autorin samantha mooney,
angestellte des bekannten
animal medical center von new york,
berichtet liebevoll über den täglichen kampf
ihrer vierbeinigen patienten,
ein kampf, der sich über die klinik hinaus
bis ins häusliche und und in die ferien hinein erstreckt.

über die jahre hinweg hat die autorin
viele dauerpatienten begleitet,
wie z.b. den getigerten kater „clancy“,
der auf der ganzen station gast war,
die schüchterne katze „fledermaus“
oder den ruhigen kater „oliver cromwell“,
der als freund eine seemöwe hat,
die er bei seinem urlaub in maine trifft.

im vordergrund der klinik
beim täglichen kampf um die tiere
steht dabei die lebensqualität der tiere.
ziel ist es die lebensqualität der tiere
zu erhalten und zu verbessern.
das heisst aber auch
im richtigen moment loszulassen.
wie eine schneeflocke in der hand.
alles ist vergänglich.
das schöne bleibt einem aber in erinnerung.

das englischsprachige original ist 1983 erschienen.
das cover ist von der autorin gestaltet worden.

die deutsche ausgabe ist bekannt unter dem titel
„die katzenklinik - meine vierbeinigen patienten“.
ein buch, das man immer wieder herausholt
oder sich einmal die originalausgabe vornimmt.

www.amazon.de/Samantha-Mooney/e/B001HPEK6M

 

blog 0054 - SPD für wildtiere im zirkus

14.10.2014 10:43

mörfelden-waldorf gegen zirkus mit tieren

der beschluss, wonach zirkusvorstellungen in mörfelden-walldorf nur noch erlaubt sind, wenn auf den einsatz von tieren verzichtet wird, soll wieder aufgehoben werden. einen entsprechenden vorschlag hat der magistrat für die sitzung des stadtparlaments am dienstag, 14. oktober 2014, eingebracht. begründet wird dies mit der fehlenden rechtlichen grundlage für den beschluss.

der antrag des parteilosen volker arndt war im juli mit grosser mehrheit angenommen worden. einzig die SPD hatte eine andere auffassung vertreten und mit dem recht auf selbstbestimmung von menschen argumentiert, die sich für das zirkusleben entschieden hätten.

rfelden-walldorfs bürgermeister heinz-peter becker (spd) schlägt nun vor, den beschluss zurückzunehmen. becker nimmt bezug auf ein urteil des verwaltungsgerichts darmstadt vom februar 2013, wonach die nichtzulassung von zirkussen mit wildtieren einen unzulässigen eingriff in das grundrecht der berufsfreiheit bedeutet.

im gegensatz zu mörfelden-walldorf hatte das darmstädter stadtparlament im oktober 2012 kein generelles auftrittsverbot für tiere beschlossen, sondern sich auf „exotische tiere“ beschränkt. dennoch hatte das verwaltungsgericht das verbot gekippt. im märz 2013 hoben darmstadts stadtverordnete den beschluss auf.

becker verweist ausserdem darauf, dass es an der rechtlichen grundlage für einen solchen eingriff fehle, auch wenn ein verbot möglicherweise wünschenswert sei.

mörfelden-walldorfs magistrat will sich daher vom parlament beauftragen lassen, sich beim bundesrat, bei der bundesregierung und beim bundestag für eine gesetzliche regelung zum verbot von wildtieren in zirkussen einzusetzen. mz

quelle: www.fr-online.de/kreis-gross-gerau/moerfelden-walldorf-doch-kein-tierverbot-,1473014,28651444.html

 

blog 0053 - das finde ich besser

14.10.2014 06:38

mein job ist die herstellung von schönen luxusobjekten.
ich möchte, dass die leute in meinen laden kommen
und gar nicht einmal wissen,
dass etwas organisch ist oder aus kunstleder.

das ist die grösste herausforderung:
dass die menschen es nicht einmal merken.

wir haben tolle strickwaren,
da funktionieren biotextilien am besten,
denn es gibt sehr feine, natürliche färbemittel.

viele freunde tragen meine strickwaren
und sagen mir, wie sehr sie sie mögen,
aber wenn ich ihnen dann mitteile,
dass sie organisch sind,
ist das für sie ein plus
und nicht so sehr eine entscheidung.

das finde ich besser.

(stella mccartney, *1971)

stella mccartney, britische modedesignerin,
tochter von linda und paul mccartney

 

interview „die zeit“ vom 03.11.2005:

ihre mode ist vegan,
d.h. sie lehnt die verarbeitung tierischer materialien ab
(schurwolle, seide, leder, pelz)

es heißt, sie engten sich ein,
weil sie als überzeugte vegetarierin und tierschützerin
nur künstliche materialien verwenden.

das engt in der tat ein.
aber es ist auch eine herausforderung, so zu arbeiten.
manchmal sehe ich etwas, das ich toll finde,
aber dann merke ich:
mit meinen materialien ist das nicht zu machen.
dann muss ich weitersuchen.
in der modewelt akzeptieren das inzwischen alle.

in ihrer familie isst niemand fleisch,
ihre eltern nicht, ihre geschwister nicht, bis hin zum hund.
wie streng sind sie mit freunden?

ich halte mich zurück.
als meine freundin gwyneth paltrow
aber mal in einem mantel mit pelzkragen auftauchte,
habe ich gesagt, dass ich das widerlich finde.
seither habe ich den mantel bei ihr nicht mehr gesehen.

 

blog 0052 - tierlich menschlich

13.10.2014 08:14

die tiere wären tief beleidigt,
verstünden sie die sprache der menschen
und wüssten sie,
dass wir unsere unverantwortlichsten handlungen
mit dem wort „tierisch“ bezeichnen.

zenta maurina (1879-1978)

www.zitate.eu/de/autor/2478/zenta-maurina

die lettische schriftstellerin wuchs dreisprachig auf
(deutsch, lettisch, russisch),
lebte und studierte in riga, schweden und deutschland.

ihr lebenswerk ist gekennzeichnet durch die schilderung
des lettischen schicksals zwischen freiheit und unterdrückung.

„jeden tag sollst du den freund mit neuer liebe lieben,
mit neuer nachsicht ihm verzeihen.
du sollst, um mit ihm schritt zu halten,
dich wandeln - weit die seelenfenster öffnen,
damit der wind den staub
der alles abstumpfenden gewohnheit verwehe.“

 

blog 0051 - mittel gegen zu trockene augen

12.10.2014 08:55

rosa luxemburg beobachtete im gefängnishof
die misshandlung von zugbüffeln
und die bemühungen eines lerchenpaares
um ein zu früh aus dem nest geflogenes junges:

wenn dies schrille klagende piepen
unter meinem fenster beginnt
und ich die unruhe und sorge
der beiden kleinen eltern sehe,
bekomme ich buchstäblich einen herzkrampf.

dabei kann ich nichts helfen,
denn die haubenlerchen sind sehr scheu
und wenn man ihnen brot hinwirft,
fliegen sie weg,
nicht so wie die tauben und spatzen,
die mir schon wie hunde nachlaufen.

ich sage mir vergeblich,
dass es lächerlich ist,
dass ich ja nicht für alle hungrigen haubenlerchen
der welt verantwortlich bin
und nicht um alle geschlagenen büffel weinen kann.

das hilft mir nichts,
und ich bin förmlich krank,
wenn ich solches höre und sehe.

rosa luxemburg (1871-1919)

 

totalliberation.blogsport.de/infotext-repression/die-tiere-rosa-luxemburgs/

asatue.blogsport.de/images/DieTiereRosaLuxemburgs.pdf

rosa luxemburg war eine einflussreiche vertreterin
der europäischen arbeiterbewegung,
des marxismus, antimilitarismus
und „proletarischen internationalismus“.
ab 1887 wirkte sie in der polnischen,
ab 1898 auch in der deutschen sozialdemokratie.

rosa erhielt eine umfassende humanistische bildung
und lernte neben polnisch, deutsch und russisch
auch latein und altgriechisch.
sie beherrschte französisch,
konnte englisch lesen und italienisch verstehen.

sie kannte die bedeutenden literaturwerke europas,
rezitierte gedichte, war eine gute zeichnerin,
interessierte sich für botanik und geologie,
sammelte pflanzen und steine und liebte musik.

an den jährlichen liebknecht-luxemburg-gedenkfeiern
in berlin nimmt heute ein breites spektrum
linksgerichteter gruppen, parteien und einzelpersonen teil.
auch die frauenbewegung,
die antimilitaristische friedensbewegung,
die sozialistische jugend und
die globalisierungskritiker
finden in rosa luxemburg ein bedeutendes vorbild.

„so ist das Leben und so muss man es nehmen,
tapfer, unverzagt und lächelnd - trotz alledem.“

 

blog 0050 - stacheldraht ... gut für pferde

12.10.2014 08:00

vor hundert jahren:
ein amerikaner erfand den stacheldraht.

oktober 1914, erster weltkrieg:
vor den schützengräben wurde stacheldraht aufgestellt.

stacheldraht zwang die reitersoldaten zum absteigen,
das ende der kavallerie.

  

www.amnesty.de/
 

blog 0049 - vernetzung damals

11.10.2014 09:12

die sittliche überzeugung unserer zeit
verabscheut die vivisektion als eine praxis,
die mit dem öffentlichen moralgefühl einer zivilisierten nation
in schreiendstem widerspruche steht.

sie sieht in jenen raffiniert grausamen experimenten
an zahllosen, mit einem seelenvermögen, bewusstsein
und schmerzempfindung begabten wesen
ein offenbares verbrechen gegen die
über allem nutzen stehenden gebote
christlicher und menschlicher barmherzigkeit
und einen schimpf für die wissenschaft selbst.

(franz liszt, 1811-1886)

 

- marie espérance von schwartz, 1818-1899, schriftstellerin
- giuseppe garibaldi, 1807-1882, italienischer guerillakämpfer
- franz liszt, 1811-1886, komponist
- ernst von weber, 1830-1902, schriftsteller und tierschützer

marie espérance von schwartz war eine schriftstellerin
deutscher herkunft und englischer staatsangehörigkeit.
sie war eine freundin von giuseppe garibaldi.
außerdem war sie befreundet mit franz liszt
und pflegte mit ihm über viele jahre einen regen briefwechsel.

ende 1865 verlegte marie esperance von schwartz ihren wohnsitz nach kreta,
unbeirrt durch die tobenden kämpfe des kretischen aufstands.
ihre sympathie gehörte den aufständischen.
auf ihre bitte hin entsandte garibaldi zur unterstützung des aufstands
ein kontingent von 500 mann nach kreta.

sie widmete viel zeit und geld karitativen einrichtungen,
gründete krankenhäuser, asyle, schulen,
übersetzte deutsche schulbücher ins neugriechische
und kretische volkslieder, sagen und volksgut ins deutsche.

sie entfaltete auf dem gebiete des tierschutzes ein reges engagement,
das sich über ganz europa erstreckte.
in chania gründete sie ein tierspital für pferde und esel,
die zahllosen straßenhunde wurden täglich gefüttert.
in zahlreichen broschüren in vielen sprachen
warb sie um förderer des tierschutzes und
setzte sich gemeinsam mit ernst von weber gegen tierversuche ein.

ernst von weber war ein bekannter reiseschriftsteller
und einflussreicher propagandist für die deutschen kolonien in afrika.

1879 veröffentlichte er „die folterkammer der wissenschaft“
und begann damit eine kampagne für das verbot der „vivisektion“,
der wissenschaftlichen tierversuche.

damit wurde weber zu einem der ersten vertreter
des modernen tierschutzes in deutschland;
seine schrift wurde in zahlreichen auflagen nachgedruckt.

zur unterstützung seiner kampagne gründete weber
in seiner heimatstadt dresden den „internationalen verein
für die bekämpfung der wissenschaftlichen thierfolter“.

prominentes mitglied war franz liszt,
der durch seine langjährige freundin marie esperance von schwartz
zum eintritt in den verein bewegt wurde.

Frauen.

 

blog 0048 - begreifen

10.10.2014 08:43

die christliche kirche hat 1800 jahre gebraucht,
bis sie die unmoral der sklaverei erkannt hat,

sie hat 1900 jahre gebraucht,
bis sie gemerkt hat,
dass frauen und männer gleich sind,

und es könnte noch bis ins 21. jahrhundert hinein dauern,
bis die christliche kirche endlich begreifen wird,
dass auch tiere würde und rechte haben.

wenn gott gut und gerecht und heilig ist,
so folgt daraus, dass es erlösung
für jedes leidende geschöpf geben muss.

es muss dringend ein neues
christliches bewusstsein aufgebaut werden,
damit der grausamkeit gegen tiere
und der mutwilligen zerstörung der schöpfung
einhalt geboten werden kann.

letztlich hat der kampf um die rechte der tiere
also nicht nur eine rechtliche,
sondern vor allem eine spirutuelle seite.

(andrew linzey, *1952)

www.oxfordanimalethics.com/home/

professor andrew linzey war von anfang an auch in die
praktische politische arbeit auf der strasse involviert
und wurde für seine grossartigen reden auf demonstrationen bekannt.
bis in die mitte der 1990er jahre konnte man ihn
in englischen medien sehen bzw. lesen,
dass er sogar ein verständnis für illegale aktionen
und sachbeschädigungen im namen von tierrechten aufbrachte.

seitdem scheint er allerdings seine meinung etwas geändert zu haben,
zumindest insofern, dass er öffentlich erklärte,
sachbeschädigungen im namen von tierrechten seien zu verurteilen.

dafür wurde reverend professor andrew linzey
der weltweit erste professor für tierrechte
im rahmen der theologischen fakultät am mansfield college
der universität oxford in england, senior research fellow in ethics,
theology and animals in der blackfriars hall an der universität oxford
und ehrenprofessor an den universitäten birmingham und chicago.

jedes semester hält er vorlesungen und seminare zu tierrechten ab,
die sehr bekannt sind und sich eines guten besuchs erfreuen.

im jahr 2001 wurde linzey vom erzbischof von canterbury
zum doctor of divinity ernannt, der höchsten auszeichnung,
die ein erzbischof einem theologen verleihen kann.

archiv.vegan.at/warumvegan/tierrechte/tierrechte_im_rahmen_der_christlichen_theologie.html

 

blog 0047 - meerschweinchen

08.10.2014 09:35

der pariser professor brumpft soll sich beim sezieren
eines meerschweinches das purpurfieber* geholt haben.

grosses trara.
das institut pasteur wurde zu seiner behandlung aufgeboten.

noch weiss man nicht, ob er durchkommen wird.
möglicherweise kommt er nicht durch.

ich habe mich bereits zwischen ihm
und das meerschweinchen entschieden:

ich bin für das meerschweinchen.

(paul leautaud, 1872-1959)

der französische schriftsteller paul leautaud
lebte seit 1912 isoliert als misanthrop**,
umgeben von zahllosen hunden und katzen,
in einem häuschen in einem pariser vorort.
durch rundfunkansprachen wurde er 1950
auch einer breiteren öffentlichkeit bekannt.

Walter Benjamin, dt. philosoph:

„nie hat es einen kritiker gegeben,
der den vorgang des kritisierens selbst
so erstaunlich und wahr zu gestalten gewusst hat.
das ist die ausserordentliche kunst dieses mannes.“

*aggressive scharlach-variante
**menschenfeind, verachtet menschen

 

blog 0046 - missionare

07.10.2014 17:16

die tierversuche
sind die grösste und gemeinste
kulturschande der gegenwart,
sie sind moralisch und intellektuell
dem irrwahn der hexenprozesse
völlig gleichzustellen.

kein volk, das sie duldet,
hat ein recht darauf,
sich ein kulturvolk zu nennen.

(manfred kyber, 1880-1933)

  

schriftsteller, welttierschutzpreis 1930.

das patentierte krokodil:
„… da nun das krokodil auf alles appetit hat
und alles verschlucken will,
so ist es auch bei allen unbeliebt.

es schluckt missionare, frösche … 
alles aus appetit.

es bekommt ihm auch alles – gott sei dank –
und es verdaut auch alles,
sogar seine verwandten …“

(manfred kyber - tiergeschichten - kostenloses ebook):
www.amazon.de/Tiergeschichten-Manfred-Kyber-ebook/

 

in den 1920er jahren begann manfred kyber,
für den tierschutz partei zu ergreifen und zu spenden.
insbesondere tierversuchen,
die er für eine „abendländische kulturschande“ hielt,
galt seine aufmerksamkeit.

in seinem 1925 erschienenen buch „tierschutz und kultur"
äusserte er sich auf breitem raum zu diesem thema.

kyber scheute auch nicht die debatte mit hochrangigen medizinern:
1932 verfasste er einen beitrag für eine aufsatzsammlung
des schweizer zahnarztes ludwig fliegel.
darin versuchten kyber und weitere autoren,
eine berühmte rede des bakteriologen
paul uhlenhuth zu widerlegen,
in der dieser tierversuchsgegner als
„unwissende und verblendete“ bezeichnet hatte.

kyber entgegnete, dass der streit um den tierversuch
in erster linie eine moralische frage sei
und er sich gerne zu den unwissenden und verblendeten
im sinne uhlenhuths zähle:
„ich wünsche dem kampf gegen die wissenschaftliche tierfolter
so viel unwissende und verblendete dieser art,
als nötig waren, die juristische folter zu stürzen.“

 

blog 0045 - engelskopfmaul

06.10.2014 09:24

ich nahm den parka vom haken
steckte die blechschachtel zu mir,
den deckel zierte ein engelskopf
und hielt ein veilchensträusschen im maul.

maul sagte ich derzeit
weil mir die köpfe
der schwarzweissen kühe
des hofhunds
der listigen schnarchenden schweine
weitaus ehrlicher netter
als die der meisten menschen erschienen
und ich die arglosen tiere
durch unterscheidung
präzise benennung
ihrer uns entsprechenden merkmale
nicht in verruf zu bringen geneigt war.

(sarah kirsch, 1935-2013)

faculty.vassar.edu/vonderem/g301/project/Kirsch/

sarah kirsch gilt als eine der bedeutendsten deutschen lyrikerinnen.

ihre lyrik ist von der form her offen, meist ohne reim und in freiem versmass.

dennoch spielt der rhythmus im sinne des atemtempos eine grosse rolle,
ebenso zeilenumbrüche und zeilensprünge,
durch die ein strömen oder eine atemlosigkeit erzeugt wird.

kirsch kombiniert häufig fachsprachliche oder
altmodische ausdrücke mit einem saloppen ton.

als literarisches vorbild nannte kirsch
annette von droste-hülshoff („der knabe im moor)

von 1983 an lebte sarah kirsch zurückgezogen in tielenhemme,
kreis dithmarschen, schleswig-holstein.

die verleihung des bundesverdienstkreuzes lehnte sie wegen
der ns-vergangenheit des damaligen bundespräsidenten karl carstens ab.

2006 wurde ihr von schleswig-holstein der ehrentitel professorin verliehen.
seit 1992 war sarah kirsch mitglied der freien akademie der künste hamburg.
bis zu ihrem tod war sie mitglied der else-lasker-schüler-gesellschaft.

 

blog 0044 - eierfabriken ...

05.10.2014 04:30

... wogegen der bäuerliche hühnerhof mit seinem gockel
fast wie ein tierschutzpark anmutet!

(hans jonas, 1903-1993)

de.wikipedia.org/wiki/Das_Prinzip_Verantwortung

jonas wandte sich auf seiner naturphilosophischen grundlage
zunehmend ethischen fragestellungen zu,
die insbesondere das verhältnis des menschen zur natur
und seinen umgang mit der technik betrafen.

sein hauptwerk erschien 1979 unter dem titel
„das prinzip verantwortung – versuch einer ethik
für die technologische zivilisation“.

aus dem werk mit dem gegen ernst blochs hauptwerk
„das prinzip hoffnung“ gewendeten titel
stammt das bekannte,
in der formulierung an kants
kategorischen imperativ angelehnte zitat,
das auch als ein ökologischer imperativ bekannt ist:

„handle so, dass die wirkungen deiner handlungen
verträglich sind mit der permanenz
echten menschlichen lebens auf erden.“

 

blog 0043 - der blog zum sonntag

04.10.2014 15:01

es soll studenten und wissenschaftler geben,
die, jeder für sich,
viele tausend tiere lebend seziert haben,
ohne sie zu betäuben,
einzig, dass sie sie lähmten.

ein gott hat nicht eingegriffen.
gesetze sind gegen die frevler nicht gemacht worden.

in den angeblich inspirierten kanonischen* büchern
steht kein verbot von tierquälerei.

priester haben von kanzeln herab nicht dagegen geredet.
sie reden immer nur von den unwichtigen sünden.

unsere religion,
die christliche,
hat fast nichts getan,
um das tier als geschöpf zu achten.

(hans hennny jahnn, 1894-1959)
siehe blog 0042 ...

*kanonische bücher: die als echt anerkannten bücher der bibel

 

blog 0042 - zum heulen

04.10.2014 13:35

ich schämte mich, als ich zum ersten mal im tierpark
die grossen sibirischen tiger eingesperrt sah,
die über mich hinwegschauten.

mir stieg das blut in den kopf, dass ich vermeinte,
er würde mir zerplatzen, und lief davon.

bald darauf aber kehrte ich zum käfig zurück und bemühte mich,
ihnen klar zu machen, dass ich an ihrer gefangenschaft nicht schuld sei;
aber sie glaubten mir nicht, sie wollten mich nicht hören, sie meinten,
ich hätte auch wohl eintrittsgeld bezahlt, den zins,
darum sie gefangen sassen.

da begann ich entsetzlich zu weinen und flehte,
dass ich doch möchte die tigersprache kennen;
aber ich musste ihnen endlich auf deutsch sagen,
dass ich sie sehr, sehr liebte,
dass ich zu ihnen wollte, um ihnen das fell zu lecken,
und dass sie mich auch fressen dürften - nur glauben sollten sie mir,
dass ich sie lieb hätte und nicht schuld wäre an ihrer gefangenschaft.

ich weinte so sehr vor ihnen und wollte sie befreien;
aber ich sah wohl ein, dass es nicht anging, man würde sie erschiessen.

so bin ich denn noch zwei- oder dreimal an ihrem käfig gewesen
und habe ihnen meine ganze traurigkeit angeboten,
so möchten fröhlich sein;
aber sie lehnten es ab.

(hans hennny jahnn, 1894-1959)

www.hans-henny-jahnn.de/index.html

der deutsche schriftsteller und publizist war vor allem wegen seiner
drastisch grenzüberschreitenden literarischen darstellungen
von sexualität und gewalt stark umstritten.

jahnn bezeichnete den menschen als „schöpfungsfehler“.

in seinen romanen, aufsätzen und reden beschrieb er
das ausmass an grausamkeit und destruktivität,
dessen der mensch fähig sei.

rettung suchte er in der natur, deren „schönheit und harmonie“ er
in landschaftsschilderungen (romantrilogie „fluss ohne ufer“) ausdrückte,
gleichzeitig zeichnete er die grausamkeit der natur nach.

versöhnung könne allein die kunst bewirken, insbesondere die musik.
diese auffassung sei der antrieb seines schreibens.

ulrich greiner zum 100. geburtstag des autors u.a.:

strukturmerkmale seiner literarischen werke beruhen
auf einer „reduktion des menschen“ auf das biologische.
jahnn sehe den menschen als teil der natur,
der nicht über das tier erhaben sei,
vielmehr wie dieses schmerz empfinde.

für jahnn sei das leben ein „universaler und permanenter schmerz“,
den tiere ohnmächtig erduldeten,
„während der mensch planvoll und umsichtig schmerz zufügt:
sich selber und seinesgleichen, den tieren und der gesamten natur.
schlachthof und krieg sind die beiden seiten eines
unbegreiflichen willens zur lebensvernichtung.“

jahnns werk ist ein „protest gegen das anthropozentrische weltbild“.

der 1935 bis 1947 entstandene roman „fluss ohne ufer“
folge nicht literarischen, sondern musikalischen gesetzen.
er sei wie eine symphonie komponiert.

 

blog 0041 - die kunst

03.10.2014 08:07

so wie der wolf die erde besitzt
und der fisch den ozean,
wie die vögel den himmel
und die götter das feuer besitzen,
so muss auch der mensch sein element finden,
das fünfte element,
das einzige, aus dem wir niemals
ausgeschlossen sein werden.

die kunst ist dieses element,
ohne das wir uns von der natur
und vom kosmos entfernen,
weil wir taub, blind, gefühllos, unempfindlich werden.

(helene grimaud, *1969)

rachmaninow, klav konz 2, helene grimaud, claudio abbado:

www.youtube.com/watch?v=uJRHht55E1M

pianistin, echo-preis 2005,
gründerin wolf conservation project

 

blog 0040 - wo ein jäger lebt

02.10.2014 07:22

wo ein jäger lebt ...

... könnten zehn hirten leben
... könnten hundert ackerbauern leben
... könnten tausend gärtner leben

dem tier gegenüber sind heute alle völker mehr oder weniger barbaren.

es ist unwahr und grotesk, wenn sie ihre vermeintlich hohe kultur
bei jeder gelegenheit betonen und dabei tagtäglich
die scheusslichen grausamkeiten
an millionen von wehrlosen geschöpfen begehen
oder doch gleichgültig zulassen.

können wir uns wundern, dass diese so genannten kulturvölker
immer mehr einem furchtbaren weg des abstiegs entgegen gehen?

(alexander von humboldt, 1769-1859)

wolodja.blog.de/2013/01/27/menschen-herz-verstand-alexander-humboldt-15461870/

 

blog 0039 - bestialischer hass

01.10.2014 09:55

indem man den tierischen räuber zur „bestie“ stempelt,
schlägt man draussen mit abgefeimter brutalität,
was man drinnen in sich selbst nicht ausrotten kann,
das vor-zivilisatorische.

es kommt darüber hinaus in dem bestialischen hass
gegen den wolf aber noch weiter zum ausdruck,
dass man den eigenen frass,
dem die schafe ausschliesslich vorbehalten sein sollen,
insgeheim als die grauenvolle praxis empfindet,
die sie wirklich ist.

der eigene widerwille
gegen den mord am beschützten,
gegen den verkauf an den schlächter,
ist in die untersten seelischen schichten verstossen
und steigt in der wut gegen den illegalen fresser wolf,
der so viel harmloser ist als der verräterische hirte selbst,
mit blutunterlaufenen augen herauf.

im mord am wolf bringt man das eigene gewissen zum schweigen.

(max horkheimer, 1895-1973)

der sozialphilosoph max horkheimer gilt als begründer und,
gemeinsam mit adorno, als protagonist der „frankfurter schule“*
und hauptvertreter der „kritischen theorie“,
einer von hegel, marx und freud inspirierten gesellschaftstheorie.

horkheimer konstatierte einen zusammenhang
zwischen dem kapitalismus und der entstehung des faschismus:
als eine reaktion auf die krise des kapitalismus
versuche der faschismus, den kapitalismus
mit despotischen mitteln aufrechtzuerhalten.
„wer aber vom kapitalismus nicht reden will,
sollte auch vom faschismus schweigen“,
formulierte er pointiert am vorabend des zweiten weltkriegs.

im gegensatz zu marx versteht er den sozialismus nicht
als eine auf historischer gesetzmässigkeit beruhende zukunftsgesellschaft,
sondern als eine in der historischen entwicklung mögliche
politisch-gesellschaftliche konstellation,
die einen ausweg aus den sozialen widersprüchen und problemen
der gegenwart bieten könnte.

*frankfurter schule:
de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter_Schule

 

blog 0038 - hoffmanns erzählung

01.10.2014 08:05

wer kann sagen, wer nur ahnen,
wie weit das geistesvermögen der tiere geht!

wenn uns etwas in der natur unerforschlich bleibt,
so sind wir gleich mit namen bei der hand
und brüsten uns mit unserer albernen schulweisheit,
die eben nicht viel weiter reicht als unsere nase.

so haben wir denn auch das ganze geistige vermögen der tiere,
das sich oft auf die wunderbarste art äussert,
mit der bezeichnung „instinkt abgefertigt.

ich möchte aber nur die einzige frage beantwortet haben,
ob mit der idee des instinkts, des blinden, willkürlichen triebes,
die fähigkeit zu träumen vereinbar sei.
dass aber z.b. hunde mit der grössten lebhaftigkeit träumen,
weiss jeder, der einen schlafenden jagdhund beobachtet hat.

(e.t.a. hoffmann, 1776-1822)

das kreuz an der ostsee - ouvertüre:
www.youtube.com/watch?v=GggFX9RDW5E

„hoffmanns erzählungen“ ist auch eine
phantastische oper von jacques offenbach.

als basis für das libretto diente ein stück,
das auf verschiedenen erzählungen e.t.a. hoffmanns basiert.
aus diesem schauspiel entwickelte jules barbier
auf wunsch jacques offenbachs das opernlibretto.

hoffmann ist in der oper selbst der held der erzählungen –
im gegensatz zu den literarischen werken hoffmanns,
in denen die männlichen helden andere namen tragen
oder fiktive ich-erzähler sind.

elina garanca und anna netrebko - barcarolle - hoffmanns erzählungen:
www.youtube.com/watch?v=Hdc2zNgJIpY

 

blog 0037 - ein überlebender vergleicht

01.10.2014 06:54

ich fand es schon immer moralisch und ästhetisch obszön,
ein schönes, empfindungsfähiges tier
auf den kopf zu schlagen,
in stücke zu schneiden
und mir diese stücke in den mund zu stopfen.

(alex hershaft, überlebender warschauer ghetto)

alex hershaft gründer und präsident der tierrechtsorganisation
farm - farm animal reform movement
2008: farm animal rights movement
verbrachte einen teil seiner kindheit im warschauer ghetto,
emigrierte mit 16 in die usa

inmitten unseres hoch technisierten,
protzigen, hedonistischen* lebensstils,
zwischen all den strahlenden monumenten unserer geschichte,
kunst, religion und wirtschaft, gibt es die black boxes.

das sind die biomedizinischen forschungslabors,
die tierfabriken und schlachthöfe -
gesichtslose, geschlossene bereiche,
in denen die gesellschaft ihr schmutziges geschäft
der misshandlung und ermordung
unschuldiger, fühlender wesen abwickelt.
das sind unsere dachaus, unsere buchenwalds,
unsere birkenaus.

wie die braven deutschen bürger
haben wir eine ziemlich gute vorstellung davon,
was dort geschieht, aber
wir wollen es lieber nicht so genau wissen.

www.farmusa.org/

der vergleich:
www.jewishjournal.com/los_angeles/article/comparing_animal_rights_and_the_holocaust

*hedonismus - altgriechische lehre,
nach der lust und genuss das höchste gut des lebens sind

 

blog 0036 - schandnummer

30.09.2014 12:05

zirkusse, in denen ich involviert war,
haben auf tiere verzichtet.

die legende, dass ein zirkus zugrunde geht,
wenn er nicht tiere zeigt,
ist eine lüge.

der chinesische zirkus, den ich seit vielen jahren mit veranstalte
und wo ich regie führe, ist ein zirkus, der ohne tiere auskommt,
und die tiere, die man sieht, sind menschen.

das heisst, sind menschen im tigerkostüm,
menschen im löwenkostüm.
das ist für die kinder viel lustiger
als die wirklichen bären,
die wirklichen affen
oder die wirklichen pferde.

auch die reichsten zirkusse haben eine tierhaltung,
die inakzeptabel ist.
es ist tür einen löwen dann nicht mehr wichtig,
ob er zwei quadratmeter mehr auslauf hat.
was immer er hat, ist zu wenig;
es ist auch für die pferde schlecht,
ist für die affen schlecht.

eigentlich rufe ich zu einem boykott der zirkusse auf, die tiere zeigen.

die meisten zirkusse haben noch diese winterschand-nummer,
wo sie dann mit den tieren in den strassen betteln.
da steht einer mit einem räudigen bären auf einem platz und sagt,
er braucht tierfutter.

man soll diese zirkusse nicht unterstützen,
weil man das leiden verlängert.

(andre heller, pressekonferenz in wien vom 22.11.1991)

www.youtube.com/watch?v=Crl-w9icoJQ

www.youtube.com/watch?v=tr0TDfDA9n0

 

blog 0035 - kinder katzen

30.09.2014 11:44

wer probleme hat
mit der aussage
katzen seien ersatz für kinder
möge die aussage
einfach umkehren.

(frei nach elke heidenreich)

 

blog 0034 - märchenhafter traum

30.09.2014 08:21

es waren einmal 7 jäger
die rotteten sich zusammen
sie wollten 7 tiere töten

doch das missfiel
dem tapferen schneiderlein
stellte sich den 7 jägern in den weg

"werft eure flinten ins korn"
sprach das tapfere schneiderlein
zückte seinen legendären gürtel

hohngelächter bei den 7 jägern
sie griffen ihre 7 flinten
zielten auf die 7 tiere

doch noch bevor die 7 jäger
auf die 7 tiere schiessen konnten
erschlug sie das tapfere schneiderlein ...

... 7 auf einen streich.

und wenn sie nicht gestorben sind
die 7 tiere
wäre das ein traum - kann nicht wirklich sein?

www.youtube.com/watch?v=1vOIdgsRb9o

und die moral
von der geschicht?
mann weiss es nicht!

(wj)

 

blog 0033 - eine christengemeinde

29.09.2014 10:58

was werden sie gleich sagen
wenn christus vor ihren augen
vom kreuz steigt,
sie segnet
und spricht:
ich bin kommunist

sicher
zwei, drei werden bleiben
den toten zu beweinen.

(karl taefler)

 

blog 0032 - zu guter letzt

29.09.2014 10:47

als kind wusste ich
jeder schmetterling
den ich rette
und jede spinne
und jede mücke
jeder ohrwurm
und jeder regenwurm
wird kommen und weinen
wenn ich begraben werde

einmal von mir gerettet
muss keines mehr sterben
alle werden sie kommen
zu meinem begräbnis

als ich dann gross wurde
erkannte ich
das ist unsinn
keines wird kommen
ich überlebe sie alle

jetzt im alter
frage ich:
wenn ich sie aber
rette
bis ganz zu letzt
kommen vielleicht doch
zwei oder drei?

(erich fried)

 

blog 0031 - liebeswort zum sonntag

28.09.2014 06:34

ich liebe alle tiere so sehr,
dass mich schon der anblick
eines wasserbüffels
zu tränen rührt

(sir noel coward, 1899-1973)

englischer schauspieler und dramatiker.
auf dem höhepunkt seiner karriere brach 1939 der zweite weltkrieg aus.
coward war ein gefragter truppenunterhalter und schrieb zu diesem zweck
mehrere damals sehr populäre lieder wie etwa
"don't let's be beastly to the germans".
es setzt sich auf cowards typisch ironische weise mit
englischen nazi-sympathisanten und unterstützern
der appeasement-politik auseinander.
winston churchill soll, als er das lied zum ersten mal hörte,
begeistert gewesen sein und mehrere zugaben verlangt haben,
das breite publikum verstand aber offenbar die ironie des textes nicht
und das lied wurde von der bbc nicht mehr gespielt.

www.youtube.com/watch?v=wveW9Tw2JKE

erst später wurde bekannt,
dass coward für den britischen inlandsgeheimdienst mi5 arbeitete.
als prominenter truppenunterhalter, geheimdienstmitarbeiter
und homosexueller befand er sich auf der „sonderfahndungsliste g.b.“,
in welcher personen aufgeführt wurden,
die nach einer deutschen invasion
in grossbritannien unverzüglich zu verhaften seien.

 

blog 0030 - systemregenerierung

27.09.2014 07:45

rings um uns herrscht ein system der entwürdigung,
der grausamkeit und des tötens,
das sich mit allem messen kann,
wozu das dritte reich fähig war,
ja es noch in den schatten stellt,
weil unser system kein ende kennt,
sich selbst regeneriert, unaufhörlich
kaninchen, ratten, geflügel, vieh
für das messer des schlächters auf die welt bringt.

(john maxwell coetzee, *1940)


john maxwell coetzee, südafrikanischer schriftsteller,
erhielt im jahr 2003 den literaturnobelpreis.

seine werke nehmen oft sehr deutlich bezug auf die
sozialen und politischen missstände und probleme seines landes
und stellen die menschlichkeit auf einem hohen ästhetischen niveau
in den mittelpunkt. einzelschicksale werden allegorisch
für alle menschen dargestellt.

coetzee ist vegetarier und schutzpatron der
australischen tierrechtsorganisation voiceless.
explizit wird die tierrechtsthematik in den romanen
„elizabeth costello und "schande" behandelt.

auf internationaler ebene war er kein besonders kontroverser schriftsteller,
in seiner heimat südafrika stiess er hingegen teilweise auf ablehnung.
seine literatur wurde dort während der apartheid als elitär angesehen
und mit dem vorwurf der politischen konturlosigkeit konfrontiert.
im ausland wurde er hingegen eher als oppositioneller autor wahrgenommen.

 

blog 0029 - mein mutter unser

26.09.2014 06:14

macht es sinn, gott als frau?

würde sie umgehen können,
mit dem vorwurf,
den mann geschaffen zu haben?

würde sie hinnehmen können
tiere
in der opferrolle?

würde sie tolerieren können
kirche,
gar päpste?

würde sie ermuntern können,
die kirche
zu missionieren?

und welche dann war jesusin?

oder ist jesusin
längst verbrannt
durch kirchenhand
auf dem scheiterhaufen
der geschichte?

(werner, feminist)

 

blog 0028 - schmerz

26.09.2014 05:19

es schmerzt mich,
dass es nie zu einer erhebung der tiere gegen uns kommen wird,
der geduldigen tiere, der kühe, der schafe, alles viehs,
das in unsere hand gegeben ist und ihr nicht entgehen kann.

(elias canetti, 1905-1994)

schriftsteller und aphoristiker deutscher sprache
literaturnobelpreisträger 1981

elias canetti hatte kontakt zu vertretern der politischen linken,
mit der er sympathisierte, ohne sich aber politisch engagieren zu wollen.

thematisch ist canettis werk recht homogen.
er versuchte alle auswirkungen zu erforschen,
welche die erkenntnis der unausweichlichkeit des todes
für das leben des menschen hat.

masse und macht wurde zu canettis bekanntestem,
aber auch umstrittensten buch.

 

blog 0027 - scheisse

25.09.2014 15:49

ich habe einen horror vor tierversuchen.

als student musste ich eines tages einen frosch kreuzigen
und ihn lebend mit einer rasierklinge sezieren,
um das funktionieren des herzens beobachten zu können.

das war eine - übrigens vollkommen nutzlose - erfahrung,
die mich für mein leben geprägt hat
und die ich heute noch mühe habe, mir zu verzeihen.

ich kann nur wärmstens einem meiner neffen zustimmen,
einem grossen amerikanischen neurologen
auf dem weg zum nobelpreis,
der wegen der tierversuche
seine forschungen eingestellt hat.

in gewissen fällen
muss man zur wissenschaft scheisse sagen.

(luis bunuel, 1900-1983)

1940 erhielt der spanische filmregisseur luis bunuel eine anstellung
im new yorker museum of modern art.
dort war er mit projekten über den zweiten weltkrieg befasst.

1942 sorgte ein vertreter des katholizismus dafür,
dass er entlassen wurde, nachdem salvador dali ihn in seinem buch
„das geheime leben des salvador dalí“
als kommunisten und atheisten bezeichnet hatte.

 

blog 0026 - vordenken

24.09.2014 08:20

plauderton auch noch im jahre 2014:
zwei fliegen mit einer klappe schlagen

doch augustinus bereits vor ca. 1600 jahren:
ich würde lieber auf allen weltruhm verzichten,
als eine fliege zu töten

fliegen sind zwar keine jäger, gleichwohl böte sich jäger
als besser geeignete alternative an. ;->

 

blog 0025 - ansprache 1987 ... druckreif!

23.09.2014 10:00

radiosendung denkpause 26.8.1987

es steigt mir die schamröte ins gesicht, wenn ich daran denke,
mit welchem zynismus die grösste quälerei
bei so genannten tierversuchen auch von
angeblich gebildeten menschen verteidigt wird,
womöglich noch zu kosmetischen zwecken.

es ist ein zeichen von barbarei,
dass nach deutschem recht ein tier immer noch eine sache ist.
es sollte wenigstens gelegentlich nachdenklich machen,
was alles mit tieren angestellt wird,
in der dressur,
im einüben von aggressionen,
zur blossen belustigung von menschen im zirkus,
als blosses spielzeug, das man wegwerfen kann.

das tier ist bruder und schwester des menschen.

die behauptung, ein böser mensch verhalte sich wie ein tier,
ist eine beleidigung der tiere.

ausgedachte, aber vorsätzliche grausamkeiten
gibt es nur beim menschen,
bis zu den bestien, die auschwitz regierten,
und den erfindern des szenarios, in dem pflanze, tier und mensch
verbrennen werden in der glut nuklearen untergangs.

(heinrich albertz, 1915-1993)

heinrich albertz leistete als pastor im zweiten weltkrieg widerstand
und zeigt auch danach als politiker grosses soziales engagement.

wird 1961 innensenator westberlins und 1966 regierender bürgermeister.

nach dem tode benno ohnesorgs tritt er zurück und wird wieder pfarrer.

er engagiert sich in der friedensbewegung.
bonner hofgarten 1981:
www.friedenskooperative.de/netzwerk/histo118.htm

1975 fliegt er freiwillig als geisel von raf-terroristen in den jemen
um peter lorenz frei zu bekommen.

 

papst wurde selbstverständlich ein ganz anderer deutscher ...

 

 

blog 0024 - anarchie

20.09.2014 06:39

die katze
ist im wahrsten sinne
des wortes
eine anarchistin

sie ist gegen
jede herrschaft
ausser der liebe

und deshalb
mein lieblingstier

(wolfgang reichmann, 1932-1991)

österr. schauspieler, u.a. als beethoven

haltet euch an die wahrheit
ich mache euch dafür verantwortlich

(beethoven auf dem totenbett zu seinen freunden)

 

blog 0023 - versuchstier unerwünscht

19.09.2014 10:01

durch kaninchen mit haarausfall
wurde eine erhöhte umweltbelastung
durch thallium bei der zementproduktion
aufgedeckt

die beteiligten werke
hatten hierdurch erhebliche kosten
und ausfälle der produktion

womit sich wieder einmal erweist
warum kaninchen gemeinhin
als schädlinge gelten

(knut becker)

 

blog 0022 - im geiste immer noch betriebsrat

19.09.2014 09:51

drei wochen
hat sie
krank gefeiert

sagt der personalchef

fragt der richter

wenn sie
krankheit feiert
wie ist dann
ihre arbeit?

(knut becker)

 

blog 0021 - pelztiermord - beleidigung?

19.09.2014 08:18

kaum zu glauben, was es alles schon mal gab.
selbst der anerkannte vereinsname einer gemeinnützigen
bürgerinitiative gegen pelzierrmord e.v.
führte zu einer anzeige wegen beleidigung:

www.dieratten.net/ratten-recht/

 

blog 0020 - jäger sind mörder - beleidigung?

18.09.2014 17:59

die ratten wurden 1992 angezeigt wegen beleidigung
flugblatt- und unterschriften-aktion unter dem titel jäger sind mörder
die staatsanwaltschaft duisburg hatte reagiert:

www.dieratten.net/ratten- recht

blog 0019 - durchschnittlich

18.09.2014 14:48

ich bin kein durchschnittsvegetarier

der durchschnittsvegetarier ist
weiblich und 31 jahre alt

 

blog 0018 - 116.000 ahnungslose vor den karren gespannt

06.09.2014 09:29

heute noch nicht wütend!? dann aber schnell hier klicken!

www.duisburg365.de/duisburg/artikel/?tx_ttnews[tt_news]=4253

kommentar RWE-delfinarium zoo duisburg:
sebastian ackermann, leiter regionales marketing der RWE deutschland ag: 'als hauptsponsor des duisburger zoos freuen wir uns mit den besuchern und gratulieren herzlich zur geburt der drei neuen botschafter des delfinariums.
dieser nachwuchs zeigt eindrucksvoll: die meeressäuger fühlen sich dort sichtbar wohl.'“

kommentar die ratten:
ehekontakte ermöglichen - und schon fühlen sich gefängnisinsassen sichtbar wohl im knast ...

 

blog 0017 - mein herz ist ein kind

02.09.2014 06:21

mein herz ist ein kind,
das die unvernunft liebt
und lieber seifenblasen pustet,
als zur schule zu gehen,
das froh ist ohne jeden grund
und lacht über den ernst des lebens.

ich habe meine versuche aufgegeben,
es zu erziehen.
es ist mir längst
über den kopf gewachsen,
aber rennt immer noch
den schmetterlingen hinterher ...

halt - warte auf mich!

(hans kruppa)

 

blog 0016 - nicht übertragbar

01.09.2014 09:44

was tun zwei ratten,
die in einem versuchskäfig sitzen
und elektrische schläge erhalten?
sie fallen wütend übereinander her,
und sie töten sich,
sobald die stromstösse anhalten.

was tun zwei menschen,
die in einer engen, lauten wohnung leben
und wieder eine mieterhöhung erhalten?
sie fallen über den wohnungseigentümer her
und zwingen ihn,
die mieterhöhung zurückzunehmen.

natürlich nicht:
sie fallen übereinander her ...

(werner sprenger)

 

blog 0015 - antwort

31.08.2014 06:05

zu den steinen
hat einer gesagt:
seid menschlich

die steine haben gesagt:
wir sind noch nicht
hart genug

(erich fried)

 

blog 0014 - vorübungen auf ein wunder

29.08.2014 07:45

vor dem leeren baugrund
mit geschlossenen augen warten
bis das alte haus
wieder dasteht und offen ist

die stillstehende uhr
so lange ansehen
bis der sekundenzeiger
sich wieder bewegt

an dich denken
bis die liebe
zu dir
wieder glücklich sein darf

das wiedererwecken
von toten
ist dann
ganz einfach

(erich fried)

 

blog 0013 - volksherrschaft

27.08.2014 08:30

sie
gebrauchen das wort
demokratie so
dass beim hörer
nie der verdacht
aufkommen kann
es solle
die übersetzung
ins deutsche
gemeint sein

(karl taefler)

 

10000 polizisten
schützen
die demokratie
gegen die
volksherrschaft

(knut becker, brokdorf)

 

blog 0012 - gegengift

26.08.2014 06:29

wir können die schlimmste wahrheit ertragen,
da wir ja bereits mit ihr leben

(werner sprenger)


nicht ausgesprochene wahrheiten
vergiften unser schweigen

(wj)

 

blog 0011 - fall ins wort

25.08.2014 07:36

das wort
ist brüchig geworden
fall ins wort
der fall
ist fällig geworden
fall ins wort

wo das wort
dir einfällt
fall ein
ein naher feind
ein vogel ins feld

wo das wort dir gefällt
wo das wort fehlt
wo das wort einen fehler hat
wo es verdorrt
dort
fall ins wort

die welt
fällt ein
ihr fallen fällt
das wort

fall ihm ins wort
fall ein
du fällst sonst
in jedem fall

(erich fried)

 

blog 0010 aussicht

24.08.2014 05:35

ich spür noch was
wenn man
mich tritt

ich beiss
die zähne
nicht aufeinander

hart im nehmen
bin ich
nicht

aus mir
wird
nie was werden

jedenfalls
nicht
sowas

(hans-curt flemming)

 

blog 0009 - politische anfrage

23.08.2014 04:55

hast du eigentlich keine angst?

ja, natürlich
aber mein mut
wächst mit meiner angst
und ich muss mich zügeln
damit ich nicht
tollkühn werde
vor angst

(karl taefler)

 

blog 0008 - vorgeschichte

22.08.2014 17:12

meine tierliebe
zeigte sich schon
in meiner kindheit
indem ich
die kleinen tiere
die ich
umgebracht hatte
alle begrub

und weinte
an ihren gräbern

damit
war mein weg
zu meiner
späteren
menschenliebe
geebnet

(erich fried)

 

blog 0007 - die bücherdiebin

21.08.2014 06:35

zwei wachmänner.
zwei totengräber.
der eine gibt befehle.
der andere tut, was man ihm sagt.
was, wenn der andere mehr als ein einzelner wäre?

(markus zusak)

 

 

blog 0006 - macht kein theater

20.08.2014 22:37

er: ich war heute im theater
sie: … und was hat dir daran gefallen?
er: kasperle

schluss für heute - wänä

 

blog 0005 - unser ziel

20.08.2014 07:50

gelänge es
den wind
für eine weile
gefangen zu setzen

dem meer
glaubhaft
plausibel zu machen
die flut hätte angerufen
sie käme ein wenig später

den schnee
zu überzeugen
gelegentlich
seine farbe zu wechseln

die sterne
erfolgreich zu bitten
ihre formationen
zu entstarren

dann müsste es doch
erreichbar sein
das glück
zu beschwatzen
ein wenig intensiver
hier an diesem ort
zu wirken.

(waltraut u.)

 

blog 0004 - totschlag

19.08.2014 07:16

wenn die bevölkerung
in die tierversuchlabors schauen könnte,
ich glaube,
sie würden die vivisektoren totschlagen.

(dr. med. riedlin)

 

blog 0003 - robert kennedy

18.08.2014 17:07

manche träumen über dinge,
die es gibt, und fragen sich:
warum?

ich träume über dinge,
die es nicht gibt, und frage mich:
warum nicht?

 

blog 0002 - ratten-logo

18.08.2014 08:28

bloggen mit bild

 

blog 0001 - start-blog

17.08.2014 19:55

moin, moin, rattens,

hier das neue betätigungsfeld.
demnächst "schule" mit wänä. ;->

 

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